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Wie VoD den Medien- und Mediamarkt durcheinanderwirbelt

Jens von Rauchhaupt, 5. Juli 2017
 tanantornanutra , Adobe Stock

Die Nutzung von Video-on-Demand (VoD) geht in Deutschland weiter steil nach oben. Die Beratungsfirma ITMedia Consulting geht davon aus, dass die Umsätze der VoD-Anbieter in Europa von 2017 bis 2020 jährlich im Durchschnitt um 17% wachsen werden. Die GfK attestierte in einer für ADZINE exklusiven Datenanalyse allen voran Netflix und Amazon Prime wachsende Reichweite und steigende Nutzungsdauer. Dabei ist der VoD-Markt schon jetzt hart umkämpft, entsprechend stark wird die Werbetrommel geschlagen, vor allem im Internet.

Entwicklungen im VoD-Markt

Bereits von 2010 bis 2014 wuchs der VoD-Markt in der EU nach Angaben des European Audiovisual Observatory um 170%. In Deutschland verachtfachten sich die Umsätze der Branche in den Jahren 2010–2016 von 51 Mio. Euro auf 432 Mio. Euro – eine Steigerung von durchschnittlich 43% pro Jahr. Der Ausblick ist noch rosiger: Wie der Industrieverband Bitkom am Anfang dieses Jahres auf der Grundlage von Zahlen des Marktforschungsinstituts IHS Markit mitteilte, sollen die Umsätze der VoD-Industrie hierzulande in diesem Jahr auf 511 Mio. Euro steigen. Rechnet man die Umsätze des werbefinanzierten Video-Streamings dazu, ist Video-on-Demand in Deutschland fast ein Milliardenmarkt. Im europäischen Vergleich ist der deutsche VoD-Markt der drittgrößte – nach Großbritannien und Frankreich. Insgesamt wurden mit Video-on-Demand 2016 in Europa 3,5 Mrd. USD umgesetzt. Der größte Markt ist und bleibt indes die USA mit 9,5 Mrd. USD Umsatz im Jahr 2016.

Wachsende Beliebtheit der VoD-Angebote

Nach einer Studie der Leichtman Research Group zahlen in den USA 57% aller Haushalte für ein VoD-Abo bei Anbietern wie Netflix, Amazon oder Hulu. In Deutschland dagegen nutzten laut einer Untersuchung der Goldmedia Group 2016 etwa 43% der Internetnutzer die verschiedenen VoD-Plattformen und -Dienste, wobei die Nutzungszeiten für die VoD-Angebote signifikant steigen. Sebastian Schumacher, Senior Consultant GfK, hat dies auf dem PLAY Video Advertising Summit in seinem Vortrag zum aktuellen Stand im Online-Videokonsum (Desktop und Mobile) deutlich machen können.

Laut GfK verbrachten die Nutzer im Monat April 2017 bereits 142 Minuten mit Netflix und 106 Minuten mit Amazon Prime Video. Stärkster Bewegtbildkanal ist YouTube mit durchschnittlich 268 Minuten, wobei diese YouTube-Zeiten weit fragmentierter durch den Konsum vieler kurzer Inhalte zustande kommt.

Dennoch bleibt YouTube laut GfK-Auswertung absoluter Reichweitenprimus. Die Google-Plattform erreicht im Monat 77 Prozent aller Onliner, Amazon Prime Video 11 Prozent und Netflix 7 Prozent. „Online-Bewegtbild-Angebote wie YouTube oder Netflix gewinnen weiter an Relevanz – Mobile ist zentraler Treiber. Dabei gilt: Je jünger die Nutzer, desto intensiver fällt der Konsum von Video Content aus“, erläutert Sebastian Schumacher von der GfK.

Foto: ADZINE EVENTS - Kay Michalczak Sebastian Schumacher, GfK

Amazon Prime und Netflix erhöhen Werbeinvestitionen

Der dabei wachsende VoD-Markt ist von den großen Anbietern wie Netflix oder Amazon schon jetzt hart umkämpft. Der Wettbewerb dieser Big Player wird sehr gut in ihrer jeweiligen Online-Werbung deutlich. Das internationale Markt- und Medienforschungsunternehmen Gemius hat mit seinem Panel-Tool Gemius AdReal, an dem 5.000 Nutzer angeschlossen sind, die Werbeinvestitionen dieser beiden Hauptwettbewerber untersucht und mehrere Strategiewechsel bei diesen Anbietern ausmachen können.

