Das Affiliate Marketing verändert sich: Bisher haben Affiliate-Publisher Webseiten erstellt, die sie dann für die Google-Suche optimieren. Den auf diese Weise generierten Traffic leiten sie weiter zu den Merchants, meist Online-Shops, und erhalten Provisionen. Um mit diesem Modell erfolgreich zu sein, benötigt ein Affiliate (marketing-)technisches Wissen für den Bau der Webseite sowie für den Einsatz von SEO- und SEA-Maßnahmen. Zudem muss er mit seiner Arbeit in Vorleistung gehen, da gerade SEO-Maßnahmen oft einige Monate benötigen, bis sie ihre Wirkung voll entfalten.
Doch diese klassische Vorgehensweise ist gefährdet – vor allem durch Google selbst, da der Internetkonzern mit den Änderungen des Algorithmus in der letzten Zeit immer mehr Gewicht auf den Content der Seite legt. Durch den Universal-Search-Ansatz, der in den Suchergebnissen zusätzliche Informationen wie zum Beispiel Nachrichten, Bilder, Videos und Karten integriert, wird die Anzahl der angezeigten regulären Suchergebnisse zusätzlich reduziert. Der Wettbewerb um den Traffic nimmt zu und Affiliate-Seiten, die selbst keine starken Marken sind, schaffen es nur noch selten unter die Top-Ergebnisse.
Parallel zu dieser Entwicklung haben sich mit Social Media reichweitenstarke Plattformen etabliert, die es Affiliates ermöglichen, Ideen und Konzepte noch schneller zu monetarisieren und Traffic – ohne tiefgreifendendes technisches Wissen, ohne den Weg über die Google-Suche - entweder direkt oder über die eigene Webseite zu den Merchants zu leiten. Zu den drei wichtigsten Kanälen zählen Youtube, Facebook und Instagram. Statt der eigenen Webseite werden nun die Präsenzen auf diesen Plattformen optimiert. Folgende Beispiele zeigen, wie Affiliate Marketing mit Social Media als Trafficbringer funktionieren kann:
„Schiffstester“ Matthias Morr informiert auf seinem Youtube-Kanal mit 20.000 Abonnenten über Kreuzfahrtschiffe und –reisen. Seine Zuschauer leitet er in der Beschreibung der Videos direkt weiter zum Vermittlungsportal kreuzfahrten.de, das er auch als Sponsor erwähnt. Zudem nennt er sein Kamera-Equipment und verweist per Affiliate-Link zu diesen Produkten auf Amazon. Bindet Youtube Werbung in seinen Videos ein, wird Morr ebenfalls am Umsatz beteiligt, wenn der Nutzer seinen Channel aufgerufen hat. Facebook und Instagram nutzt er ergänzend, um seine Reichweite weiter zu steigern.
Mode- und Travelbloggerin Leonie Hanne setzt in erster Linie auf Instagram – und ist damit sehr erfolgreich: Ihren Account ohhcouture haben bereits 1,2 Millionen Fans abonniert. Sie nutzt den Fotodienst als Trafficquelle für ihr Blog, in dem das Affiliate Marketing stattfindet. Produkte sind in ihren Beiträgen verlinkt und im Bereich „Shopping“ leitet ein Klick auf ein Bild direkt weiter zum Shop. Zudem setzt sie bei einigen Bildern auf Instagram das Tool Liketoknow.it ein, dessen Nutzer per App oder Mail Shoppingslinks zu den dargestellten Produkten erhalten.
Klingt alles ganz einfach. Worin bestehen die Schwierigkeiten? In erster Linie natürlich darin, sich die entsprechende Reichweite in Social Media zu erarbeiten. Dafür ist neben einzigartigen Inhalten auch eine authentische Begeisterung fürs Thema nötig. Ziel der Social Media Affiliates ist es, eine „relevante“ Autorität für ein bestimmtes Thema zu erlangen und damit eine eigene Marke innerhalb der jeweiligen Peer-Group zu werden. Oft standen die Einnahmen aus dem Online-Marketing beim Start nicht im Mittelpunkt ihrer Aktivitäten. Durch die geringen technischen Hürden bietet sich die Vermarktung durch das Affiliate Marketing an. Als langfristig erfolgreiche Affiliates müssen sie es schaffen, originären Content und Werbung ins richtige Verhältnis zu setzen, um so ihren Umsatz zu erhöhen, ohne dabei zu viele Follower zu verlieren.
Rechtlich befinden sich diese Affiliates ohnehin in einer Grauzone. Wann ein Link zu einem Shop ausschließlich eine persönliche Empfehlung ist und wann es sich dabei um eine bezahlte Werbung handelt, die als Anzeige gekennzeichnet werden muss, ist juristisch noch nicht abschließend geklärt. Die Rechtsprechung zu ähnlichen Fällen aus den Bereichen Vergleichsportale und Testsiegel zeigt, dass der Verbraucherschutz hier genauer hinsieht als früher.
Nicht nur für die Affiliates, auch für die Merchants ist dieses Geschäftsmodell nicht immer leicht zu handhaben. Für Unternehmen besteht die Herausforderung vor allem darin, die Social Media Affiliates ganzheitlich in ihre eigene Kommunikationslandschaft zu integrieren. Besonders diffizil ist die Abgrenzung gegenüber der PR, die die Affiliates in ihrer Funktion als Meinungsmacher oft ebenfalls mit Material und Content versorgt – und deren Wirkung sich nicht direkt steuern lässt, da der Beitrag im Gegensatz zum Affiliate Link nicht gekauft ist. Hier sind integrierte Kampagnen unverzichtbar, die alle Kanäle umfassen.
Darüber hinaus – und das betrifft die Affiliates ebenso wie die Merchants - ist unklar, wie lange die Generierung von Affiliate Traffic über Social Media noch funktionieren wird. Schließlich möchten die Plattformen den Besucherstrom auf ihren Seiten selbst monetarisieren. Deshalb halten sie bereits nach Wegen Ausschau, den kostenlosen Traffic für Affiliates einzuschränken und im Gegenzug mehr Anzeigen zu verkaufen. Wie sich das Business Modell verändern wird, ob und wann Social Affiliates für den Traffic zahlen müssen, steht noch nicht fest.
Und auch äußere Rahmenbedingungen können das Geschäft beeinflussen: So hat Google im Mai die Möglichkeit, Links in Videos zu setzen, stark eingeschränkt – zwar im Zug einer Debatte über Werbung in extremistischen Videos, aber dennoch mit Auswirkungen auf das Affiliate Marketing.
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