Black Friday und Cyber Monday sind vorbei oder wurden teilweise sogar noch um ein paar Tage verlängert. Grund genug, einen näheren Blick auf den deutschen E-Commerce zu werfen und mit Meldungen aufzuräumen, die den Online-Handel als treibende Kraft im deutschen Einzelhandel sehen.
Schon seit Jahren läutet der Black Friday in den USA die Saison der Weihnachtseinkäufe ein. Nun ist der Trend auch endgültig in Deutschland angekommen. Durch den E-Commerce wurde er erst durch den Cyber Monday verlängert. Mittlerweile bietet die Cyber Week schon in den Tagen vor dem Freitag nach Thanksgiving die Möglichkeit, Schnäppchen zu machen. Den Handel freut‘s. Nach Zahlen des Handelsverband Deutschland (HDE) summierten sich die Ausgaben von Online-Shoppern alleine 2016 auf 1,7 Milliarden Euro an den beiden Tagen. 2017 dürfte sich die Zahl nur noch vergrößert haben, da keiner der befragten Verbraucher sein Nutzungsverhalten ändern wollte.
„Smart Consumer“ geben Trend vor
Auch wenn die amerikanischen Konsumtage in Deutschland Fuß fassen und wohl nur wenige Menschen komplett unbehelligt von der Shopping-Extravaganz bleiben, haben im vergangenen Jahr gerade mal 16 Prozent der vom HDE Befragten den Black Friday für reduzierte Einkäufe, sei es nun stationär oder online, genutzt. Beim Cyber Monday waren es sogar nur 13 Prozent. Anders sieht es bei den „Smart Consumern“ aus. Sie werden vom HDE als Early Adopter und im Konsumverhalten als zukunftsweisend beschrieben. Immerhin jeder Vierte von ihnen nutzte einen der beiden Verkaufstage zum Shoppen. Zu den smarten Konsumenten gehören Menschen, die ihre Smartphones mindestens täglich nutzen, es als PC- oder Laptop-Ersatz in fast allen Bereichen einsetzen und morgens bis abends erreichbar sind.
Offline ist und bleibt stärkster Verkaufskanal
Auch wenn sich Shopping-Tage wie der Cyber Monday für Meldungen à la „Die Mehrheit der Deutschen kauft ihre Weihnachtsgeschenke online“ anbieten, schaffen die Zahlen des Handelsverbands Aufschluss: Offline ist und bleibt stärkster Verkaufskanal.
Der Einzelhandelsumsatz befindet sich nach Angaben des HDE im achten Jahr in Folge im Wachstum. Für 2017 prognostiziert der Verband ein Wachstumsplus von drei Prozent auf 501 Milliarden Euro. Auch für das Weihnachtsgeschäft im November und Dezember sieht der HDE ein dreiprozentiges Wachstum voraus, mit einem Umsatz von 94,5 Milliarden Euro.
Auch wenn der Online-Handel ein Wachstum von zehn Prozent vorweisen kann, macht er nur einen vergleichsweise kleinen Anteil am gesamten Nettoumsatz des deutschen Handels aus. Von den 501 Milliarden Euro Nettoumsatz stammen 48,7 Milliarden aus dem Online-Handel. Das Weihnachtsgeschäfts im November und Dezember macht dabei einen nicht unwesentlichen Anteil aus, weiß HDE-Geschäftsführer Stephan Tromp: „Der Online-Handel macht gut ein Viertel seines Jahresumsatzes im November und Dezember. Die Weihnachtszeit ist damit die umsatzstärkste Zeit für den E-Commerce.“
Mobile Commerce mit Potenzial nach oben
Auch der Mobile Commerce hat noch nicht den Anteil an den Abverkäufen, den viele Unternehmen bereits sehen wollen. „Insgesamt stehen hinter beinahe einem Viertel des Online-Umsatzes Käufe mit dem Smartphone. Dabei geht es meist nicht um Bestellungen über das Handy von unterwegs, sondern die Mehrheit nutzt das Smartphone zum Shoppen von zu Hause oder vom Arbeitsplatz aus“, berichtet Tromp. Der stationäre Handel muss sich also noch keine Sorgen machen, dass Kunden Produkte, die sie offline sehen, online bei der Konkurrenz kaufen. Der HDE geht stattdessen davon aus, dass Smartphones Innovationen im stationären Handel fördern. Hier sei beispielsweise an Indoor-Navigation für die Kunden, die Zusendung von Rabattgutscheinen oder den weiteren Ausbau des Bezahlens mit dem Handy zu denken.
