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DATA

Das Versagen der DMPs und wie Mediaplanung in Zukunft funktionieren muss

Kerstin Clessienne, 20. April 2017
Foto:Adobe Stock

Der Hype ist vorbei, doch wo bleibt die Produktivität? Dass programmatischer Einkauf das Mediaparadigma der nächsten Jahrzehnte wird – nicht nur für Online –, wird niemand mehr ernsthaft diskutieren wollen.

Data-Driven Advertising spült viel Geld aus den Unternehmen in die Kassen der Technologiedienstleister, ohne die versprochenen Effizienzgewinne zu heben. Die größten liegen in den Brand-Budgets, aber die Technologiedienstleister sind auf diese Schwierigkeiten nicht eingestellt.

Die vier größten Herausforderungen für echtes Data-Driven Advertising der Zukunft:

1) „Dann machen wir das eben selbst.“

Das mittlerweile nachhaltig gestörte Vertrauensverhältnis zwischen Werbungtreibenden und Agenturen bringt Unternehmen dazu, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Das sind große Projekte, aber immerhin geht es um Daten, und nach wie vor gibt es kein höheres Gut im Unternehmen.

Initiator sind oft die Digitalabteilungen, allen voran der digitale Abverkauf, welche die traditionellen Einkaufsmodelle in Frage stellen. Doch selbst diese verhältnismäßig überschaubaren Units agieren intern wie extern selbst noch im Silo. Die Auflösung findet nur in einem sehr langsamen Transformationsprozess statt.

Eine rein performanceorientierte, digitale Perspektive auf Mediainvests übersieht aber wichtige und selbstverständliche Zusammenhänge in der Kommunikationsplanung. Zudem arbeitet sie methodisch völlig anders. Es muss zu einer Angleichung und Harmonisierung der Methoden zwischen Brand und Performance kommen.

Wer hilft? Erkannt haben dies die Unternehmensberatungen, die zunehmend an der Seite des Kunden neue Prozesse implementieren und moderne Technologien einsetzen. Agenturen hingegen treten auf der Stelle: Sie suchen weiterhin verzweifelt Studenten, wollen Einkaufsvolumina bündeln und versuchen, ihre alten Geschäftsmodelle so lange wie möglich zu erhalten und klassische Pläne in Line-Items zu bauen.

Lösungsansatz:
Eine allumfassende Datenstruktur und gemeinsame Sicht auf den Kunden.

Online- und Offline, Marke, Sales und CRM müssen ein systematisches Team werden. Konsumenten-, aber vor allem Channel-Daten müssen:
- kostenbasiert,
- strukturiert,
- in hoher Qualität und vor allem neuer Quantität zusammengeführt und analysiert werden.

Das heißt auch, saubere Datenbanken müssen Demografie und Device analysieren und steuern können.

Und vor allem muss das Ganze programmatisch auf den Einkaufsprozess angewendet werden. Denn möchte man mit einer Datenstrategie erfolgreich sein, geht es um Budgetoptimierung. Schaffen das die DMPs aktuell? Nein. DMPs sind lediglich der verlängerte Arm der Website oder der CRM-Datenbank und Strategien sind nicht für Budgetoptimierung entwickelt, auch wenn gerne das Gegenteil behauptet wird.

2) Einkaufsstrategien von gestern – lieber TV-Rabatte als Online-Optimierung?

Aus Angst vor Effizienzverlusten wird an alten Einkaufsmodelle festgehalten. Parallel jedoch soll der Einkauf revolutioniert werden, während wir im Kleinen versuchen, über Verbände Detailfragen und einheitliche Methoden zu finden. Das allerdings lenkt uns gezielt von den zentralen Fragestellungen ab. Zum Beispiel: Brauchen wir noch Commitments?

Die Online-Abteilungen fordern zunehmend eine Abkehr von Bindungen und Bündelungen und mehr ergebnisorientierte Flexibilität.

Können Agenturen das leisten? Verhandeln Kunden in Zukunft selbst? Und welche Basis wird zugrunde gelegt? Nach Kosteneinsparung oder Wirkung? Welche Systeme können hier Entscheidungsvorlagen geben?

Diese Fragen müssen innerhalb des Unternehmens beantwortet werden, damit es zu einer fundamentalen Überarbeitung der Einkaufsstrategien kommen kann.

3) DMPs als Fehlinvestition und die Isolierung der Daten

Aufgrund der Silos in Unternehmen stehen diese vor der Herausforderung eines Flickenteppichs an Technologien und Strategien. DMP, DCO, DSP. Wer blickt da noch durch? Integrierte Technologien, die vollumfänglich ohne strategische Verluste den Kundenanforderungen hinsichtlich Datenanalyse und datenbasierter Aussteuerung gewachsen sind? Fehlanzeige.

DMP-Versagen Nr. 1: Keine Lösung gegen Excel-Pläne und Re-Targeting-Strategien

Mediaplanung ist eigentlich trivial. Und datengetriebenes Brand-Planning erst recht. Allein: Mehr als 70% der programmatischen Einkaufstrategien sind immer noch simples Re-Targeting. Mit Prospecting und Upper-Funnel-Strategien befinden wir uns auf homöopathischem Targeting-Niveau, während dort die echten Effizienzgewinne, nämlich im Brandbudget liegen.

