Die Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM) kritisiert die Entwicklung in der klassischen TV-Werbung. Die Reichweiten befänden sich im Sinkflug, die Attraktivität der Werbeblöcke ließe kontinuierlich nach, während die Kosten der werbenden Unternehmen für die Umsetzung von Kampagnen deutlich steigen würden. Kurzum: der Return of Investment stimme bei TV einfach nicht mehr. Die OWM fordert die TV-Anbieter auf, sich mit aller Kraft dieser Entwicklung entgegenzustellen, sonst verlöre TV seine Stellung als zentrales Leitmedium für die Werbung.
Die OWM, in der die wichtigsten Marken Advertiser in Deutschland organisiert sind, spricht mal wieder Klartext. Diesmal geht es den privaten TV-Anstalten an den Kragen. Die Preis-Leistungsschere im privaten TV öffne sich weiter und setzt damit den Trend der letzten Jahre fort: Steigende Spotpreise stehen deutlichen Leistungs- und Wirkungsverlusten gegenüber, weshalb der Return der Werbungtreibenden aus den Investitionen in TV-Werbung seit Jahren einen degressiven Verlauf aufweist.
” (OWM-Geschäftsführer Joachim Schütz)TV ist heute noch das zentrale Medium bei allen wichtigen Kampagnen. Umso wichtiger ist und bleibt ein faires Preis-Leistungsverhältnis. Doch das Werbemedium TV wird bei sinkendenden Reichweiten seit Jahren immer teurer. Ein Werbekunde muss heute für die gleiche Kampagne weit mehr ausgeben, um die gleiche Wirkung wie noch vor einigen Jahren zu erzielen. Gleichzeitig steigt der Wettbewerbsdruck durch nicht-lineare Angebote und globale Player. Die OWM fordert die TV-Anbieter auf, umzudenken und die Wettbewerbsfähigkeit des werbefinanzierten TV wieder zu stärken.
OWM sieht Preis-Leistung im freien Fall
Wenn TV Leitmedium bleiben will, muss es – so die OWM – seine Stärken im raschen Reichweitenaufbau stärker nutzen und den Werbekunden Ideen für Maßnahmen zur Kompensation sinkender Nettoreichweiten anbieten. Außerdem müsse die fragwürdige Preispolitik beendet werden, denn die jährlichen Ankündigungen von Bruttopreissteigerungen auf Basis ungewichteter TKPs und geschätzten Audience-Hochrechnungen schwächen das Vertrauen der Werbekunden in das Medium TV. Das Gleiche gelte für das etablierte System künstlicher Rabatte auf Brutto-Ebene, das Vorteile suggeriere, die es gar nicht gäbe.
Überholtes Abrechnungsmodell
Abrechnungsmodelle auf Basis von 30-Sekunden-Spotkosten/Tausenderkontaktpreis (TKP) seien in der heutigen digitalen Medialandschaft überholt und reflektieren weder die tatsächliche Leistung noch den Wertbeitrag von TV zur Leistung von Bewegtbildkampagnen. Auch die Abrechnung nach durchschnittlichen Blockreichweiten sei in konvergenten Werbemärkten nicht mehr zeitgemäß. Werbetreibende erwarten Transparenz, d.h. reale Kosten mittels Cost per Gross Rating Point (GRP), Cost per Nettoreichweite sowie eine Dokumentation der sekundengenauen Reichweite von Spots, um mit der Transparenz und den Möglichkeiten anderer Gattungen gleichzuziehen.
Forderungen: Bessere Qualität, andere Werbeblockstruktur
Zudem kritisieren die Marken die Qualität der Inhalte. Die OWM macht klar, dass ihre Mitglieder ein „fundamentales Interesse an attraktiven Umfeldern“ haben und fordert die Programmverantwortlichen auf, „der zunehmenden Fragmentierung und der unter Druck geratenen Reichweitenentwicklung etwas entgegensetzen, ohne Abstriche an den qualitativen Ansprüchen in Kauf zu nehmen.“
Zudem geben sich die Werbungtreibenden unzufrieden mit der derzeitigen Werbeblockstruktur. Sie sei, so wörtlich: „auf schiefer Bahn geraten“ Der Grund: Die TV-Anbieter haben in den letzten Jahren neue Geschäftsmodelle/Erlösmodelle in Form von Beteiligungen an Startups etabliert und stellen diesen Unternehmensbeteiligungen als Gegenleistung Freispots zur Verfügung. Dadurch verändern sich die Strukturen der Werbeblöcke zum Teil dramatisch. Werbungtreibende erwarten mit Blick auf ihre Planungssicherheit im Vorfeld der Buchung mehr Transparenz in der Architektur der Blöcke und fordern die privaten TV-Sender auf, detaillierte Informationen zur Aufteilung der Werbeblöcke in bezahlte Werbung, Eigenwerbung, Trailer sowie Media for Equity/Media for Revenue zur Verfügung zu stellen.
Druck auf AGF steigt
Mit der Neuaufstellung der AGF als GmbH und dem Beginn des Roll Outs für den Bewegtbildstandard seien laut OWM zwar wichtige Meilensteine erreicht worden, allerdings sieht sie „Alle Gründungsgesellschafter nun in der Pflicht, sich ihrer Rolle und Verantwortung in der neu geschaffenen AGF Videoforschung GmbH bewusst zu sein und danach zu handeln.“ Die AGF darf sich auf dem Erreichten nicht ausruhen und muss ihren Fokus 2017 verstärkt auf die Themen Qualitätssicherung, Integration von Drittdaten sowie Verkürzung der Berichterstattung für integrierte Bewegtbilddaten auf sieben Tage legen.