Es ist noch ein langer Weg für Programmatic TV in Deutschland
Assen Saraiwanow, 23. November 2016Programmatic TV, IPTV und Smart-TV sind derzeit unter den wichtigsten Schlagwörtern in der Branche. Es gibt noch viele Fragen rund um Programmatic TV, aber eines ist sicher – in den nächsten 2–3 Jahren wird sich die Art und Weise, in der TV-Werbespots eingekauft und verkauft werden, grundlegend verändern. Die Branche arbeitet fieberhaft an technischen Standards für eine einheitliche Umsetzung und es müssen noch einige Missverständnisse aufgeklärt und Hürden überwunden werden, bis programmatisches Marketing auch bei TV-Werbung die Norm wird.
Programmatic TV, Smart-TV oder IP-basiertes Fernsehen?
Häufig wird in den Medien von Programmatic TV gesprochen, aber nicht immer handelt es sich wirklich um Programmatic TV. Eine Herausforderung sind die vielen neuen Begriffe und hinzu kommt, dass diese von Land zu Land und manchmal sogar von Firma zu Firma unterschiedlich sind. In den meisten Fällen wird zwischen diesen drei Arten unterschieden:
Programmatic Linear: Unter „Programmatic Linear“ versteht man das gezielte Targeting von Werbespots in Echtzeit (RTB) über eine automatisierte Plattform. Ein TV-Spot erscheint also im laufenden Programm, kann aber wesentlich besser auf die Zielgruppe ausgesteuert werden als traditionelle TV-Werbung. Alle Zuschauer des Fernsehprograms sehen dabei denselben Spot.
Adressierbare TV-Werbung: Was international als „Addressable TV“ bekannt ist, ist in Deutschland derzeit nur eingeschränkt möglich. Es gibt ein Verbot regionalisierter Werbung im privaten Fernsehen, das die großen Sender wie Prosieben-Sat1 und RTL davon abhält, diese neuen Möglichkeiten voll auszuschöpfen. Im Prinzip heißt “addressable”, dass Werbespots nur an bestimmte Haushalte adressiert werden, womit es möglich ist, dass z. B. Nachbarn die gleiche Serie zur gleichen Zeit schauen, aber unterschiedliche Werbespots sehen.
Connected TV: Der Begriff „Connected“ bezieht sich entweder auf Smart-TVs mit Internetanbindung oder auf Fernseher, die über Set-Top-Boxen oder Over-the-Top- (OTT-)Geräte wie z. B. Playstation oder Xbox mit dem Internet verbunden sind. Dadurch können Werbespots über das Internet gezielt an die richtige Zielgruppe gesendet werden. Zurzeit sind dies in Deutschland oft Sonderformate, die eher Bannern als TV-Spots ähneln.
Die ersten Schritte in Richtung Programmatic TV
Einiges hat sich bereits in die richtige Richtung entwickelt: Der technische Standard HbbTV 2.0 (Hybrid Broadcasting Broadband TV) wurde für lineares Fernsehen entwickelt und ermöglicht es, kurze Werbefilme auf dem TV-Screen zu zeigen, ohne dass dabei in das Signal eingegriffen wird.
Die ersten Kunden in Deutschland arbeiten an Programmatic-TV-Kampagnen. Mediacom und IP Deutschland, Vermarkter der Mediengruppe RTL, haben im Bereich lineares TV eine gemeinsame Lösung präsentiert, die es Werbetreibenden ermöglicht, TV-Werbung in Echtzeit zu buchen, einzukaufen und zu optimieren, allerdings ist das aktuell nur manuell möglich.
Ein weiteres Beispiel ist SevenOne Media, die Zusatzwerbeformate wie Werbebanner über IP-basiertes TV anbieten. Es ist aber zu beachten, dass es sich hierbei nicht um Bewegtbildwerbung handelt.
Derzeit nur manuelle Abwicklung
Wie eingangs erwähnt, gibt es in Deutschland rechtliche Einschränkungen für adressierbares Fernsehen bei landesweiten Sendern und hinzu kommt, dass der neue HbbTV-2.0-Standard noch nicht weitverbreitet, sondern gerade erst in den neuesten Smart-TVs vorhanden ist. Dieser Standard ist allerdings notwendig, um Bewegtbildwerbung einwandfrei auszuspielen.
Ein weiteres Problem ist, dass es zurzeit wesentlich mehr Nachfrage als Inventar z. B. für Connected TV gibt.
Das Interesse für besseres Targeting und automatisiertes Buchen und Ausliefern von TV-Werbung ist definitiv vorhanden. Private und öffentlich-rechtliche Sender investieren auch verstärkt in diesen Bereich, aber damit Programmatic TV auch in Deutschland Realität werden kann, müssen noch einige Herausforderungen überwunden werden.
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