Unzuverlässige Brand Safety in digitalen Werbeumfeldern, Ad Fraud, schlechte Viewability, undurchsichtige Preis- und Produktzusammensetzung und eine intransparente Wertschöpfungskette im wachsenden Programmatic Media Segment hat aufseiten der Advertiser zu einem Vertrauensverlust in digitale Werbeprodukte geführt. Werbungtreibende Unternehmen haben auch gegenüber ihren Technologiepartnern klare Forderungen für 2018 formuliert. Die Botschaft scheint angekommen zu sein.
Bisher ist der programmatische Mediaeinkauf von Kompromissen zwischen Transparenz, Kontrolle und Performance geprägt. Bedenken über intransparente Kampagnenkosten und beschränkten Datenzugriff wurden lange Zeit zugunsten der leistungsfähigeren automatisierten Lösungen hingenommen. Damit wird 2018 allerdings Schluss sein. Ob in einer großangelegten Umfrage der World Federation of Advertisers (WFA) oder bei der Jahresumfrage der OWM in Deutschland: Viele Werbetreibenden äußern ihre Unzufriedenheit über den derzeitigen Status Quo im Programmatic Advertising und wollen ihren programmatischen Einkauf überprüfen und gezielt nach Anbietern suchen, die mehr Transparenz bieten.
2017 war ein Weckruf
Nicolas Poppitz, Managing Director Deutschland vom Outstream Videovermarkter Teads sieht daher 2017 als einen „Weckruf“ für die digitale Werbebranche. Kernthemen wie Transparenz, Brand Safety und Fraud-Bekämpfung würden von den Entscheidern inzwischen mit der nötigen Ernsthaftigkeit adressiert. „Dieses Jahr wird sich zeigen, wie ernst die Branche es wirklich meint. Erste Anzeichen stimmen mich sehr positiv, wie die rasant steigende Verbreitung von Ads.txt. Doch es bleibt noch viel zu tun. Beispielsweise sollte zum Ende des Jahres kein Advertiser mehr für eine Anzeige bezahlen, die nicht nachweislich sichtbar war. Zudem müssen alle Dienstleister, die mehr Transparenz versprechen, diese auch liefern. 2018 räumt die Branche auf und „Clean Advertising“ wird der neue Standard für alle“.
Bedarfsgerechte Lösungen
Die Botschaft der Werbetreibenden scheint bei vielen Technologieanbietern angekommen zu sein. Hinsichtlich der Kostentransparenz sagt Marius Rausch, Senior Market Director Central Europe von Plattformanbieter AppNexus in seinem Jahresausblick: „Transparenz und Verantwortung sind die beiden Kernthemen der Werbebranche in 2018. Der Fokus wird dabei vor allem auf den Gebühren (Fees) liegen, die von den einzelnen Partnern im digitalen Ökosystem erhoben werden. Marketer und Publisher werden zunehmend mit Technologiepartnern zusammenarbeiten, die einen klaren Mehrwert bei vollständiger Transparenz liefern.“
Auch Frank Sültmann, Vorstand Yieldlab AG, sieht sich als Technologiedienstleister für die programmatische Mediavermarktung in der Pflicht. Neben Qualität sind vor allem Transparenz und Effizienz die wichtigsten Eckpfeiler: „Transparenz im Hinblick auf Umfelder, Kosten sowie Leistungen stehen bei Werbungtreibenden nach wie vor ganz oben auf der Anforderungsliste und damit auch in unserer Verantwortung. Technologieanbieter sind das Marktpartner vernetzende Bindeglied und haben als Enabler die Aufgabe, Angebot und Nachfrage erfolgreich zusammenzubringen. Dazu sind die Aktivierung von Daten, effizienzsteigernde und lösungsorientierte Anwendungen sowie eine partnerschaftliche Zusammenarbeit nötig. Jegliche Ansätze wie First- oder Second-Price-Auktionstypen, Traffic-Shaping oder AI-basierte Optimierungsansätze sind dabei nur so relevant und gut, wie sie echte Nachfrage und echten Bedarf im Markt treffen und letztlich tatsächlich in der strategischen Planung und operativen Umsetzung eingesetzt werden“, so Sültmann von Yieldlab.
Neue Technologien wie AI oder Machine Learning werden künftig den Mediaeinkauf dabei unterstützen, Programmatic einfacher zu gestalten. Das gaubt man beispielseweise bei AppNexus: „Immer mehr Einkäufer (DSPs) werden Machine Learning einsetzen, um die Komplexität des automatisierten Anzeigenhandels zu reduzieren, Ad Fraud zu minimieren und automatisch den effizientesten Weg zum richtigen Werbeinventar zu finden“, so Rausch.
Fokus auf Programmatic Video
Außerdem erwartet der AppNexus-Mann, dass 2018 das Jahr von Programmatic Video wird. „Einkäufer und Verkäufer von Video-Werbeflächen werden die Komplexität und Ineffizienzen von Programmatic Video endlich auflösen können, indem sie die Vorteile von Header Bidding nutzen.“ Ob Header Bidding wirklich auch ein Videothema wird, ist jetzt noch nicht abzusehen, da es in Deutschland eine klare Trennung zwischen Instream Premium Video und InPage Angeboten gibt. Nur in letztgenannten Angeboten macht Header Bidding erst einmal Sinn, weil der Instream Bereich über Private Marketplaces (PMP) abgewickelt wird. Und in diesem Video-Segment ist vor allem Brand Safety ein Dauerbrenner.
