Der Kampf gegen Adblocker wird derzeit an zwei Fronten geführt. Auf der einen Seite versuchen Publisher durch Content-Sperren ihre Nutzer auf die Relevanz von Werbung als Monetarisierungsmittel aufmerksam zu machen. Auf der anderen Seite setzen die Publisher auf Ad Reinsertion und spielen Werbemittel einfach erneut aus, nachdem diese geblockt wurden. Auch wenn beide Methoden auch kritisch betrachtet werden, können sie bereits Erfolge verzeichnen.
In Kommunikation treten
Erst kürzlich hat der britische Publisher Dennis über sechs Monate getestet, wie die Website-Besucher auf die Content-Sperre mit entsprechenden aufklärenden Informationen reagieren. Über die Content-Compensation-Plattform des Adtech-Anbieters Sourcepoint wurden Adblocker-Nutzern über unterschiedliche Angebote und Vergütungsmodelle informiert, um die Seiteninhalte anzusehen.
Die Nachrichten, die Nutzer über die verschiedenen Kompensationsmöglichkeiten aufklären, sind an das Umfeld der jeweiligen Seite angepasst. So unterstützt beispielsweise eine Publikation von Dennis durch einen Anteil der Werbeerlöse eine Wohltätigkeitsorganisation. Dementsprechend erhalten Besucher der Seite die Nachricht, dass das Ansehen der Werbung einem guten Zweck dient.
Nach der sechsmonatigen Testphase konnte Dennis feststellen, dass bis zu 57 Prozent der Adblock-Nutzer über die Verbreitung gezielter Nachrichten dazu bewegt werden konnten, weiterhin Werbung im Gegenzug für professionelle Inhalte zu akzeptieren. Der Nutzer stimmte hierbei durch das Klicken (Opt-in) eines Auswahlfelds der Ausspielung von Werbung zu. Bis zu 38 Prozent der so angesprochenen Nutzer entschieden sich, die Webseiten von Dennis Publishing auf die Adblock-Whitelist zu setzen. Haben sich Nutzer für die Betrachtung eines Videos als Ausgleich für eine anzeigenfreie Nutzung des Publisherangebots entschieden, konnte Dennis eine View-Through-Rate von 75 Prozent messen.
Nick Flood, Product & Commercial Ops Director bei Dennis, sagt: „Wir erkannten, wie schwierig es ist, mit Adblock-Nutzern zu kommunizieren und sie zu einem Whitelisting oder für einen durch Anzeigen unterstützten Besuch zu bewegen. Daher entschieden wir uns, die 13 Prozent der Nutzer, die Adblocker über unser Portfolio von Websites verwenden, über die Sourcepoint-Dialogue-Plattform zu kontaktieren und sie über das Monetarisierungsmodell bei Dennis aufzuklären. Wir sind der festen Überzeugung, dass eine Wertschöpfung zwischen Marken und Nutzern geschaffen werden muss, um die zukünftigen Einnahmen zu sichern. Die Ergebnisse zeigen, dass die Nutzer gerne mit maßgeschneiderten Botschaften kontaktiert werden wollen und sie sich für eine Reihe von Werbeerfahrungen im Austausch für den Zugang zu erstklassigen redaktionellen Inhalten entscheiden.”
Ben Barokas, Mitgründer und CEO von Sourcepoint, bestätigt: „Die Ergebnisse der Testkampagne sind beeindruckend und sie demonstrieren den Wert einer transparenten und ausgeglichenen Kommunikation. Anstatt davon auszugehen, dass Werbung negativ von den Usern angenommen wird, unterstützt es die Tatsache, dass sie Werbung als Mittel zur Bezahlung für Inhalte akzeptieren, wenn sie im Vorfeld über die Grundsätze der Wertschöpfung informiert wurden.“
Ben Barokas versteht die Sourcepoint-Lösung als eine Art USP der Verlage, Premium-Publisher würden sich durch die offene Kommunikation mit ihrem Publikum von anderen Anbietern abheben.
Oder Werbung lieber gleich ausspielen?
Auf der anderen Seite des Spektrums von Anti-Adblocker-Lösungen befindet sich Unternehmen wie AdDefend oder auch tisoomi. Diese Adtech-Anbieter verfolgen den Ansatz, geblockte Ads um den Adblocker herum auszuspielen. Dominik Reisig, CEO von AdDefend, findet: „Adblocker-Nutzer sind eine spezielle Zielgruppe, die besonders behandelt werden muss – ein eigenständiger Kanal mit eigenen Regeln.“
Jens-Ole Quiel, Head Of Digital Sales bei Computec Media, ergänzt: „Auch Nutzer von Adblockern sind durchaus empfänglich für Werbung. Dies zeigt sich für uns beispielsweise daran, dass die an Adblocker-Nutzer bisher ausgespielten Kampagnen zwischen 50% und 300% bessere Klickraten generiert haben als auf der nicht geblockten Reichweite.“
Für Adblock-Nutzer sind der Nervfaktor sowie die verlangsamte Geschwindigkeit und der Datenhunger von Werbetreibenden die Hauptgründe für die Verwendung von Werbeblockern. Reisig kommentiert: „41,7% der Adblocker-Nutzer geben fehlende Relevanz der Werbung als Grund für die Installation des Adblockers an. Paradox, wenn parallel auch nicht akzeptiert wird, dass Daten verwendet werden. Bei diesem und bei allen anderen Punkten, die zur Installation von Adblockern führen, spielt oft Unwissenheit und Überforderung beim Nutzer eine große Rolle. Umstände, die sich nicht von heute auf morgen ändern werden.“
Für Publisher sei es laut Reisig daher ratsam, Adblocker-Nutzer als eine separate Zielgruppe zu verstehen, den Werbetreibende auf gesonderte Art für sich nutzen können. Hierbei werden zum Beispiel gewisse, besonders unangenehm auffallende Werbemittel von vornherein ausgeschlossen.
Zwei verschiedene Philosophien
Keinem Anbieter von Anti-Adblocking-Lösungen dürfte es aus finanziellem Selbstinteresse daran gelegen sein, dass Nutzer auf Adblocker verzichten. Die vorhandenen Ansätze könnten jedoch nicht verschiedener sein.
Es bleibt Publishern also die Wahl, welchen Weg sie gehen möchten, um die Monetarisierung ihrer Inhalte zu sichern. Die Lösung, wie sie Sourcepoint anbietet, konzentriert sich auf die Kommunikation und Aufklärung des Kunden und stellt damit die Beziehung zwischen Publisher und Nutzer in den Vordergrund. Der von AdDefend verfolgte Ansatz setzt den Fokus stärker auf die Interaktion von Werbetreibenden und potentiellen Kunden. Indem Adblock-Nutzer potentiell durch speziell an sie gerichtete Werbebotschaften gesondert angesprochen werden können, eröffnen sich Marken neue Möglichkeiten, ihre Reichweite und Kundenansprache zu verbessern.
Beide Möglichkeiten bergen jedoch Risiken für Vermarkter. So greift kommunikative Lösung mehr in das Surfverhalten der Nutzer ein und könnte sie im schlimmsten Fall auf Dauer von der Seite vergraulen. Lösungen zum Wiedereinfügen von Ads hingegen stießen in Vergangenheit nicht bei allen Werbetreibenden auf positive Resonanz und wären für einige ein Grund, kein Inventar zu kaufen. So wolle man dem Nutzer nicht gegen seinen Willen Werbung aufzwingen und das Image der Marke schützen.
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