Was Publisher von Spiegel Online lernen können
16. Juni 2017Auf der ersten Publisher Business Conference war der Konferenzraum des Hotels Gastwerk in Hamburg fast komplett besetzt als Geschäftsführer von Spiegel Online und Spiegel TV Jesper Doub zwanzig Jahre SPON Revue passieren ließ. Vor den mehr als 300 Gästen sprach er über die Ursprünge der Online-Publikation und gab den anwesenden Publishern eine Weisheit mit auf den Weg, die bei SPON bisher zu Erfolg geführt haben soll: Mut zeigen, Dinge auszuprobieren und verwerfen, wenn sie nicht funktionieren.
In der Geschichte von Spiegel Online war es laut Doub ein Tag, der eine entscheidende Veränderung herbeigeführt hat: 9/11. Mit den Anschlägen vom 11. September 2001 wuchs das Interesse an der Webseite und damit der Traffic durch den Informationsdurst der Menschen um 20 Prozent. „Und die haben wir seitdem auch nicht mehr losgelassen“, erklärt der SPON-Chef. Den ersten Crash der Seite aufgrund von Überlastung der Server habe man zu Zeiten mit durchschnittlich 81 Millionen Page Impressions im Monat gehabt. Mittlerweile sind es 1,1 Milliarden. Den Kritikern stellt er sich entgegen und sagt: „Reichweitenorientierte Seiten können guten Journalismus finanzieren.“ Im selben Atemzug nennt er die Auskopplung bento von Spiegel Online. Mit der Buzzfeed-ähnlichen Publikation will man vor allem die jungen Nutzer ansprechen, die noch nicht in die Kernzielgruppe der 25- bis 40-Jährigen von SPON fallen. 2015 ist bento online gegangen, heute sei die Seite profitabel, berichtet Doub.
Mit Snapchat hat das Online Magazin eine weitere Plattform gefunden, auf der es sich dem jungen Publikum präsentiert. Entgegen der Logik, auch hier mit bento vertreten zu sein, entschied man sich jedoch für eine Snapchat-Version von SPON. Das Risiko scheint sich ausgezahlt zu haben. Im ersten Monat des Angebots läge die Reichweite der Unique User im siebenstelligen Bereich.
Trotz Bedenken bezüglich der Zielgruppe scheint der Weg zu Snapchat für Spiegel Online der richtige Weg zu sein. Schließlich ist Mobile für die Publikation zur neuen Kernplattform geworden. Bis zu 60 Prozent des Traffics würden von mobilen Geräten kommen, stellt Doub klar. Für Mobile Advertising müsse man jedoch erst noch neue Spielregeln finden, die sich mit der User Experience vereinbaren lassen, ein Thema, das auch in einer früheren Panel-Diksussion die Gemüter erhitzt hat.
Im Programmatic-Advertising-Panel konzentrierten sich die Teilnehmer vorrangig auf die Frage, wer die Verantwortung dafür trägt, dass Seitenladezeiten nicht zu lang geraten. Hierzu erlaubte sich Jesper Doub einen kleinen Seitenhieb und erklärte, dass es nicht weitergehe, wenn man sich gegenseitig die Schuld zuschiebe. Jeder müsse seinen Teil übernehmen.
Natürlich sind auch Adblocker ein Thema für den SPON-Chef. Allerdings hält Doub nichts von „Jammerschildern“ und meint damit Tools, die an das Gewissen des Nutzers appellieren und ihn darüber aufklären, dass Werbung bei der Monetaisierung des Contents hilft. „Das Produkt muss so gut sein, dass Nutzer es wollen“, sagt er und verweist beim Thema Journalismus als Negativbeispiel auf ein „ehemaliges Nachrichtenmagazin“ im Süden der Republik, das seine Nutzer durch Click-Bait-Titel auf seine Artikel ziehen will. Mit Native Advertising beziehungsweise Content Marketing hat Jesper Doub hingegen kein Problem. Er glaubt an Content, der trotz Werbung, Nutzern interessante Inhalte bieten kann und berichtet von einem Canon-Case, in dem lediglich ein kleiner Hinweis am Ende des Textes darauf hinwies, dass die Fotos mit Canon-Kameras geschossen wurden.
Mit Jesper Doub erreichte die Konferenz direkt nach der Mittagspause ihren ersten Höhepunkt, der für viele der Anwesenden interessante Einblicke in die Arbeitspraxis der großen Online-Publikation geboten haben dürfte.
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