Lars Hofacker, Leiter des Forschungsbereichs E-Commerce beim EHI Retail Institute, sieht den M-Commerce auf einem guten Weg: „Mittlerweile sind mobile Check-outs, sei es über die mobile Website oder per App, zum Standard geworden. Man merkt, dass sich der Mobile-First-Gedanke immer mehr durchsetzt. Durch die Verbreitung der Smartphones hat sich die Implementierung von responsiven Seiten oder mobiloptimierten Shops parallel gut entwickelt. Das sah vor zwei bis drei Jahren noch anders aus.“
Er ist im Kopf jedoch schon einen Schritt weiter. Für die Zukunft geht er davon aus, dass sich Shopangebote von „Mobile first“ zu „Voice first“ entwickeln. Hierbei müsse erst noch definiert werden, wie ein optimaler Bestellprozess oder Service per Sprache abläuft. „Amazon hat mit Alexa einen weiten Vorsprung, aber wirklich benutzerfreundlich wird es erst in Zukunft. Händler sollten bei der Skill-Entwicklung beachten, welche Daten Amazon nur selbst verarbeitet oder ich als Händler einen Zugang habe“, meint Hofacker.
Die Top-Händler im E-Commerce
Der deutsche E-Commerce wird seit einigen Jahren schon von einigen wenigen Händlern dominiert, allen voran Amazon. Unter den 1.000 umsatzstärksten Shops macht die Top 10 mit 15,7 Milliarden Euro knapp 40 (39,6) Prozent des Gesamtumsatzes aus. Die Zahlen des EHI Retail Institutes und Statista zeigen, dass gleichzeitig lediglich 11,7 Milliarden Euro durch die Plätze 11 bis 100 umgesetzt werden. Diese Marktposition lassen sich Amazon und Co. auch einiges an Werbegeldern kosten.
Die hohe Marktkonzentration auf die Top-Seller ist in den vergangenen Jahren weiter angestiegen. Dagegen haben die hinteren 500 Shops des Rankings sowohl 2015 als auch 2016 weniger Umsatz gemacht als im Vorjahr. Seit 2014 ist dieser Bereich des Rankings von einem Anteil um die 4,3 Milliarden Euro auf 3,8 Milliarden Euro geschrumpft. Gleichzeitig konnten alle anderen Shops positive Umsatzentwicklungen vorweisen. Dies zeigt, dass besonders die kleinen Online-Shops im kompetitiven Umfeld unter Druck geraten und sich entsprechende Strategien zurechtlegen müssen, um zu bestehen. Angebote zum Black Friday reichen hier nicht aus.
Auch wenn im Ranking des EHI die Marktplatzumsätze nicht berücksichtigt werden, fällt auf, dass mit Amazon, Otto und Zalando die drei Top-Player auch angeschlossene Marktplätze betreiben. Das EHI sieht sie daher als attraktive Partner für andere Händler.
Es dürfte niemanden überraschen, dass Amazon.de mit einem jährlichem Umsatz 8,1 Mrd. Euro den ersten Platz belegt. Otto.de folgt mit 2,7 Milliarden und Zalando.de mit 1,1 Milliarden Euro Umsatz. Die Top 3 bleiben die einzigen Shops, die im Milliardenbereich liegen.
Mal abgesehen vom E-Commerce-Riesen Amazon zeigt sich der Erfolg von Multi-Shop-Strategien. So ist die Otto Group neben ihrem Otto Shop auch mit Bonprix.de, Baur.de und Mytoys.de in den Top 20 vertreten. Auch die MediaMarktSaturn Retail Group schafft es mit Mediamarkt.de und Saturn.de zwei Mal ins Ranking.
Der Vorteil von mehreren Shops: Die unterschiedlichen Angebote erreichen eine Vielfalt an Zielgruppen und können deren individuellen Shopping-Bedürfnisse bedienen. Nimmt man die verschiedenen Shops der Otto Group zusammen, erreicht sie laut eigenen Angaben einen Umsatz von über 6 Milliarden Euro. MediaMarktSaturn kommt mit den drei Shops Mediamarkt.de, Saturn.de, Redcoon.de auf über 1 Mrd. Euro Umsatz und liegt damit nur knapp hinter Zalando.de.
Die Übersicht zeigt, wie wenige wirklich große Player es im deutschen E-Commerce gibt. Es bleibt abzuwarten, inwieweit kleine Shops in den kommenden Jahren durch innovative Ideen mithalten können oder durch Anbindung an die jeweiligen Marktplätze einen Teil ihrer Unabhängigkeit abgeben, um ihre Umsätze zu sichern.
Die Top-Werber im E-Commerce zur Cyber Week
Im Zusammenhang der Cyber Week haben wir uns gefragt, wer eigentlich am intensivsten in dieser Zeit die Nutzer mit Online-Werbung umgarnt. Eine Analyse von Gemius Adreal gibt zumindest für Desktop Aufschluss. Hier haben Amazon, Ebay und Otto ganz klar die Nase vorn. Etwas überrascht hat uns die Media-Zurückhaltung von Zalando. Das Online-Modehaus kommt in diesem Ranking nur auf Platz 20.
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