Einfach und wirkungsvoll: Das ist Retargeting. Insbesondere Online-Händler wissen die Wiederansprache von Interessenten zu schätzen. Thematisch ist Retargeting seit Jahren ein Dauerbrenner im Performance-Marketing. Doch Stillstand gab es nie: Kontinuierlich hat sich die Qualität der Ansprache verbessert. Neue Techniken und neue Ideen treiben das Retargeting jetzt weiter voran – und eröffnen ganz neue Möglichkeiten.
Wenn es darum geht, Conversions zu erzielen, gehört Retargeting in jeden Kampagnenmix. Um das gesamte Potenzial dieser Wiederansprache auszunutzen, ist die Branche stets auf der Suche nach Verbesserungen. Ansatzpunkte gibt es viele: Einer davon ist die Exaktheit des Targetings. Beim Technologieunternehmen Quantcast sieht man zum Beispiel die Qualität des Retargetings immer im Zusammenhang mit dem Prospecting. „Nur wer beim Prospecting die richtigen Nutzer anspricht, kann effizientes Retargeting betreiben“, sagt Paco Panconcelli, Managing Director von Quantcast Deutschland. In Zeiten von Big Data kann die anschließende Wiederansprache der Nutzer immer präziser erfolgen.
„Es sind nicht mehr Daten in den Markt gekommen, aber es ist einfacher und kostengünstiger, diese Daten zu speichern, zu verarbeiten und anzuwenden“, sagt Panconcelli. So können immer mehr Informationen herangezogen werden, um Targeting-Merkmale zu kreieren. Neben der technischen Basis fließen auch Kauf- und Nutzungsverhalten immer detaillierter in das Targeting ein.
Sind die richtigen Nutzer identifiziert, stellen jedoch Gerätewechsel eine große Hürde für die Wiederansprache dar. Denn viele Onliner benutzen innerhalb einer Customer Journey mehrere Devices. Sie starten zum Beispiel eine Recherche auf dem Smartphone, informieren sich ausführlich am Desktoprechner und kaufen in einer ruhigen Stunde via Tablet ein. Schnell verliert sich die Spur des Interessenten in den digitalen Weiten der Gerätevielfalt. Soziale Netzwerke wie Facebook und Google sind hier im Vorteil. Sie betreiben große Communitys, in denen Nutzer sich einloggen – und meist auch eingeloggt bleiben. Ein Traum für Marketer, denn im eingeloggten Zustand können die Nutzer geräteübergreifend erkannt und angesprochen werden.
Für den Retargeting-Anbieter Criteo ist Facebook heute ein wichtiger taktischer Partner. Ein Vorteil der Partnerschaft besteht darin, dass Criteo-Kunden ihre Nutzer sowohl auf Facebook als auch im restlichen Web wiederfinden und ansprechen können. So ergibt sich ein Gesamtbild des Users. Wird der potenzielle Kunde auf Facebook entdeckt, kann Criteo ihn auf allen Geräten ansprechen, auf denen er sich einloggt. Also egal, ob der Nutzer auf einem Desktopcomputer, einem Tablet oder mit dem Smartphone Facebook nutzt – er bekommt überall die zur individuellen Customer Journey passende Werbebotschaft.
Cross-Device Retargeting
Criteo bietet aber auch eine eigene Lösung der deviceübergreifenden Ansprache. Dazu arbeitet der Retargeting-Anbieter mit seinen Werbekunden zusammen. Loggt sich ein Konsument bei einem Werbekunden ein, übergibt der Werbekunde einen Unique Identifier an Criteo, zum Beispiel eine mittels MD5 verschlüsselte E-Mail-Adresse. Dies erfolgt anonymisiert und datenschutzkonform. Über alle Kunden hinweg werden diese anonymisierten Informationen dann gepoolt.
Den Vorteil dieses Vorgehens verdeutlicht ein Beispiel: Loggt sich ein Konsument am Morgen bei dem Criteo-Kunden „Shop A“ mit dem Smartphone ein und am Abend via Desktopcomputer beim Criteo-Kunden „Shop B“, so kann der Retargeting-Anbieter beide Geräte dem gleichen Nutzer zuordnen. So könnte der Interessent also auf seinem Smartphone von Shop B mit Mobile-Retargeting-Anzeigen angesprochen werden, obwohl er Shop B noch nie über das Smartphone angesurft hat. „30 bis 40% der Nutzer erkennen wir bereits auf mehr als einem Gerät wieder“, sagt Criteo-Geschäftsführer Alexander Gösswein. Etwa 60 bis 70% der Criteo-Kunden beteiligen sich mittlerweile an diesem Datenpool.
