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MOBILE

Adblocking: Bald kein Durchkommen für Mobile Ads?

Jens von Rauchhaupt, 28. November 2017
Iqbal , Adobe Stock

Das Start-up-Unternehmen Contentpass will herausgefunden haben, dass sich in Deutschland und der Schweiz die Mobile-Adblock-Rate im November verdreifacht hat. Einige Fachmedien nahmen das Thema dankbar auf und verbreiteten diese Meldung umgehend. Tatsächlich stimmt diese Behauptung nur sehr eingeschränkt. Sorgen sollte sich die Werbewirtschaft trotzdem machen.

„Mobiles Ad Blocking verdreifacht sich in Deutschland und der Schweiz allein im November“, so die exakte Überschrift der Pressmitteilung von Contentpass, ein junges Unternehmen, das mit seinem Privacy Pass eine Alternative für Publisher zur daten- und werbefinanzierten Vergütung bieten will. Die Idee hinter Contentpass: Der Nutzer soll selbst wählen, ob er für Inhalte zahlen oder über Werbung konsumieren möchte. Im Licht der anstehenden DSVGO und der ePrivacy-Richtlinie soll der Privacy Pass den Publishern also auch nach dem 25. Mai, wenn die DSVGO rechtsverbindlich Gültigkeit hat, alternative Monetarisierungsmöglichkeiten geben.

Um der Notwendigkeit der Contentpass-Lösung Nachdruck zu verleihen, haben die Berliner anhand einer eigenen Analyse eine deutliche Steigerung der mobilen Adblock-Rate ausgemacht. Innerhalb nur eines Monats habe sich die Adblocker Rate auf mobilen Geräten mit Android-Betriebssystem mehr als verdreifacht.

Dirk Freytag

Hatten wir im Oktober noch durchschnittlich 1,8% Ad Blocking auf Android-Geräten, sehen wir Ende November bereits 6,3%.

(Contentpass-Gründer Dirk Freytag.)

Ursächlich für die gestiegene Adblock-Rate sei laut Contentpass die Veröffentlichung des neuen Android-Browsers „Samsung Internet“ in der Version 6.2., der einen sogenannten “Tracking Blocker” implementiert hat und „nebenbei auch sehr viele Adserver blockiert“, wie es in der eigenen Pressemitteilung heißt. Beim neuen Internetbrowser von Samsung arbeiten die Koreaner mit der Firma Disconnect zusammen. Hier kann der Nutzer sehr granular das Tracking seines Surfverhaltens einstellen und spielerisch leicht Adblocker – dort heißen sie Inhaltssperren – aller Art aktivieren, die allerdings erst installiert werden müssen. Anders als vielerorts zu lesen, ist die Antitracking-Funktion des Browsers nicht von vornherein aktiviert, aber es wird beim Erststart sehr prominent darauf aufmerksam gemacht.

Bei der Version 6.2 handelt es sich um eine Weiterentwicklung des Samsung Mobile Browsers, der erst Ende Oktober 2017 den Betastatus verlassen hat und ab Werk – wie Google Chrome auch – auf allen Samsung-Geräten installiert ist. Es handelt sich also um einen Alternativbrowser, der längst nicht so verbreitetet ist wie der Platzhirsch Google Chrome. Laut Analyse von Statcounter liegt aber seine Nutzung bei derzeit etwa 15% in Deutschland, eine überraschend hohe Zahl, wobei weder davon auszugehen ist, dass die gesamten 15% die neue Version 6.2 im Einsatz haben, noch, dass dieser Browser fortwährend die erste Wahl der User ist. Allerdings lässt sich der neue Samsung-Browser auf jedem Android Device betreiben, da er technisch auf Chromium basiert.

Insgesamt lässt sich sagen: Die Nutzerzahlen des Samsung-Browsers erlauben kaum genaue Rückschlüsse auf die gesamte Adblock-Rate bei Android-Geräten und schon gar nicht auf die gesamte mobile Adblock-Rate. Das suggeriert jedoch die Pressemeldung von Contentpass mit ihrer Überschrift.

Entwarnung beim Mobile Adblocking gibt es dennoch nicht. Konkrete Zahlen zu ihrer gegenwärtigen Verbreitung sind kaum zu finden. Offiziell hat der BVDW den Wert des Mobile-Adblockings etwas nebulös als „Wert im niedrigen einstelligen Bereich“ beschrieben, während die Desktop-Adblock-Rate bei 20,44% liegt – Stand August 2017. Und daran soll sich bisher nichts geändert haben, wie uns Stefan Schumacher (G+J Electronic Media Sales), Stellvertretender Vorsitzender des Online-Vermarkterkreises im BVDW bestätigt.

Derzeit können wir in unseren Messungen nicht erkennen, dass es einen signifikanten Ausschlag nach oben gibt. Wir beobachten das Thema Adblocker aber weiter kritisch und wollen uns zur kommenden Quartalsmessung genauer dazu äußern

(Stefan Schumacher, G+J EMS/OVK)

Neue Zahlen zur Mobile-Adblock-Rate werden vom OVK erst im ersten Quartal 2018 veröffentlicht.

Die neuen Funktionen im Samsung-Internetbrowser sind nur der Aufgalopp zu dem, was mit der nächsten Generation mobiler Browser auf den Werbemarkt zukommt. Denn auch Google will bekanntlich Anfang 2018 einen eigenes Adblocking-System in Chrome implementieren, das sich an die Standards der Coalition for better Ads halten will und besonders enervierende Werbemittel blockieren wird.

Trübe Aussichten für die Vermarktung im Mobile Web

Für die Werbetreibenden wird das Mobile Web zunehmend zu einem Problem. Schließlich bietet das Smartphonedisplay nur wenig Platz für die werbliche Kommunikation. Aus diesem Grund lassen sich mobile Inhalte auch schlecht über Werbung monetarisieren. Native Ads galten bisher als eine geeignete Antwort für die werbetreibende Industrie. Doch für die nativen Vermarktungsnetzwerke könnte es mit Browser-Updates wie das von Samsung eng werden, da auch sie vom Adblocker blockiert werden, sofern es sich nicht um ein Advertorial auf der Website des Publishers handelt. Als Alternative bieten sich für die Publisher eigentlich nur wenige Möglichkeiten an: Eine Anti-Adblock-Schranke wie bei Bild.de, werbefreier Paid Content oder die volle Konzentration auf das App Publishing, wo das Blockieren von Werbung noch deutlich schwieriger ist. Advertiser müssen sich hingegen zunehmend fragen, welche alternativen Wege sie zur werblichen Kommunikation mit dem Mobile-Nutzer finden, pure Displaywerbung scheint mittelfristig ein Auslaufmodell zu werden, jedenfalls im browserbasierten Mobile Web.

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