Messenger, Chatbots und ihr Einsatz fürs Marketing bestimmten Mitte des vergangenen Jahres die Headlines vieler Fachtitel. Sie beleuchteten eingehend die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten, die Messengerdienste Unternehmen bieten. Doch obwohl die Nutzerzahl nicht mehr so rasant ansteigt und es aktuell ein bisschen ruhiger um das Thema geworden zu sein scheint: Es ist viel passiert.
Einiges von dem, was in der letztjährigen Betrachtung noch Theorie war, ist mittlerweile Realität geworden. So hat Facebook im November 2016 offiziell Messenger Ads eingeführt. Marken können damit ihre Chatservices bewerben. Anzeigen im Newsfeed dienen dazu, neue Nutzer für die Chat-Bots zu gewinnen, mit Sponsored Messages in bestehenden Konversationen können Firmen den Dialog aufrechterhalten oder wiederaufnehmen.
Gleichzeitig hat Facebook seine Analytics-Funktionen auf den Messenger ausgeweitet, um Entwicklern von Chatbots Informationen über die Nutzung ihrer Angebote zur Verfügung zu stellen. Diese können jetzt ablesen, wie viele Nachrichten an und von dem Bot verschickt wurden. Über anonymisierte Informationen zu Alter, Bildungsstand, Geschlecht, Interessen, Herkunftsland oder der Sprache können sie Rückschlüsse auf die Nutzerstruktur ziehen. Seit Januar 2017 läuft darüber hinaus ein Test in Australien und Thailand, der es Marken erlaubt, Anzeigen auf dem Homescreen des Messengers zu platzieren. Auch für diesen Test gilt: Werbungtreibende können nicht wahllos Nutzer des Messengers auf der Plattform ansprechen, sondern lediglich diejenigen, die schon im Vorfeld einen Dialog mit dem Unternehmen initiiert haben.
Marken entdecken Chatbots für sich
Einige Marken nutzen die verfügbaren Werbeformate des Facebook-Messengers bereits. Kia Motors zum Beispiel: Für sein neues Hybridmodell Kia Niro hat der südkoreanische Autohersteller Ende 2016 einen Chatbot eingeführt. Der sogenannte NiroBot ermöglicht Interessenten, das Fahrzeug im Rahmen einer interaktiven Entdeckungstour näher kennenzulernen; er bietet beispielsweise Full-Screen-Bildergalerien, Tutorials und umfangreiche technische Informationen. Der Bot wurde zudem genutzt, um den Spot zum diesjährigen Super Bowl vorab zu veröffentlichen.
Auch in Deutschland experimentieren immer mehr Marken mit Chatbots im Facebook-Messenger. „Chad“ heißt ein Pilotprojekt von Opel, das Nutzern den einfachsten und schnellsten Weg zu Probefahrt ermöglichen soll. Über einen Link auf der entsprechenden Facebook-Seite gelangen die User in den Messenger, wo sie das gewünschte Modell, Ort und Zeit der Probefahrt und das nächstgelegene Opel-Autohaus wählen können.
„Mildred“ ist ein Angebot der Lufthansa, repräsentiert durch einen bebrillten Avatar mit grell-pinker Frisur, der für Kunden den günstigsten Preis für einen Flug sucht. Wer im Facebook-Messenger nach "Lufthansa Best Price" sucht, kann direkt mit ihr in Kontakt treten. Der User gibt Abflug- und Zielflughafen ein, "Mildred" findet dann in Sekundenschnelle den günstigsten Hin- und Rückflug innerhalb der nächsten neun Monate. Auch die Suche nach Wunschdatum ist möglich, die Buchung findet jedoch auf lufthansa.com statt.
Die Sparkasse nutzt den Facebook-Messenger, um ihre Bezahlfunktion Kwitt zu bewerben, ein Feature der mobile App, über das Geldbeträge von Handy zu Handy verschickt werden können. Mit Hilfe eines Messenger-Bots können Nutzer einen virtuellen Geldeintreiber beauftragen und ein personalisiertes Video erstellen, das sie direkt an Freunde schicken können. Alle, die keine Rechnungen mit ihren Freunden offen haben, können das tätowierte Muskelpaket auch andere Nachrichten ausrichten lassen.
Das sind nur ein paar Beispiele von über 30.000 Bots auf dem Facebook-Messenger weltweit. Die mittlerweile eine Milliarde Nutzer tauschen jeden Monat ebenfalls eine Milliarde Nachrichten über den Facebook-Messenger mit Unternehmen aus.
Diese Zahlen – und die Tatsache, dass Facebook kontinuierlich neue Funktionen und Anwendungsmöglichkeiten für Nutzer, Entwickler und Marken ergänzt – machen deutlich: Der Facebook-Messenger ist die wichtigste Plattform für alle Marken, die Messenger für ihr Marketing einsetzen möchten.
Nutzer bevorzugen (noch) persönlichen Kontakt
Doch nicht jeder Nutzer ist begeistert davon, den Dialog mit Unternehmen künftig über Maschinen zu führen. Einer aktuellen Umfrage des Marktforschungsunternehmens Fittkau & Maaß Consulting zufolge lehnt die Mehrheit der Online-Einkäufer die Kommunikation mit Chatbots ab. Der persönliche Kontakt wird bevorzugt. Das mag auch daran liegen, dass die meisten Bots noch nicht die Erwartungen erfüllen (können), die in sie gesetzt werden. Da viele Chatbot-Projekte in den Unternehmen als Experimente gesehen werden, fehlt es oft an nachhaltigen Konzepten. Zudem ist die Interaktion zwischen Maschine und Mensch häufig noch zu mechanisch.
Technik entwickelt sich weiter
Die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Sprachsteuerung könnten hier Abhilfe schaffen und die Interaktion natürlicher gestalten. Die Möglichkeit, mit Chatbots zu reden, könnte die Akzeptanz der Nutzer erhöhen. Doch die Fähigkeit, Gesprochenes richtig zu verstehen und zu interpretieren, ist eine der großen Herausforderungen, die Technologieunternehmen zu lösen versuchen. Hier liegen derzeit Amazon, Apple oder Google deutlich vor Facebook. Das soziale Netzwerk hat zwar die notwendige Technologie gekauft4 – verfügt aber noch nicht über eine funktionsfähige Spracheingabe für den Messenger.
Es wird spannend zu sehen, wie sich diese beiden großen Trends – Chatbots im Messenger und Spracherkennung – weiter annähern, welche Anwendungsmöglichkeiten daraus entstehen und welche Unternehmen diese am schnellsten in ihr Serviceangebot integrieren. Denn auch wenn viele Nutzer heute noch skeptisch sind – die richtige Lösung, die richtigen Inhalte, oder kurz: der erkennbare Mehrwert, hat schon so manche Marktforschung widerlegt.
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