Besonders spannend wird es jedoch, wenn der Link zwischen Online- und Offline-Welt gelingt. Criteo hat in Paris und London bereits zwei stationäre Geschäfte mit kleinen Bluetooth-Sendern ausgestattet, sogenannten Beacons. „Auf diese Weise können wir das reale Nutzerverhalten tracken und die Filialbesucher im Nachgang mit passenden Werbebannern auf dem Smartphone ansprechen“, sagt Gösswein. Auch hier funktioniert die Identifizierung der User über einen anonymisierten Unique Identifier. „Technisch gesehen ist Offline nichts anderes als ein weiterer Kanal, der in die Customer Journey einfließt“, so Gösswein.
Offline-Online-Retargeting im Kommen
Das Offline-Online-Retargeting kommt immer mehr in Schwung, denn es verspricht stationären Händlern ganz neue Möglichkeiten der Ansprache. „Online-Händler haben einen Datenvorsprung, wir stellen die Chancengleichheit her“, sagt Jan Phillip Hofste, Head of Advertising Technology bei Minodes. Das Berliner Unternehmen hat im großen Stil WiFi-Hardware bei stationären Händlern verbaut. Am Anfang diente dies der Laufweganalyse. Seit etwa einem Jahr stellt man den Retailern die Daten der rund 17.000 installierten Sender auch für werbliche Zwecke zur Verfügung. „Das Offline-Online-Retargeting rückt immer mehr in den Fokus“, sagt Hofste.
Technologisch handelt es sich um ein Zusammenspiel aus den von Minodes in den Stores verbauten WLAN-Sensoren und speziellen SDKs, die das Unternehmen in diverse Smartphone-Apps integriert hat. Der Store-Besucher muss sich mit seinem Handy nicht in ein WLAN einloggen. Vielmehr nutzt Minodes für das Nutzertracking den sogenannten Probe Request. Mit diesem Request sucht ein Smartphone automatisch alle paar Sekunden nach bekannten WLAN-Accesspoints in der Nähe. Am Ende eines jeden Requests meldet sich Minodes beim Smartphone und das SDK sendet eine Nachricht mit dem Advertising Identifier des Nutzers an den Targeting-Anbieter. Aufgrund der WLAN-Stärke lässt sich klar unterscheiden, ob ein Nutzer nur Passant ist oder wirklich den Laden betritt. Die Nutzererlaubnis zur Werbeansprache ist durch den App-Betreiber sichergestellt, in dessen Applikation ein Minodes-SDK integriert ist.
Der Clou an der Minodes-Lösung: Die Werbeaussteuerung erfolgt via Facebook. Das heißt, die Werbebotschaft erreicht den Nutzer auf Facebook geräteübergreifend. Dieses Gesamtsetup eröffnet Marketern bisher ungeahnte Möglichkeiten. Ein Beispiel: Der Besucher eines Kaufhauses, der sich in der Schuhabteilung für Winterschuhe interessiert, kann später auf seinem stationären Computer an seinen Kaufhausbesuch und die gesehenen Winterschuhe erinnert werden – und das, obwohl er noch nie die Website des Kaufhauses oder der Schuhmarke angesurft hat. Ebenso ist es möglich, dass diese Retargeting-Werbung ihn nicht zum Besuch der Website auffordert, sondern zurück ins stationäre Kaufhaus lockt – zum Beispiel mit einem Coupon. Um Offline-Online-Retargeting-Kampagnen auszuspielen, arbeitet Minodes parallel auch mit größeren Agenturen zusammen. In diesem Fall werden die Daten über eine DMP verfügbar gemacht und die Agenturen können die Kampagnen über ihre eigenen Technologien aussteuern.
In der Erprobung ist momentan das In-Store-Tracking im Umfeld von Werbeaufstellern. So ließe sich das Interesse an Werbeaktionen innerhalb eines Ladens feststellen, aber auch ein entsprechendes Retargeting aufsetzen. Die Möglichkeiten sind enorm.
Auch bei Quantcast weiß man um das Potenzial der Offline-Daten. Hier verfolgt man aber einen anderen Ansatz. Mit seinem Projekt „Audience Grid“ möchte das Unternehmen eine ganz neue Möglichkeit schaffen, Werbung auszuspielen. Das ist ein Beispiel, wie Offline-Daten mit eigenen, proprietären Online-Daten kombiniert werden können. „Es geht nicht darum, unsere Daten anzureichern oder zu vergrößern. Ziel ist es vielmehr, ganz neue Kunden-Personas zu erstellen, die auf Online-Profilen basieren, aber gleichzeitig abbilden, wie sich Verbraucher Offline verhalten“, erläutert Panconcelli. Dies ist im ersten Schritt noch kein Retargeting. Es soll aber die Basis schaffen, damit die Wiederansprache von Interessenten effizienter und relevanter wird.
Man darf auf die weiteren Entwicklungen im Retargeting gespannt sein. Vor allem der Kanal „Offline“ hat enormes Potenzial für das digitale Performance-Marketing.
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