Die digitale Werbebranche scheint technologisch besser gerüstet denn je. Sowohl die Einkaufs- wie auch die Verkaufsseite hat sich mit den nötigen Plattformen eingedeckt. Programmatic ist daher für dieses Jahr gesetzt. Doch 2017 wird es nicht nur darum gehen, den Mediaeinkauf für den Werbetreibenden effektiver und vor allem transparenter zu gestalten, sondern auch darum, mehr aus den eigenen Daten zu machen. ADZINE hat sich bei einigen Branchenvertretern umgehört und danach gefragt, welche Themen bei ihnen 2017 besonders im Fokus stehen werden.
"Echte" Cross-Channel-Kampagnen werden kommen
Nachdem das Buzzword Cross-Channel-Marketing schon länger in der Szene herumgeistert, fangen Unternehmen jetzt endlich richtig an, ihre technische Marketinginfrastruktur und ihre Marketingorganisationen darauf auszurichten. Als technische Basis benötigen die Unternehmen dafür mehrere Tools. Zum einen zur Datenkonsolidierung, z.B. DMP, Customer Data Platform (CDP), sowie zur kanalübergreifenden Entscheidung, welcher Nutzer welche Marketingkampagne über welchen Kanal erhalten soll, beispielsweise CDP, Digital Marketing Hub. Zudem werden Tools zur Auslieferung der Nachrichten benötigt, z.B. E-Mail, DSP, die sich gut in die aus den vorher genannten Bereichen integrieren lassen. Auf der organisatorischen Seite müssen die Kanalsilos aufgebrochen werden, indem beispielsweise Zielgruppenselektionen kanalübergreifend stattfinden und der „Kampf der Kanäle“ um Conversions durch eine wirkliche Cross-Channel-KPI-Betrachtung abgelöst wird. - Branchenexperte Manuel Hinz, Gründer und Geschäftsführer, CrossEngage.
Mehr Daten für eine personalisierte Marken-Kommunikation
Markenhersteller werden ihren Ansatz von zielgruppengerechtem Marketing dramatisch ändern. Anstatt sich auf statische, einmalig definierte und generierte Zielgruppensegmente zu verlassen mit statisch definierten User-IDs, die nur einen limitierten Teil des Gesamtpotenzials abdecken, werden Markenhersteller komplexe Profile nutzen, die ihnen Insights über individuelle Customer Journeys, personalisierte Kommunikation zwischen Marke und Konsument geräteübergreifend liefern, mit denen sie ihren Mediaeinkauf dynamisch über alle programmatischen Kanäle optimieren können, um einen maximalen Werbeeffekt zu erreichen. Der Bedarf von Markenherstellern an komplexer Zielgruppensegmentierung wird weiter steigen, was zu einem intensivierten und verbesserten Datenangebot seitens Vermarktern, Retailern und Telekommunikationsunternehmen führen wird. Der Einsatz des verbesserten Datenangebots für zielgruppenspezifisches Marketing wird einen positiven Effekt auf die Wahrnehmung von Werbeanzeigen und deren Werbewirkung haben und somit nicht nur die finanzielle Effizienz von Marketingmaßnahmen, sondern auch die Kundenakzeptanz und -zufriedenheit mit dem Content von Markenherstellern verbessern. - Branchenexperte Viktor Zawadzki, Region Manager DACH, Nordics and Central/Eastern Europe bei MediaMath.
Jeder Touchpoint kann der entscheidende sein
In den letzten Jahren hat die Digitalbranche noch immer vorrangig auf „Last Touch Attribution“ gesetzt. Das heißt, sie hat lediglich den letzten Touchpoint eines Leads vor der Konversion für eben jene verantwortlich gemacht. Eigentlich ist allen Akteuren im Markt klar, dass dieses Modell längst hinfällig ist, da es nicht mehr der vielschichtigen und komplexen Natur der Customer Journey folgt. Eine gute Kampagne wird 2017 sowohl über unterschiedliche Kanäle als auch über mehrere Endgeräte gespielt, um den Kunden am richtigen Ort und zum richtigen Zeitpunkt zu erreichen. Das „Last Touch Attribution“-Modell bildet die Beziehung zwischen einer Marke und einem Kunden daher nur unvollständig und oberflächlich ab. 2017 wird die Branche mithilfe verbesserter Technologien und effektiveren Modellings die ersten Testläufe von Attributionsmodellen durchführen können, die in der Lage sind, diese neue Komplexität hinreichend abzubilden. Wenn Marketingverantwortliche dieses Werkzeug an die Hand bekommen, wird sich automatisch auch die Art und Weise ändern, mit der sie ihren ROI messen und ihre Kampagnen planen. - Branchenexperte Oliver Hülse, Geschäftsführer DACH, Rocket Fuel.
