Folgen der neuen Datenschutzgrundverordnung für das Data Driven Advertising
Siamac Rahnavard, 4. Mai 2017Am 25. Mai.2018 wird, Stand heute, die neue ePrivacy zusammen mit der EU DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) eingeführt. Neben einer Vereinheitlichung des europäischen Datenschutzes verfolgt der europäische Gesetzgeber mit der Verordnung das Ziel, die personenbezogenen Daten der Nutzer und ihren freien Verkehr besser unter Schutz zu stellen. Für die datengetriebene Werbung wird die neue Rechtslage massive Beeinträchtigungen zur Folge haben. Insbesondere das Tracking über 3rd-Party-Cookies wird nur mit Einwilligung des Nutzers möglich bleiben. Höchste Zeit also, sich mit diesem doch etwas leidigen Thema genauer auseinanderzusetzen.
Am 10.01.2017 wurde in Brüssel durch die EU-Kommission der Entwurf für eine neue Verordnung über die Achtung des Privatlebens und den Schutz von personenbezogenen Daten in der elektronischen Kommunikation vorgestellt. Dies beinhaltet gleichzeitig auch eine Aufhebung der bisherigen Richtlinie 2002/58/EG (Verordnung über Privatsphäre und elektronische Kommunikation). Die Richtlinie, welche nach ihrer letzten Aktualisierung im Jahre 2009 auch als „Cookie-Richtlinie“ bekannt ist, dient als Grundlage von Datenschutzregelungen im Online- und Telekommunikationsbereich. Die neue Verordnung geht über die bisher bekannten Regelungen hinaus und erweitert diese insbesondere um den Endgeräteschutz.
Ursachen
Hauptsächlich motiviert durch vertriebliche Interessen der verschiedenen Marktteilnehmer der Digital Landscape, wurden insbesondere die Vorteile des digitalen Marketings verkauft. Es wurde jedoch versäumt zu berücksichtigen, dass der Raubbau auch seine Folgen hat und dass der Verbraucher früher oder später negativ darauf reagieren würde, wenn er zum x-ten Mal mit demselben Werbebanner angesprochen wird. Über das Morgen wurde - wie so oft - nicht nachgedacht. Vielmehr wird nach wie vor der eigene Vorteil im Rahmen der digitalen Maßnahmen rücksichtslos durchgedrückt. Die Reaktion der Politik erfahren wir nun in Form von Auflagen, Verordnungen und letzten Endes auch Gesetzen. Dabei können besonders diese den Einsatz digitaler Werbung und der damit einhergehenden Vorteile für Werbetreibende und im Endeffekt auch Konsumenten drastisch einschränken.
Wen betrifft es?
Es betrifft grundsätzlich die gesamte digitale Wirtschaft, da die Verordnung auch die Übermittlung von Maschine-zu-Maschine-Kommunikation umfasst. Vereinfacht ausgedrückt ist jeglicher datengestützte Austausch von Informationen betroffen und stellt somit ein Problem für die Online-Branche dar.
Die wichtigsten Folgen für die Werbebranche?
Wie zuvor skizziert, haben Unternehmen, die schwerpunktmäßig auf Cookie-Basis arbeiten, Schwierigkeiten die jeweiligen Services weiterhin zu gewährleisten.
Das bisherige Tracken eines Users auf Basis von 3rd-Party-Cookies ist nicht mehr ohne weiteres möglich. Weder Post View noch Post Click kann ein Verbraucher markiert werden und ihm demnach ein Kontakt zu Werbemaßnahmen eines Werbetreibenden nachgewiesen werden. Die notwendige Technologie, welche dieses ermöglicht hat, darf nicht länger eingesetzt werden.
Eine Reichweitenmessung wie bisher ist ebenso nicht mehr möglich. Somit entfallen die für die Werbewirtschaft relevanten Kennzahlen.
Frequency Caps, die gewissermaßen eine Auslieferungsqualität gewährleistet haben, sowohl für den Werbetreibenden als auch für den zu Erreichenden, sind nicht mehr möglich.
Die notwendige Einwilligung des Users zum Tracking findet künftig über den Browser statt. Der Browser nimmt damit eine zentrale Rolle ein. Im neuen Szenario verarbeitet er als eine Art Super Cockie die Anfragen von Websites. Eine Situation, die nicht vollkommen neu ist. So ist bei Safari Browsern seit je her die explizite Zustimmung des Nutzers notwendig um 3rd-Party-Cookies zu setzen. Allerdings ist hier festzustellen, dass lediglich ca. 20% der Nutzer 3rd-Party-Cookies zulassen.
Sollte der Browser, abhängig von der jeweiligen Unternehmenszugehörigkeit, noch andere Themen im digitalen Umfeld belegen, so ist davon auszugehen, dass zunächst auch hier den eigenen Services Vorrang gegeben wird und Unternehmen, welche derzeitig Drittanbieter einsetzen, einen weiteren wirtschaftlichen Nachteil zu erwarten haben.
Eine Zielgruppenansprache nach heutigen Kriterien, welche seit Jahren von den Werbetreibenden angestrebt wird und heute bereits von Unternehmen, die einen datengetriebenen Ansatz in der Zielgruppenansprache verfolgen, können diesen qualitativen hochwertigen Ansatz nicht mehr ohne weiteres gewährleisten.
Kann damit von einem Ende des werbefinanzierten Internets gesprochen werden? In Gänze wird sich das wohl verneinen lassen. Fakt ist jedoch, die neue Verordnung wird in jedem Fall für drastische Veränderungen sorgen und wahrscheinlich auch zu einer weiteren Verschiebung der derzeitigen Machtverhältnisse im digitalen Markt in Richtung von Unternehmen wie Amazon, Google und Facebook führen. Unternehmen, die bereits im Schwerpunkt auf Mobile setzen, werden im Vorteil sein, da die „cookie-losen“ Ansätze, u. a. Mobile Advertising IDs, Fingerprinting & Co. derzeit nicht betroffen sind.
Die Ironie ist, dass das, was man eigentlich bestrebt war zu verbessern, nicht verbessert wird. Die Werbetreibenden werden kaum aufgeben, Werbung auszuliefern. Der Endverbraucher muss sich also darauf einstellen, ab diesem Zeitpunkt in einem sehr viel höheren Maße mit Werbung belegt zu werden – und in vielen Fällen mit Werbung, die für ihn nicht relevant ist.
Was ist zu tun?
Es muss sich auf Unternehmensebene mit der ePrivacy-Verordnung intensiv beschäftigt werden. Die Auseinandersetzung mit dem Thema darf nicht nur auf eine kleine Gruppe im Bundesverband der digitalen Wirtschaft beschränkt sein. Auch die werbetreibenden Unternehmen sind nun gefordert. Die Hoffnung, dass man sich der derzeitigen Entwicklung entziehen könne und die ePrivacy wie eine „Gewitterwolke“ vorüberzieht, wäre ein fataler Irrtum.
Es besteht Bedarf an kritischer Auseinandersetzung und Aufklärung aller Parteien, inklusive der Verbraucher. Zudem muss deutlich vermittelt werden, dass sich ein Internet derzeitig hauptsächlich über Werbung finanziert und durch die Verordnung eine Vielfalt, wie wir sie derzeit erfahren, so nicht mehr verfügbar sein wird. Außerdem muss den Verbrauchern deutlich gemacht werden, dass gerade die großen Player weiterhin Zugriff auf alles innerhalb ihrer Systeme haben. Speziell diese Unternehmen standen in der Vergangenheit immer wieder in der Kritik, wenn es um den Schutz und die Wahrung der Privatsphäre ging.
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