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MEDIA

Kryptowährungen – Auch was für das Mediageschäft?

Frederik Timm, 15. November 2017
Bild: Markus Spiske; CC0 - pexels

Der Bitcoin-Kurs konnte im Herbst 2017 auf über 6000 Euro klettern. Die Kryptowährung hat definitiv ihren Reiz für Anleger und entwickelt sich dementsprechend gut. Früher hauptsächlich als Zahlungsmittel im Darknet üblich, wird die Währung mittlerweile zunehmend auch im E-Commerce akzeptiert. Doch lässt sich bald auch Medialeistung per Bitcoin kaufen?

2017 haben Kryptowährungen eine rasante Entwicklung durchlebt. Bitcoins gibt es beispielsweise bereits seit Jahren. Sie wurden schon als Gelddruckmaschine gesehen, als sie das erste Mal im Wert über 200 Euro pro Coin lagen. In diesem Jahr knackte die Währung jedoch erstmals die 6000-Euro-Marke. In der Kryptowelt ist der Bitcoin vergleichbar mit dem US-Dollar. Er bildet die Grundlage für viele Transaktionen in weitere Kryptowährungen, sogenannte Altcoins – Alternative Coins. Darunter befindet sich auch die aufstrebende Währung Ethereum, die seit Anfang 2017 ihren Wert verdreihundertfachen konnte.

Im Ursprung waren sie als dezentrale Währungsalternative zum regulierten Geld der Banken gedacht. Mittlerweile programmieren Entwickler die Coins, um meist einen bestimmten Zweck zu erfüllen. So ist Ethereum Alps dafür gedacht, in Shops und Restaurants in der Alpenregion zu bezahlen. Die Veröffentlichung einer neuen Währung geht häufig mit Rabattaktionen einher, um sie möglichst vielen Anlegern schmackhaft zu machen und so die Nachfrage zu steigern

Schließlich bemisst sich der Wert einer Kryptowährung nur daran, wie viel die Anleger und Käufer ihr zuschreiben. Anders als bei Euro oder Dollar besitzt sie keinen Gegenwert wie Gold oder das BIP. Der Wert eines Coins ist daher eng mit den Erwartungen an das Potenzial einer neuen Währung verknüpft. Wie ausgereift ist die Technologie? Was kann tatsächlich mit den Coins erworben werden? Wie praxistauglich ist die Währung?...sind nur einige Fragen, die sich Anleger vor dem Kauf einer Kryptowährung stellen.

An den Erfolg von Bitcoin und Ethereum können jedoch nur sehr wenige Altcoins anschließen. Fast täglich erscheinen Ankündigungen für neue Währungen. Viele von ihnen werden anfangs hoch gehandelt und stürzen danach ab, überstehen nicht das erste Jahr. Mittlerweile gibt es hunderte, die unter anderem Pizzacoin und PinkDog heißen oder den zynischen Namen Bubble tragen.

Die Anwendungsgebiete für die einzelnen Coins unterscheiden sich dabei je nach Programmierung. So sind manche von ihnen weniger dezentral als andere und erfüllen bestimmte Verwendungszwecke besser oder schlechter. Bitcoin ist zum Beispiel für Finanztransaktionen weniger geeignet. Die Transaktionszeit kann sich hier je nach Transaktionsaufkommen 30–40 Minuten betragen. Andere Währungen, die zum Beispiel auf dem Ethereum-Code beruhen, sind da schneller.

Trotzdem genießt Bitcoin die größte Popularität und damit auch die größte Sicherheit für Anleger. Es ist keine Seltenheit, dass weniger bedeutende Währungen gehackt oder nicht weiter von den Entwicklern unterstützt werden und damit drastisch an Wert verlieren oder sich sogar komplett auflösen. Aus diesem Grund sind die meisten Altcoins Spekulationsgut und weniger richtige Währung. Allein Bitcoin ist mittlerweile bei kleineren Online-Shops oder auch der Buchungsplattform Expedia als Zahlungsmittel zugelassen. In der Anfangszeit wurde die Währung jedoch hauptsächlich dafür genutzt, um anonym im Darknet einzukaufen. Etwas Anrüchiges umgibt die Kryptowährung noch immer.

Das dürfte auch damit zu tun haben, dass selbst Bitcoin nicht vor extremen Kursschwankungen sicher ist. Erst kürzlich crashte der Kurs nach einem Rekordhoch von mehr als 7.800 US-Dollar 5.500 US-Dollar, nur um sich danach auf etwa 6.000 Dollar zu erholen.

Für Mediaeinkauf (noch) nicht geeignet?