Mit ein bisschen Glück sind Teile des Targetings sogar DMP-gesteuert, wobei DMPs oft gar nicht in der Lage sind, die Kundendaten in Echtzeit und algorithmisch optimiert zur Verfügung zu stellen.

Dabei wäre es so einfach:

  1. Trenne Kundendaten von Neukundenpotentialen: Das ist die halbe Miete in der Kostendiskussion.
  2. Steuere Zielgruppen, vermeide Streuverluste.
  3. Kontrolliere Format, Frequenz und Preis. – Alleine die hochfrequente Aussteuerung von teuren Kontakten zu minimieren, würde die Kampagneneffizienz dramatisch erhöhen.
  4. Berechne Kaufwahrscheinlichkeiten.
  5. Lass die Kreation lernen.

Alles Weitere ist eine Defokussierung der Strategie. Warum können Computer gegen die intelligentesten Menschen in den komplexesten Spielen der Welt gewinnen und wir schaffen es nicht, besser zu sein als Excel-Tabellen? Eine solche Optimierung wäre so viel einfacher als die verrückt komplexen Media- und Adserver-Pläne, Kostenpläne, Kreationspläne, Einkaufprozesse.

DMP-Versagen Nr. 2: Keine Möglichkeiten der Budgetoptimierung im Brand – aber auch den Performance-Abteilungen wird wenig geholfen.

Datengetrieben lohnt sich derzeit nur im Performance-Marketing? Leider ja. Aber auch fürs Re-Targeting gilt das nur begrenzt, denn wie wir sehen, halten die DMPs nicht, was sie versprechen.

Es sind nämlich die Re-Targeting-Servicedienstleister mit echter Optimierung (nicht das „Datengrab“ DMP), die in der Lage sind, echte Ergebnisse zu liefern. Aber eben nur auf Sales-Basis; andere KPIs und vor allem das Thema Marke kennen die Algorithmen nicht. Leider muss man sagen, denn sonst würden wir Konsumenten nicht fünf langweilige Banner derselben Marke auf einer Seite im Nirgendwo finden.

Was muss passieren, damit wir Marken programmatisch optimieren können?
Warum funktioniert eine Echtzeit- oder Near-Time-Steuerung von ein paar simplen Werten nicht?

Antwort: DMPs sind CRM-Systeme, und die wenigsten von ihnen schaffen Intelligenz im Mediaeinkauf. Aktuelle DMP-Strategien sind viel zu langsam und viel zu verlustbesetzt. Mangelnde Automatisierung und Intelligenz in der Zielgruppensegmentierung, hohe Synchronisations- und Onboarding-Verluste minimieren die Zielgruppengrößen für intelligenten, automatisierten Einkauf.

DMP-Versagen Nr. 3: Keine individuellen, ansteuerbaren Performancewerte – nur Zielgruppenbeschreibungen

Ist das ein Strategie- oder ein technologisches Problem? Beides, denn die wenigsten DMP-Technologien lassen zu, dass Kunden sich selbst helfen können, indem sie intelligent und algorithmusbasiert effektive Zielgruppenwerte bilden und diese auch schnell genug einkaufen können. Das gilt vor allem in der Upper-Funnel-Kommunikation.

Datenanalyse und -strategien müssen die Brandabteilungen erreichen. Darüber hinaus muss eine integrierte Analyse und Budgetoptimierung auf Userbasis und nicht nur in Form von Kuchendiagrammen stattfinden.

4) Walled Gardens – Die Spielverderber

Die Big Player, vor allem Google und Facebook, schreiben die Geschichte der kunden-individuellen Kommunikation nicht mit. Hierfür benötigte Daten werden schlicht und ergreifend nicht zur Verfügung gestellt. Die Unternehmen und Agenturen scheinen machtlos dagegen. Wertige, validierte – also deterministische – Daten werden lediglich auf kleinem Niveau unter den Unternehmen ausgetauscht.

Kurzfristig müssen die Walled Gardens über andere Analysemodelle in die Analyse integriert werden. Langfristig müssen die Big Spender weiterhin den Druck auf die Player erhöhen und Kunden sich in neutralen Plattformen zusammenschließen – denn sie haben schließlich die wertvollsten Daten.

Es bleibt spannend und die Frage lautet: Wo fängt der Strategiewechsel idealerweise an? Die Antwort ist klar: bei der ernsthaften Datensammlung und Analyse der Optimierungspotenziale für Markenkommunikation. Die zentrale Herausforderung ist, Strukturen zu schaffen und die Player zu finden, die in der Lage sind, kanal- und nutzerübergreifend Daten strukturiert zu sammeln, in großen Mengen zu organisieren und intelligente Vorschläge zur Effizienzsteigerung machen zu können.

Bild Kerstin Clessienne Über den Autor/die Autorin:

Kerstin Clessienne ist für Business Development und Produktinnovation bei Exactag zuständig. Sie leitet zusammen mit Sotir Hristev, Head of Data Science, den Frankfurter Standort von Exactag. Clessienne ist seit 2000 im digitalen Marketing tätig und war zuvor als Group Director Data + Technology Services bei Havas Media.

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