Trotz guter Stimmung unter den werbetreibenden Unternehmen machte die OWM-Vorsitzende Tina Beuchler in ihrer Eröffnungsrede zur 22. OWM-Fachtagung in Berlin klar, dass in den Marketingabteilungen der Unternehmen ein radikales Umdenken erfolgen muss, um mit der Dynamik der digitalen Transformation mithalten zu können. Bessere Standards und Leistungsnachweise, mehr Transparenz im Mediageschäft und das kommende EU-Datenschutzrecht stellt die werbetreibenden Markenunternehmen vor weitere große Herausforderungen. In der digitalen Werbung sorgt vor allem Programmatic Advertising für große Verunsicherung unter den OWM-Mitgliedern.
Medienvielfalt und die Qual mit der Wahl
„Wir stehen unter Druck“, sagte Tina Beuchler diesen Mittwoch in Berlin auf der 22. Fachtagung der Organisation Werbetreibende im Markenverband, dessen Mitglieder das „Who is Who“ der werbetreibenden Unternehmen in Deutschland repräsentiert. Zahllose neue Devices, neue Kanäle, neue Tools und Formate. Die Medienvielfalt eröffne eine fast endlose Auswahl an Möglichkeiten die Marketing-Budgets einzusetzen. „Auswahl ist immer gut, aber wir müssen sehr genau prüfen, ob die Maßnahme die gewünschte Wirkung erzielt oder ob unsere Botschaften im täglichen medialen Wahnsinn untergehen“, sagte Beuchler gleich zu Anfang ihrer Rede.
46 Prozent der befragten OWM-Mitgliedsunternehmen wollen 2018 mehr Geld in Werbung investieren. Das sind 5% mehr als im Vorjahr. Während lediglich 16% planen, ihre Ausgaben zu senken, mithin 4% weniger als im Vorjahr. Beuchler präsentierte in ihrer Rede die Ergebnisse der jährlichen OWM-Mitglieder-Umfrage, die sich auch mit der Frage nach den größten Herausforderungen der Werbetreibenden beschäftigte. Bessere Standards und Leistungsnachweise, mehr Transparenz im Mediageschäft und das kommende EU-Datenschutzrecht wurden hier am häufigsten genannt
Was gut läuft …
Dabei konnte die OWM-Vorsitzende gerade in den Bereichen Werbewirkungsforschung und den Markt-Mediaanalysen viele positive Entwicklungen feststellen. Die Qualitätsinitiative Werbewirkungsforschung, die vom OWM gemeinsam mit den Mediengattungen vor einem Jahr ins Leben gerufen wurde, habe sich „fest im Markt etabliert“. Der nächste Meilenstein sei im ersten Quartal 2018 die Abbildung von mediengerechten und gattungsneutralen Kampagnenkontakten. Die Arbeit in der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse (agma) mit der erfolgten Integration der originären TV-Währungsdaten in die Intermedia-Datei sieht Beuchler ebenso als großen Erfolg wie die neue Markt-Media-Studie der AGOF, die „daily digital facts“ mit der Online- und Mobile-Daten täglich geliefert werden. Der Umbau und der Neustrukturierung Der AGF zur AGF-Videoforschung unter Mitwirkung des stellvertretenden OWM-Vorsitzenden Uwe Storch wertet die OWM ebenfalls als Erfolg, wobei „in der AGF endlich die Integration von Google und Facebook kommen muss“.
Beim Thema werbefinanzierten Privat-Fernsehen äußerte Beuchler aber ihre erste Kritik: „Ein Werbekunde muss heute für die gleiche Kampagne weit mehr ausgeben, um die gleiche Wirkung wie noch vor einigen Jahren zu erzielen. Das Auseinanderdriften der Preis-Leistungsschere muss ein Ende haben!“ mahnte Beuchler.
Digital besonders auf dem OWM-Prüfstand
Die digitalen Kanäle dürfen sich laut OWM-Umfrage auf deutliche Budgetsteigerungen freuen, allen voran im Bereich Online & Mobile Video, Search und Social mit dem Boom-Thema Influencer Marketing und: „Eine immer größere Rolle spielen Investitionen in Technologie & Tools: Mehr als 50% wollen hier 2018 ihre Ausgaben steigern“, zitierte Beuchler aus der OWM-Umfrage.
Den digitalen Werbemarkt beschrieb die OWM-Vorsitzende zwar als „verheißungsvoll“, aber „nicht frei von Qualitätsmängeln.“ Brand Safety, Ad Fraud und Transparenz im digitalen Mediageschäft hat die OWM als größte Problemfelder ausgemacht. 60% der Unternehmen räumen ein, einmal oder sogar mehrmals von einem Brand-Safety-Vorfall betroffen gewesen zu sein, 82% sind in Sorge um die Zunahme markenschädigender Falschauslieferungen. Ein nicht minder wichtiges Thema ist Ad Fraud. Mehr als ein Viertel der Befragten meldet eine Zunahme betrügerischer Vorfälle. Diese fürchten sie vorrangig im Zusammenhang mit programmatischen Buchungen.
” (Tina Beuchler, OWM)97 % unserer Mitglieder bemängeln Transparenz bei den digitalen Werbeformen bei Reportings, Preisgestaltung und Wertschöpfungsketten. (...) Überhaupt zeigen die Ergebnisse noch eine große Unsicherheit und verhaltene Nutzung im Bereich Programmatic. (...)
Aufgrund dieser Rückmeldungen sieht die OWM vor allem hier „dringenden Handlungsbedarf. „Überhaupt zeigen die Ergebnisse noch eine große Unsicherheit und verhaltene Nutzung im Bereich Programmatic. Nur knapp die Hälfte hält diese für effektiver und effizienter. Deshalb erwarten wir bei Programmatic deutlich mehr Engagement der Vermarkter in Sachen Transparenz & Qualitätssicherung, so lässt sich dann auch Fraud klar identifizieren und bekämpfen.“
Neben Programmatic sorgt bei den OWM-Mitgliedern vor allem die ePrivacy Verordnung (ePV) und die DSGVO für Verunsicherung. Erfreulicherweise hat der zeitliche Druck in Sachen ePrivacy nun etwas nachgelassen, weil die Richtlinie erst noch im EU-Rat beschlossen werden muss. Das letzte Wort ist hier also noch nicht gesprochen. „Die OWM ist gemeinsam mit anderen Verbänden hochaktiv und arbeitet daran, das Ruder herumzureißen. Und die Bundesregierung ist gefordert, endlich eine starke deutsche Position einzubringen, die die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Digitalwirtschaft sichert", sagte Beuchler. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, kam der gesamte OWM Vorstand zu einer Schweigeminute auf die Bühne, der sich sodann die gesamte Zuhörerschaft anschloss. Bei der Kritik an der kommenden ePV herrscht also absolute Einigkeit innerhalb der deutschen Werbewirtschaft.
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