Bild: United Internet Media Rasmus Giese

Für Rasmus Giese, CEO der United Internet Media, ist dies nur ein Grund von vielen, die gegen den Einkauf von Media mit Bitcoins sprechen: „Aufgrund einiger Eigenschaften und Faktoren sind diese Bezahlvarianten derzeit für die Digitalvermarktung als B2B-Geschäft nicht geeignet. Dazu gehören Intransparenz, geringe Regulierung, hohe Kursschwankungen und ein damit verbundenes höheres Risiko sowie in Teilen negatives Image.“

Zudem müssten die technischen Abrechnungssysteme angepasst werden, wodurch zusätzliche Kosten verursacht würden. Giese geht daher davon aus, dass es noch einige Jahre dauern wird, bis man den standardmäßigen Einsatz von Kryptowährungen im digitalen Mediageschäft sieht.

Bild: AppNexus Presse Ulrich Hegge

Auch bei Appnexus lassen sich Dienste nicht mit Bitcoin oder ähnlichen Coins bezahlen, noch. Ulrich Hegge, VP Strategic & Regulatory Affairs, kommentiert: „Aktuell bieten wir keine Bezahlung in Kryptowährungen an. Allerdings arbeiten wir daran, solche Technologien einzusetzen, um Transparenz in die Wertschöpfungskette zu bringen. Transparenz stellt sicher, dass niemand einen unfairen Anteil der Werbeausgaben für sich behält. Zudem wird so die Unsicherheit bezüglich versteckter Gebühren eliminiert, Stichwort 'Ad Tech Tax'. Payment-Anbieter wie Amino Payments können alle Zahlungen entlang der Wertschöpfungskette mittels Technologien wie Blockchain erfassen.“

Es muss nicht Bitcoin sein

Es muss jedoch nicht immer Bitcoin sein, um Marketingleistungen zu bezahlen. Das hat sich auch das Influencer-Netzwerk IndaHash gedacht und eine eigene Kryptowährung erstellt. Sie soll bei Influencern und Marken für mehr Komfort bei Transaktionen sorgen. So kann es bei normalen Banktransfers mitunter zu einem Zahlungsverzug von bis zu 60 Tagen kommen. Mit den Coins soll der Zahlungsverkehr zwischen Marken und Influencern künftig schneller vonstattengehen. Zudem könne die Währung regionale Limitierungen aufheben, die sonst durch unterschiedliche Währungen entstehen.

Die Coins oder Tokens sollen nach der Bezahlung dann entweder über eine Exchange in die jeweilige Landeswährung, also Euro, Dollar oder Ähnliches, umgewandelt werden können. Alternativ dazu sieht IndaHash vor, dass Influencer durch die Tokens bei den Marken früheren oder rabattierten Zugriff auf Waren oder Services haben.

Wie erfolgreich die Währung sein wird, ist bisher noch nicht abzusehen. Sie befindet derzeit noch in der Finanzierungsphase und soll bis Mitte 2018 mit ihren Funktionen ausgerollt werden.

Bild: Improve Digital Torben Heimann

Abseits vom Influencer Marketing zeigt sich Torben Heimann, Managing Director DACH bei Improve Digital, begeistert von den Möglichkeiten, die Bitcoin und Co. besonders im Programmatic Advertising bieten. Hier kennt er eine neue Währung, die bereits in den Startlöchern steht. Wie Hegge und Giese stellt jedoch auch Heimann keine großen Erwartungen an die all zu nahe Zukunft: „Kryptowährungen sind auf jeden Fall für Programmatic Advertising geeignet, es gibt sogar schon Anwendungsbeispiele wie adChain/adToken, das auf Ethereum basiert. Die Blockchain-Technologie an sich ist ein tolles System, das die Werbebranche sicherlich stark verändern wird. Außer Frage steht jedoch, dass wir hier erst am Anfang stehen und dass noch einige Zeit vergehen wird, bis es zum Mainstream werden könnte.“ So ist auch der von Heimann erwähnte adToken noch in der Probephase und soll voraussichtlich erst im April 2018 voll einsatzfähig sein.

Es gibt also bereits Bemühungen, Kryptowährungen im Online Advertising zu etablieren, welche sich dabei durchsetzt und wann dies geschieht, ist überhaupt noch nicht abzusehen. Mit zunehmendem Interesse der Allgemeinheit und Professionalisierung des Marktes dürfte es jedoch tatsächlich nur noch eine Frage der Zeit sein.

Hinweis: In einer früheren Version des Textes hieß es irrtümlich, dass der Bitcoin-Kurs im Herbst 2017 auf über 7000 Euro kletterte. Hierbei handelte es sich jedoch um den Wechselkurs zum US-Dollar. Die Zahl wurde entsprechend angepasst.

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