Sind Kreativagenturen mit Data und Programmatic überfordert?
Jens von Rauchhaupt, 20. Februar 2018Was wird nicht alles Negatives geschrieben und berichtet zum programmatischen Mediaeinkauf: Seelenlos sei diese Art zu werben, intransparent für den Werbetreibenden, der zudem die Kontrolle über seine Werbemittel verlöre. Und nun das: Bei der Digitalagentur Echte Liebe aus Köln sieht man das ganz anders. Nicht die Art des Mediaeinkaufs ist das Problem, sondern das Unvermögen der Kreativagenturen, die richtigen Daten in der Kampagnenkonzeption zu berücksichtigen.
Schlechte Werbung ist letztlich solche, die beim Adressaten gar nichts bewirkt oder nur negativ auffällt. Besonders die digitale Bannerwerbung steht in der Kritik. Als Beleg dafür wird gern die hohe Adblock-Rate herangezogen, die im Desktop-Bereich stabil bei 20% liegt. Viele Online-Displaykampagnen sind einfach schlecht, weil es an Relevanz und ausreichender Personalisierung der Werbebotschaft fehlt.
Siamac Alexander Rahnavard, Managing Partner von Echte Liebe sowie stellvertretender Vorsitzender der Fokusgruppe Programmatic Advertising im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) meint die Stellschrauben für eine bessere Online-Werbung zu kennen: „In der heutigen Zeit steuert der Konsument sein Medienverhalten ganz individuell und hält sich nur dort auf, wo er sich durch die Inhalte zu 100 Prozent angesprochen fühlt. Was nicht zum Nutzer passt, wird übersehen, übersprungen oder hinterlässt schlimmstenfalls einen negativen Eindruck “, sagt Rahnavard, der nun einen Paradigmenwechsel von den Kreativagenturen verlangt.
Bei Echte Liebe stelle man immer wieder fest, dass die Kreativleistung und der Mediaeinkauf noch immer von verschiedenen Agenturen geleistet werden würde. „Die gängige Vorgehensweise ist so, dass fertige Creatives übergeben werden und Kreativentwicklung und die letztendlich datenbasierte Kampagnenausspielung nicht optimal zusammenpassen. Das muss sich ändern“, sagt Rahnavard. Was ihm und seinen Mitstreitern besonders aufstößt: Klassische Kreativagenturen scheinen zum Zeitpunkt der Kampagnenkonzeption entweder keinen Zugang zu denen vorliegenden Daten zu haben oder aber mit den Datenmengen und ihrer richtigen Interpretation völlig überfordert zu sein.
” (Siamac Alexander Rahnavard, Agentur Echte Liebe)Vielleicht fehlt es ihnen auch einfach nur an Know-how. Aber erst mit der Analyse und Auswahl wirklich valider 1st-, 2nd- und 3rd-Party-Daten und der Bildung passender Targeting-Segmente lassen sich Creatives für zeit- und ortsbezogen personalisierte Werbebotschaften entwickeln und auf den richtigen Umfeldern ausspielen
Der Kölner Agenturmann fordert, dass Datenexperten schon bei der Konzeption einer Kampagne – also von Anfang an – hinzugezogen werden müssten, um Mediaeinkauf und Kreation optimal aufeinander abzustimmen, um eine für die Zielgruppe relevante Kampagnen zu entwerfen. In einem ausgerufenen „Programmatic Creativity Manifest“ empfiehlt die Agentur von nun an:
- Die Kampagnenkonzeption von Grund auf zu verändern indem die Kreativagentur bereits bei der Kampagnenkonzeption vorhandene Daten berücksichtigt
- Mehr Mut der Werbetreibenden und ihrer Leadagenturen bei fehlenden Know-how Daten- und Programmatic-Experten miteinzubeziehen, um:
- individuelle und durchdachte Werbebotschaften mit mehr Relevanz für den Empfänger zu schaffen.
Rahnavard fordert die Werbetreibende auf, jetzt zu handeln und gegebenenfalls auf ihre Kreativagentur Einfluss zu nehmen:
”Nur weil sich die Medienwege verändern und ein Umdenken in den Kreativagenturen nicht stattfindet, sind über Jahrzehnte entwickelte Markentraditionen in Gefahr. Eine Anpassung an die Geschwindigkeit und Dynamik der Gegenwart muss jetzt stattfinden.
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