Attila Weisz

Seit Beginn des Jahres 2017 hat danach die Dynamik der Werbekampagnen von Netflix und Amazon noch mal deutlich zugelegt, wie Attila Weisz, Business Development Director von Gemius, berichtet: „Die VoD-Anbieter probierten verschiedene Plattformen für ihre Werbespots aus, die Zahl der Ad Impressions stieg rasant: Sie startete im Januar bei 21 Mio. und erreichte etwa 92 Mio. im Mai. Die Reichweite aller Online-Werbekampagnen aus dem Bereich VoD stieg ebenfalls deutlich: von 12% aller Internetnutzer in Deutschland im Januar auf 31% im Mai. Konkret wurden damit 10 Mio. Nutzer mehr erreicht“, erläutert Weisz.

Die Daten von Gemius AdReal zeigen, dass Amazon 2017 mit einer klaren Kampfansage in der Online-Werbung für seine VoD-Angebote startete. „Amazon erreichte mit Online-Werbung zum Jahresanfang ein Publikum von über 4 Mio. Desktop-Nutzern, also 8% aller Internetnutzer in Deutschland“, sagt Weisz. Die Kampagnen bewarben vor allem drei Eigenproduktionen von Amazon: „The Man in the High Castle“, „Goliath“ und „The Grand Tour“, die Welt-Tournee des Top-Gear-Teams.

Netflix dagegen promotete seine neue Serie „Lemony Snicket“ mit Neil Patrick Harris. Die entsprechende Kampagne erreichte fast 3,5 Mio. Nutzer. Fokus der Marketingkampagnen von Netflix und Amazon zu Jahresbeginn waren dabei Facebook und YouTube. Vor allem Amazon setzte dabei auf Facebook, während Netflix 85% seiner Spots bei YouTube platziert hatte.

Quelle Gemius AdReal Reichweiten bei den Online-Werbekampagnen der VoD-Anbieter

Strategiewechsel bei Netflix

Doch dabei blieb es nicht. Im Februar entschied sich die Marketingabteilung von Netflix für einen neuen Mix: 41% der Ad Impressions wurden nun auf YouTube erzielt, fast 40% bei Facebook. Damit erreichte das Unternehmen 30 Mio. Ad Impressions und 9,8 Mio. Internetnutzer. Amazon dagegen realisierte 68% seiner Ad Impressions bei Facebook, den Rest vor allem auf Webseiten aus dem Imperium von Hubert Burda Media. Insgesamt wurden laut Gemius 7,6 Mio. Nutzer erreicht.

Seit März setzte dann auch Amazon auf eine etwas ausgewogenere Mischung bei der Aufteilung seiner Kampagnen auf Facebook und YouTube. Trotzdem erreichte Netflix mit seinen Spots mehr Nutzer: mit Kampagnen für „Marvel’s Iron Fist“ im März, „Tote Mädchen lügen nicht (13 Reasons Why)“ im April und „Better Call Saul“ im Mai. Zuletzt liefen 70% dieser Kampagnenvideos bei Facebook, der Rest auf YouTube. Netflix erreichte damit etwa 10 Mio. Internetnutzer, Amazon kam auf eine Reichweite von 7,1 Mio. im Mai 2017.

Sky und Maxdome

Was die Daten von Gemius AdReal ebenfalls zeigen: Während der ersten fünf Monate dieses Jahres hielten sich andere VoD-Anbieter, wie Sky Deutschland und Maxdome (12% bzw. 11% des VoD-Marktes in Deutschland), mit Online-Werbung deutlich zurück. Sky Deutschland fokussierte sein Budget auf Facebook. Anfang Mai übernahm das Unternehmen dann 100% der Anteile am Schweizer Videostreaming-Unternehmen Homedia. Zur gleichen Zeit startete Sky Deutschland eine Kampagne, mit der unter anderem die neueste Staffel von „House of Cards“ beworben wurde. Die Spots liefen vor allem bei Web.de (47%), T-Online.de (27%) und YouTube (23%), damit wurden fast 10% aller Internetnutzer in Deutschland erreicht, das entspricht 5,2 Mio. Nutzern.

Heißer VoD-Werbesommer?

Im Sommer werden normalerweise weniger VoD-Werbekampagnen ausgespielt, denn die neuen TV-Serien starten erst wieder im Herbst. „In diesem Jahr jedoch könnte sich das ändern. Denn „Game of Thrones“, eine der erfolgreichsten Serien der letzten Jahre, soll im Juli mit der neuen Staffel starten. Die Ausstrahlungsrechte liegen hierzulande bei Sky Deutschland. Es wird daher interessant sein zu beobachten, mit welcher Reichweite und welchem Effekt der VoD-Anbieter sein Angebot mit Online-Werbespots bewerben wird und ob er dabei mit den Marktführern mithalten kann“, resümiert Weisz.

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