Marco Dohmen, Commercial Director DACH bei FreeWheel sieht die Zukunft von Programmatic Video im „Publisher Direct“-Modell. „Auf diese Weise erhalten Werbetreibende ein Plus an Sicherheit, weil das Modell auf Kooperationen zwischen Käufern und Publishern basiert und damit für mehr Kontrolle und Struktur sorgt.“ Gerade in der aktuellen Debatte um den Schutz von Werbeinventar und Angebotstransparenz wird sich laut Dohmen zeigen, wie wertvoll Premium Video für Werbetreibende ist. „Premium Video liefert über alle Screens hinweg hohes Engagement und garantiert, dass Inventar in markenkonformen Umfeldern ausgespielt wird. Publisher werden vermehrt auf Programmatic-Direct-Vermarktung setzen, denn auf diese Weise können sie Transparenz in der digitalen Angebotskette gewährleisten und dabei den sich ändernden Nutzerbedürfnissen Rechnung tragen.“
Brand Safety: Auch im Social Advertising ein Muss
Der Ruf nach mehr Markensicherheit erfasst auch mehr und mehr das Social Media Advertising. „Das Jahr 2017 hat an vielen Stellen, angefangen von der fragwürdigen Unterstützung der Trump-Kampagne durch sogenannte „Trolle“ bis hin zur Ausspielung in rechtsgerichteten Umfeldern, gezeigt und, zwischen rechtsgerichteten Inhalten, klargemacht, dass das Thema „Brand Safety“ für große Marken wichtiger ist denn je“, so Falk Bielesch, Managing Director von der Social Advertising Plattform esome Advertising.
Bielisch weiter: "Bereits heute sehen wir erste Maßnahmen auf fast allen Plattformen, die solchen Gefahren entgegenwirken. Bei der Ausweitung von Social-Media-Werbeinventar auf Plattformen Dritter ist die Qualitätssicherung für Werbetreibende genauso wichtig wie bei der Ausspielung auf sozialen Netzwerken selbst. Das Umfeld, in dem werbliche Inhalte gezeigt werden, kann positive wie negative Assoziationen mit der Marke oder dem Produkt bewirken. Negative Assoziationen wollen Werbetreibende um jeden Preis vermeiden, daher wird für Plattformen und Werbenetzwerke das Thema Brand Safety auch 2018 wichtig sein.“
Ad-Fraud bleibt bei Mobile der Dauerbrenner
Ad Fraud kann viele Formen annehmen. Gemeinhin versteht man darunter das manuelle oder automatische Vortäuschen von falsch oder nicht erbrachter Werbeleistung. Während die stationäre Vermarktung in Deutschland davon weitestgehend verschont wird, bleibt Mobile Ad Fraud auch hierzulande ein Dauerbrenner. Dem Thema Mobile Fraud hat sich eine Reihe von App-Vermarktern mit der „Coalition against Ad Fraud“ (CAAF) gewidmet. Hierbei soll eine aus Betrug entstandene Installation durch Filtertechnologie erkannt und eine entsprechende Attribuierung an den bezahlten Werbepartner verhindert werden. Doch längst nicht alle Mobile Plattformanbieter sind hier mit im Boot. Das Thema ist somit noch lange nicht aus der Welt. Laut einer jüngeren Studie des Vermarkters InMobi sehen noch immer 74% der befragten Marketingverantwortlichen in Mobile Ad Fraud eine Bedrohung.
Restrukturierung der Standards
Nicht nur wegen Mobile Ad Fraud könnte 2018 das Jahr für zahlreiche Änderungen und Neuerungen bei den Standards werden. Die Qualitätsoffensive hatte der IAB ja bereits mit dem Programmatic Standard Ads.txt im vergangenen Jahr eingeläutet. „Ads.txt ist bereits ein Standard und ein wichtiger Baustein für eine saubere Supply Chain“, sagt Viktor Zawadzki, Region Manager DACH, Nordics, Central/Eastern Europe von der Demand Side Platform (DSP) MediaMath.
Auf internationalem Parkett sind bereits weitere Initiativen, die sich einheitlichen Qualitätsstandards im Mediaeinkauf verpflichtet haben, entstanden. Zu nennen wäre da beispielsweise Coalition for Better Ads, IAB Gold Standard oder auch JICWEBS. Lars Hense, Sales Director Inskin Media, sieht gerade im deutschsprachigen Raum bei der tatsächlichen Umsetzung noch reichlich Luft nach oben. „Der Realisierung dieser Initiativen liegt ein partnerschaftlicher Gedanke und der Wille zu mehr Agilität zugrunde, der hoffentlich alle Akteure der deutschen Online-Marketingbranche dazu bewegen kann, sich hinter eine fundierte Qualitätsoffensive zu stellen. Hier geht es weniger um den Vorteil eines einzelnen Anbieters, sondern mehr um eine Restrukturierung der bisher geltenden Standards, von denen am Ende jedes einzelne Glied der Wertschöpfungskette profitiert.“
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