Optimale Monetarisierung der eigenen Daten
Datenmonetarisierung ist DAS Schlagwort im letzten Jahr gewesen. Doch bedeutet es für viele Unternehmen schlicht, ihre Daten zu verkaufen, was sehr kurzfristig gedacht ist. Wenn Daten jedoch genutzt und ausgewertet werden, können sie als ein wesentlicher Treibstoff für neue Produkte und Innovationen sowie Unternehmensentscheidungen dienen. Dabei geht es nicht nur darum, Daten gewinnbringend einzusetzen, sondern sich den eigenen Wettbewerbsvorteil zu sichern. Allerdings braucht es Technologie, Know-how und eine Strategie, um dies langfristig gewinnbringend umzusetzen. Die optimale Monetarisierung von Daten steht daher bei vielen Unternehmen auf der Agenda für 2017. - Branchenexperte Daniel Neuhaus, CO-Founder & CEO, emetriq.
Werbetreibende schenken Video-Metriken mehr Beachtung
Video wird als Werbemittel immer beliebter. Je mehr Budget in dieses Format fließt, desto sorgfältiger sollte auch dessen Effektivität ausgewertet werden. 2016 wurden die Messmethodiken – auch innerhalb der klassischen "Walled Gardens" – schon wesentlich präziser. Auch im kommenden Jahr wird das Bewusstsein für Metriken wie Viewability, Brand Safety & Ad Fraud im Videobereich weiter steigen. Werbetreibende sichern ihre Ausgaben zunehmend gegen Betrug und riskante Werbeumfelder ab. - Branchenexperte Jonathan Nerbe, Sales Director DACH, Integral Ad Science.
Programmatic TV wächst langsam
Im Zuge des weiteren Wachstums von Videowerbung im Digitalbereich wird in 2017 die Branche verstärkt versuchen auch den klassischen TV Ein- und Verkauf programmatisch abzubilden. Die Hürden sind immer noch hoch, da sich eine gemeinsame Währung noch nicht finden ließ und auch technologisch sich der fragmentierte Technologiemarkt im TV Business mit den Online Medien nicht so wirklich anfreunden mag. Es gibt aber Player auf dem Markt, die fähige und fertige Lösungen produziert haben oder die aktuell dabei sind vollständige Lösungen zu entwickeln. Sehen wir hier die Anstrengungen von RTL, ProSiebenSat1, die verstärkt in den Advertising Technologie wie SpotX, SmartClip oder Virtual Minds investiert haben. Weitere Anbieter wie HoneycombTV, StickyAds (Freewheel) oder die Big Player wie Google und AppNexus belegen diesen Trend durch verstärkte Investitionen.- Branchenexperte Christian Hildebrandt, Hildebrandt IT- und Business Development.
Mobile Display wird dank Targeting und Programmatic zulegen
Der Trend weg vom Desktop hin zu Mobile wird 2017 noch an Schub zulegen. Am Markt etablieren sich kreativere und userfreundlichere mobile Werbemittel und Mobile Programmatic Advertising entwächst endgültig seinen Kinderschuhen. Innovative Möglichkeiten für einen immer intelligenteren Dateneinsatz befeuern diese Entwicklung. Nutzer werden verstärkt mittels Hyperlocal-Targeting sowie einer Werbemittelauslieferung rund um Points of Interest im passenden Micro-Moment mit dem richtigen Creative erreicht. Auch das Thema Branding über mobile Endgeräte wird in 2017 stark wachsen. - Branchenexperte Jan Heumüller, Managing Director DACH TabMo.
Höhere Datenqualität für die Mobile Attribution
Wenn es um User Acquisition bzw. Performance-Marketing geht, verlagert sich bei Mobile Marketingmanagern der Fokus mehr und mehr auf Qualität. Dabei ist Datengranularität für die Traffic-Qualitäts-Analyse elementar. Tiefe API-Integrationen und automatisiertes „Scrapen“ von E-Mail-Reports und Dashboards ermöglichen es effektiven Marketingteams, aus der Datenflut relevante Informationen zu bekommen, um ROI-bezogene Einblicke zu erhalten und somit verwertbare Marketingentscheidungen zu treffen. - Branchenexperte Julian Schroll, General Manager EMEA bei Singular.
Personalisierte Werbung und Native Advertising als Antwort auf die Adblocker-Debatte
Die Adblocker-Debatte dreht sich im Wesentlichen um die Tatsache, dass Werbung vom User oftmals als störend empfunden wird. 2017 wird die personalisierte Werbung jedoch weiter an Relevanz gewinnen. User werden zunehmend auf allen Kanälen für sie maßgeschneiderten Content erhalten. Native Ads runden die zu vermittelnde Markenidentität ideal ab. Auch wenn es an einigen Stellen noch Optimierungsbedarf gibt, werden personalisierte Werbung und Native Advertising die Relevanz und Akzeptanz der User für Werbung im Allgemeinen stark erhöhen. Ziel von Performance-Marketern sollte es also sein, Konsumenten nur noch Werbung für sie interessante Produkte zu zeigen, um so die Adblocker-Debatte zu beenden. - Branchenexperte Holger Brandt, Managing Partner, The Reach Group.
