SportScheck CDO Jan Kegelberg im Portrait: „Alle Führungspositionen müssen digital atmen“
Sandra Goetz, 8. Februar 2017Vor gut einem Jahr ist Jan Kegelberg der Geschäftsführung des auf Sport- und Freizeitartikel spezialisierten Multi-Channel-Händlers SportScheck beigetreten. Seine Position des Chief Digital Officer wurde eigens für ihn geschaffen. Die Otto-Tochter mit Stammsitz in Unterhaching bei München wird damit von einem Dreierteam geführt. Neben Jan Kegelberg sind das Markus Rech als Vorsitzender und Lars Schöneweiß, der für Finanzen und Personal zuständig ist. Kegelberg verantwortet die Bereiche Marketing, E-Commerce und Customer Analytics.
Beruflicher Werdegang
Jan Kegelberg, 1971 als Rheinländer mit positiver Grundhaltung geboren, hielt es nur bis zum Beginn seines Studiums der Betriebswirtschaftslehre in Köln. „Bis auf ein Semester habe ich mein Studium komplett in den USA absolviert und bin von daher in meiner Ausbildung amerikanisch geprägt“, sagt Kegelberg. Und das heißt, weniger wissenschaftlich denn pragmatisch: „Es geht am Ende darum, Dinge anders zu machen und umzusetzen.“
Zwischen 1998 und 2000 arbeitete Jan Kegelberg als Berater bei der Boston Consulting Group in Düsseldorf und Hamburg. „Es war eine tolle Zeit, eine ideale Weiterführung meines amerikanischen Studiums, in dem ich strukturiertes Arbeiten und strategisches Denken verinnerlicht habe“, reflektiert der 45-Jährige mit Freude alte BCG-Zeiten. Die Karrierevita umfasst u. a. den Aufbau des noch jungen E-Commerce der zooplus AG, die Geschäftsführung bei der Ambitious Bytes GmbH, die Gründung einer eigenen Unternehmensberatung sowie einen vierjährigen Aufenthalt in Moskau, wo Kegelberg sich erfolgreich nach neuen Geschäftsfeldern für die Otto Group jenseits des Kataloggeschäfts umgesehen hat.
Warum digitales Marketing?
Die Frage sollte eher heißen: „Warum ein Chief Digital Officer; warum braucht man diese Rolle“, so Jan Kegelberg und gibt auch gleich die Antwort dazu: „Es war wichtig für SportScheck, diese Position zu schaffen, um sich – mit allem Für und Wider – auf die digitale Welt einzulassen. Allein mit Kataloggeschäft kann man heute kein Geschäft mehr profitabel ausgestalten, diese Zeit ist vorbei.“ Die Position des CDO braucht man laut Kegelberg nicht dauerhaft, „etwa fünf Jahre, um das Thema ‚digital‘ so in das Unternehmen zu tragen, dass es jeder versteht.“ Zukünftig müssen alle Führungspositionen „digital atmen“. Besonders im Marketingmix muss digital führen, „über Papier lassen sich heute Kunden nur noch schwer gewinnen, maximal binden. Man muss dort Werbung machen, wo die ‚eyeballs‘ sind, und das ist mobil und digital“, versichert Kegelberg.
Die Messbarkeit, Vernetzbarkeit und Konvertierbarkeit ist das, was jetzt für das Marketing von Sportscheck im Vordergrund steht. Zum Beispiel „Vernetzung“: „Diese ist bei digitalen Medien deutlich höher, da ich jeden Klick nachvollziehen und die unterschiedlichen Kanäle wunderbar miteinander vernetzen kann“, sagt der Kölner. Über intelligentes und automatisiertes Kampagnenmanagement kann man Customer Journeys ideal gestalten und optimieren, „das ist etwas, was bei Papier nicht geht“, so Kegelberg weiter. „Im Haus“, sagt Kegelberg, „wurde verstanden, dass digitales Marketing die Zukunft ist. Papier dient uns zukünftig zur Markenbildung und Inspiration. Das macht Sinn. Digitale Medien aber sorgen im Schwerpunkt für den Abverkauf.“
Wo liegen für Sie die größten Herausforderungen?
Für einen Multisportanbieter wie SportScheck liegen die Herausforderungen für das Unternehmen auf der Hand. Denn im Gegensatz zu Spezialisten im Bike- oder Laufsegment hat es SportScheck mit einer heterogenen Zielgruppe im Sport zu tun. „Ein junger Fußballer muss anders angesprochen werden als ein Outdoorer oder eine Fitnesssportlerin, wenn ich meine Kunden ernst nehme. Aber es muss am Ende alles zur Marke SportScheck passen“, erklärt der Betriebswirt. Und weiter: „Während wir Outdoorer noch stärker über Print erreichen können, sieht es bei den beiden anderen Zielgruppen schon anders aus. Der 17-jährige Fußballer ist im Schwerpunkt nur noch via Social Media oder auf sehr ausgewählten Fußballsites zu erreichen. Das erhöht eindeutig die Komplexität.“
Wo, wie und mit welchen Nachrichten die Zielgruppen erreicht werden, ist ebenso erfolgskritisch wie die Grundsatzfrage, wie SportScheck als Marke wirken muss, um attraktiv für Stammkunden und sexy für Neukunden zu sein. – Denn sexy, das war SportScheck, 1946 in München gegründet, einmal.
Welche Entwicklungen finden Sie aktuell besonders spannend?
Für SportScheck steht der Omni-Channel-Handel derzeit besonders im Fokus aktueller Planungen: „Wir sind sicher, dass wir es schaffen, ein sinnvolles Angebot trotz der hohen Komplexität aufzubauen“, sagt Jan Kegelberg voller Überzeugung. Dazu gehört, Werbekampagnen, Sortimente und Preise für die verschiedenen Kanäle mit jeweiligen Anforderungen pro Kanal zu optimieren.“
Das Handelsgeschäft soll aber perspektivisch nur ein Teil des Angebotes von SportScheck bleiben. „Wir entwickeln ein Ökosystem, um Handel und die Vernetzung der Kanäle sinnvoll zu gestalten.“ Das heißt, in naher Zukunft auch mehr statt weniger zu bieten, nämlich eine ganze Welt. Das soll Sportreisen umfassen sowie Ernährung, Services und Events. – Also all das, was SportScheck getan hat, als das Unternehmen noch als taktgebend galt. „Dann“, erklärt Kegelberg weiter, „ist auch die Komplexität der Kanäle und der Vermarktung dahinter gerechtfertigt, da es inhärente Mehrwerte für den Kunden gibt.“ Darüber hinaus ist Mobile der Kanal der Wahl, „da führt kein Weg dran vorbei“, so der Experte.
Anfang des Jahres hat sich das Unternehmen in Sachen werbliche Kommunikation neu aufgestellt. Das neue Dreamteam besteht aus drei Agenturen, die das 1.400 Mitarbeiter starke Handelsunternehmen fit für die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft machen sollen. Dazu gehört Thjnk München, die als Lead-Agentur fungiert und in einem erfolgreichen Pitch Serviceplan im Januar abgelöst hat. In Sachen digital arbeiten die Bayern mit der Bremer Agentur hmmh zusammen, die ausgewiesene Spezialisten im Connected Commerce und Multi-Channel-Business sind. Styleheads, Berlin, werden sich ab diesem Jahr um Influencer kümmern. Nicht am Ende des Tages, aber Ende des Jahres wird man sehen, ob SportScheck es schafft, dem Omni-Channel neues Leben einzuhauchen.