Telefónica hat einen Trust-Center für die Anonymisierung großer Datenmengen aufgebaut. Das spiegelt sich in den eigenen Angeboten schon wider und wird jetzt auch direkt an den Markt gebracht. Wir sprachen im Vorfeld des Mobile Advertising Summits mit Keynote-Speaker Mark Stohlmann, Senior Marketing Manager Telefónica.
ADZINE: Herr Stohlmann, was ist Telefónica Next?
Mark Stohlmann: Telefónica Next ist das Corporate-Start-up der Telefónica Deutschland, in dem wir die unterschiedlichen datenbasierten Geschäftsfelder aus unserem Haus bündeln. Dabei handelt es sich um unsere IoT-Plattform für Endkonsumentenanwendungen, Big-Data-Analysen für den Handel und Verkehrsplanung und Mobile-Advertising-Lösungen für Werbetreibende. Unser spezielles Anonymisierungsverfahren bieten wir auch anderen Unternehmen zur Anonymisierung ihrer Daten an.
ADZINE: Aufgrund des Datenschutzes ist auch die Mediaplanung für mobile Werbung im Wandel. Was hat das für Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle von Telefónica bzw. Telefonica Next?
Stohlmann: Alles entwickelt sich permanent weiter, aber das Thema Datenschutz ist und bleibt eine ganz klare Priorität – denn das fordert nicht nur das Gesetz, sondern auch die Menschen. Wir gehen hier mehrere Wege gleichzeitig. Bestes Beispiel ist unser Location-Based Messaging Service „O2 More Local“, bei dem Nutzer, die sich für den Service anmelden, Werbebotschaften auf Basis ihres Aufenthaltsortes in unserem Mobilfunknetz erhalten. Sie stimmen bei der Registrierung der Nutzung Ihrer Orts- und CRM-Daten ausdrücklich zu.
ADZINE: Das hört sich nicht gerade innovativ an.
Stohlmann: Doch, ist es, denn wir gehen ja auch noch einen entscheidenden Schritt weiter: Wir verfolgen einen Privacy-by-Design-Ansatz, der die Auswertung bestimmter Daten technisch unmöglich macht. So werden bei O2 More Local die Ortsdaten der Nutzer automatisch alle acht Stunden überschrieben. Das hat zur Folge, dass zum Schutz der Nutzer eine ortsbezogene Profilierung nicht möglich ist.
ADZINE: Wie schützen Sie Ihre Kundendaten noch?
Stohlmann: Wir arbeiten an Lösungen, bei denen wir die Daten nicht direkt für die werbliche Ansprache von Zielgruppen nutzen, sondern auf Basis unserer verifizierten CRM-Daten sogenannte „Lookalikes“ modellieren. Mit diesen neuen modellierten Daten erstellen wir Segmente wie Alters- und Geschlechtsgruppen, die wir dann nutzen können – und dabei keinerlei Rückschlüsse auf die ursprünglichen Nutzerdaten zulassen.
ADZINE: Wen erreicht man über O2 More Local?
Stohlmann: Der Großteil sind O2-Kunden. Diesen wird bei Vertragsabschluss oder -verlängerung O2 More Local angeboten. Der Rest der Nutzer sind die Mitglieder des Netzclubs.
ADZINE: Was macht der Netzclub?
Stohlmann: Netzclub ist unsere Marke mit Tarifen, in denen die Nutzer ein höheres Datenvolumen erhalten und im Gegenzug dem Empfang von Werbung zustimmen.
ADZINE: Wie wird O2 More Local bislang genutzt?
Stohlmann: Da wir anders als viele andere Anbieter die SMS-Schnittstelle auf den Mobiltelefonen der Kunden nutzen, haben wir hier eine hervorragende Sichtbarkeit für unsere Werbepartner und über 90 Prozent Öffnungsrate in extrem kurzer Zeit. Das pflegen wir auch sehr sorgfältig. Zum Beispiel haben wir ein hartes Frequency Capping: nur eine SMS pro Tag und Nutzer. Wir wollen den Kunden nicht mit zahllosen Nachrichten überfordern. Der Großteil sind Branding-Kampagnen – das ist die Stärke des Service. Manche haben ein Performance-Element drin, vor allem in der Finanzbranche. Die messen natürlich entsprechende KPIs wie z. B. die Anzahl an gewonnenen Produktinteressenten.
ADZINE: Widmen wir uns einem anderen Bereich, dem Thema Big Data Privacy. Viele behaupten, sie könnten das.
Stohlmann: Wir behaupten nicht, wir machen. Wir haben in den letzten Jahren sehr viel Zeit und Aufwand investiert, um eine Anonymisierungslösung zu entwickeln, die Datenschutz garantiert und gleichzeitig Datenanalyse ermöglicht. Wir haben das in enger Abstimmung mit Datenschützern entwickelt und anschließend vom TÜV zertifizieren lassen.
Und es funktioniert. Sobald ich Datensätze in ihre kleinstmöglichen Bestandteile zerlege und den Personenbezug entferne, erreiche ich die rechtliche Grundlage für die Nutzung der Daten. Da viele Unternehmen vor der Herausforderung stehen, große Mengen personenbezogener Daten aus ihrem Geschäftsbetrieb nicht nutzen zu können, da keine entsprechenden Opt-ins vorliegen, müssen diese mit Anonymisierung arbeiten, wenn sie die Daten nutzen wollen. Da sehen wir einen enormen Markt. Wir werden die Anonymisierung am Markt als Dienstleistung anbieten.
ADZINE: Wer soll das kaufen?
Stohlmann: Im Grunde kann das jedes Unternehmen sein. Aber ich könnte mir vorstellen, dass Unternehmen mit großen Datenmengen, die technisch noch nicht so weit sind, auf unseren Service zurückgreifen. Vielleicht sogar andere Telekommunikationsunternehmen. Oder denken Sie an die Automobilindustrie und deren Telematik-Boxen. Da stecken so viele personenbezogene Daten drin. Das ruft den Datenschutz sofort auf den Plan. Wir stellen sicher, dass die Daten vollständig anonymisiert werden und für die Unternehmen sicher nutzbar sind.
ADZINE: Die Entwicklung des mobilen Werbemarkts geht nur langsam voran. Woran liegt das?
Stohlmann: Da bin ich aber ganz anderer Meinung. Schauen Sie, was an Budgets zu Google und Facebook fließt. Das läuft dann unter Social Media oder Search Advertising und findet größtenteils auf dem Handy statt. Da ist schon sehr viel Bewegung drin. Man darf sich nicht davon täuschen lassen, dass hiesige Publisher und Vermarkter unzufrieden sind. Der Gesamtmarkt wächst.
ADZINE: Und was sollten die Publisher und Vermarkter tun?
Stohlmann: Ich finde, die Opt-in-Allianzen sind schon ein guter Schritt. Letztlich geht es nur darum, Größe zu schaffen, Reichweite. Die perfekte Lösung wird es nicht geben.
ADZINE: Herr Stohlmann, wir freuen uns sehr auf Ihren Vortrag auf dem Mobile Advertising Summit am 25. April.
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