Contentempfehlungen statt Mobile-Banner
Neben Search und Social etabliert sich Content Discovery als dritter Pfeiler im Online-Marketingmix. Diese Art von Native Ads ermöglichen es Marketern, nun auch auf mobilen Kanälen eine große Zielgruppe zu erreichen, ohne diese mit Overlays zu nerven. Nativ eingebundene Content-Empfehlungen mit skalierbarer Reichweite auf Premiumseiten bieten zudem Targeting-Möglichkeiten, die auf individuellen und passiven Content-Vorlieben der User basieren. Diese Form der Ansprache hat sich durch den gesamten Sales-Funnel als besonders effektiv erwiesen. Schließlich entsteht ein Kaufanreiz nicht erst im Suchfeld. - Branchenexperte Alexander Erlmeier, Managing Director Central Europe, Outbrain.
Mehr Personalisierung im E-Commerce
Es war das Modewort des Jahres 2016 – und es wird die E-Commerce-Branche auch im Jahr 2017 auf Trab halten: Personalisierung. Im Marketingmix spielt die Personalisierung eine entscheidende Rolle. Besonders wichtig wird Personalisierung an der Stelle, wo die absolut getargeten Zielkunden durch personalisierte Werbung auf eine komplett unpersonalisierte Website treffen. Gerade in Deutschland ist dies noch viel zu häufig der Fall und leider Alltag. Die Aufgabe der Personalisierung besteht darin, „One-size-fits-all-Websites“ mit den gesammelten Daten in individuelle Einkaufs- und Leseerlebnisse zu verwandeln, die individuell an Zielgruppen angepasst werden. Artificial-Intelligence-Systeme arbeiten immer besser und werden in Zukunft eine größere Rolle spielen. Firmen versuchen, mithilfe von algorithmischen Produkten automatische Antworten für ihre Probleme zu finden – vor allem auch im Bereich der Personalisierung. Auch Technologien, die sich mehr damit beschäftigen, wie die Absichten der Kunden, mit der diese auf die Seite gekommen sind, erfasst werden können, erleben einen Aufschwung. - Branchenexperte Frank Piotraschke, Head of Sales DACH bei Optimizely.
Der Influencer-Markt wird sich weiter professionalisieren
Neue Influencer und neue Influencer-Marketingagenturen werden auf den Markt strömen. Die Herausforderung für Marken wird es sein, hier noch gezielter auszuwählen, welcher Influencer zum eigenen Image und den eigenen Zielen passt. Glaubwürdigkeit und Authentizität sind das A und O. Hier werden die sogenannten Micro-Influencer an Bedeutung gewinnen, mit denen Marken enge Verbindungen eingehen können. Anders als bei berühmten Mega-Influencern mit Millionen Followern liegt ihr Potenzial genau darin, ein ausgewähltes Publikum anzusprechen, das sich durch starkes Engagement auszeichnet. Reichweite bedeutet hier nicht immer gleich Qualität. Auch in puncto Messbarkeit dürfen wir uns 2017 auf verbesserte und neue Tools freuen. - Branchenexpertin Vanessa Bouwman, Managing Director von We Are Social, München.
SEA wird vor allem mobil
Das rapide Wachstum der mobilen Internetnutzung macht das Umdenken einer ganzen Branche nötig – Für das Search Engine Advertising (SEA) ist der mobile Hype nicht irgendein Trend, er revolutioniert die Suche an sich. Auf dem Smartphone ist wenig Platz und Scrollen ist umständlich. Der sichtbare Bildschirmbereich ist oft komplett mit bezahlten Anzeigen ausgefüllt und viele Nutzer begnügen sich damit und scrollen nicht zu den organischen Ergebnissen. Damit steigt die Bedeutung der Anzeigen im oberen Bereich und SEA rückt in den Fokus – während die Bedeutung von SEO überdacht werden muss. - Branchenexperte Wolfgang Schilling, Managing Director von der Agentur ad agents.
Marketer holen sich die Kontrolle zurück
2017 werden einige Marketer aufwachen und feststellen, daß sie die wirkliche Ausgabenstruktur ihres Mediabudgets nicht mehr verstehen und analysieren können, da zu viele Kanäle, zu viele Daten mit zu wenig Wissen verbunden sind. Im Zuge des allgemeinen Digitalisierungshypes werden vermehrt auch mit Hilfe der erstarkenden Consulting-Agenturen Prozesse überprüft und wieder ins Haus zurückgeholt oder elementar geändert. Diese sich verändernde “digitale” Unternehmenskultur und die damit verbundene Lernkurve wird Unternehmensverantwortliche in die Lage versetzen auch Einkaufsprozesse, Budgetierung und Mediaplanung zu verstehen und momentane Vergabetechniken in Frage zu stellen. Die Unternehmen werden sich damit die Technologieführerschaft und die Datenhoheit zurückholen. Am Anfang langsam, aber dann stetig Geschwindigkeit aufnehmen. Sie werden verstehen, dass ihre Daten, ihre Technologie und ihr Wissen die Differenzierung zu ihren Mitbewerbern ausmacht. - Branchenexperte Christian Hildebrandt, Hildebrandt IT- und Business Development.
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