Welche Rolle spielt Social Media für den E-Commerce? Eine aktuelle Studie geht davon aus, dass die sozialen Medien gerade mal 1,27 Prozent des Traffics deutscher Online-Shops ausmachen. Sind Facebook und Co. also völlig unwichtig für den deutschen Online-Handel?
Die Google-Suche ist laut aktuellen Zahlen von Similar Web in der Studie der Agentur Aufgesang der wichtigste Traffic-Kanal für deutsche Online-Shops. Knapp die Hälfte (47 Prozent) des Traffics der Händler kommt hierher. Weitere 48 Prozent stammen aus der direkten Eingabe beziehungsweise Bookmarks und externen Verlinkungen (Referral Traffic). Die sozialen Medien generieren dagegen gerade mal 1,27 Prozent der Seitenbesuche. Bedeuten diese Zahlen, dass Social für den E-Commerce nur eine unwesentliche Rolle spielt?
Tatsächlich zeigt die Studie auf, dass unter den sozialen Medien der Anteil von Facebook-Traffic im Vergleich zu 2016 um 10 Prozent zurückgegangen ist. Olaf Kopp, Co-Founder & Chief Business Development Officer bei Aufgesang, sieht den Rückgang darin begründet, dass Facebook in den letzten Jahren die Reichweite der organischen Postings insbesondere auf Fabeook-Unternehmensseiten immer weiter reduziert hat und dadurch weniger Traffic über Postings generiert wird. Unter den Social-Quellen hält Facebook jedoch immer noch mit Abstand den ersten Platz und stellt mit knapp 59 Prozent Traffic-Anteil die größte Anlaufstation für Online-Shops dar. Auf den zweiten Platz schafft es YouTube mit knapp 20 Prozent.
Social funktioniert
Daniel Schetter, Geschäftsführer bei United Digital Group (UDG), kann bei Online-Shop-Kunden der Agentur einen deutlich höheren Anteil an Social Traffic feststellen als die 1,27 Prozent, die in der Studie genannt werden: „Social Traffic besteht schließlich aus zwei Komponenten: Paid Social Traffic einerseits sowie Owned und Earned Traffic aus Social-Media-Kanälen andererseits. Im Bereich Paid Social Media, also den Anzeigen in sozialen Netzwerken, hält Facebook weiterhin den größten Anteil, das liegt vor allem an den schon sehr ausgereiften Werbemöglichkeiten, die sehr gut konvertieren. Aufgrund der positiven Ergebnisse hat sich Paid Social Traffic für fast alle Online-Shops als fester Marketing- beziehungsweise Vertriebskanal etabliert.“
Das läge vor allem an der guten Performance von Retargeting, meint Schetter: „Retargeting funktioniert im Social-Media-Umfeld wie auch in den anderen Online-Marketing-Kanälen sehr gut und bietet einen conversion-starken Hebel für Online-Shops.“ Gutes Retargeting über die sozialen Medien verschafft demnach nicht großen Traffic-Zuwachs, kann jedoch die richtigen Nutzer auf die Seite bringen.
Eine Sprecherin von Media Markt bestätigt die Aussage von Schetter. Auch hier läge der Anteil von Social deutlich über den 1,27 Prozent der Studie. Dabei setze man sowohl auf Content- als auch auf Performance-Marketing.
Um allerdings mit Owned Media mehr Traffic für den eigenen Shop zu generieren, müssen Shops auf professionelle Inhalte setzen. „In der Vergangenheit hatten viele die Hoffnung, dass sich gute Inhalte automatisch weiterverteilen, aber zur Viralität gehört auch professionelles Marketing. Voraussetzung jedoch ist, dass Unternehmen sich über die Bedürfnisse der Zielgruppe und des Kunden im Klaren sind und diese mit ihren Produkten und Services erfüllen“, sagt Daniel Schetter.
Auf die Inhalte kommt es an
„Für Online-Shops kommt es immer darauf an, wie sie in den sozialen Medien vertreten sind. Wenn sie die Inhalte aus einem Blog oder Magazin über die sozialen Medien verteilen, kann das gut funktionieren. Wenn sie dagegen nur Produkte posten, bekommen sie keine Reichweite“, findet Olaf Kopp.
Auch die Art der Inhalte ist entscheidend. Hier wird zwischen Social Content und externem Content unterschieden. Im ersten Fall nutzt das Unternehmen die sozialen Medien nicht als Traffic-Kanal für die eigene Website. Ein Beispiel dafür wären eigene Videos, die direkt auf der Facebook-Seite des Shops veröffentlicht werden. Diese Kommunikation dient vor allem dem Markenaufbau des Online-Shops.
Es kann sich auch lohnen, den Traffic nicht direkt auf die Produktseite zu leiten, sondern auf eine extra Landing-Page, die sukzessive über die Qualität des Contents und das Surfverhalten der Nutzer an Relevanz gewinnt, wodurch sie sich irgendwann in den Google-Rankings gut platzieren kann und Besucher von dort in den Shop schickt. „Das erfordert jedoch eine gute Content-Marketing-Strategie. Content-Marketing ist dann nicht mehr nur ein Buzzword, sondern Realität. Das bringt jedoch auch Produktionskosten in Form von Inhalten und Redaktionskosten mit sich“, stellt Daniel Schetter fest.
Der Erfolg von Owned Content hängt in diesem Fall von der Qualität der Inhalte und der Follower-Zahl ab. Olaf Kopp räumt ein, dass eine solche Strategie auf Facebook zusehends schwieriger wird: „Facebook schraubt seit Jahren die Reichweite der organischen Sichtbarkeit auf Fan-Pages runter, damit sie ihre Anzeigen verkauft kriegen. Das ist zumindest unsere Interpretation der Studienergebnisse.“
Individuelle Strategie
Wie wichtig die einzelnen Kanäle für Online-Shops sind, hängt stark von der jeweiligen Marktsituation ab. So sind Shops in einem starken Wettbewerbsumfeld darauf angewiesen, sich Traffic zu kaufen und durch eine gute User Experience zu konvertieren. Auf der anderen Seite kann es Shops mit einer sehr spitzen Zielgruppe und wenig Konkurrenz leichter gelingen, organisch Traffic auf die eigene Seite zu leiten. Im Zuge einer größer angelegten Content-Marketing-Strategie muss es dabei jedoch nicht bleiben. Besonders größere Shops mit mehr Ressourcen können sich durch content-lastige Satellitenseiten einen zusätzlichen Besucherstrom aufbauen. Social Media ist, egal ob Paid oder Owned Media, ein essenzieller Teil davon.