Data und Content sind die wahrscheinlich meistgenutzten Buzzwords im digitalen Marketing der vergangenen Jahre. Auch wenn der Hype um beide merklich abgeflacht, teilweise gar einer gewissen Ernüchterung gewichen ist: Data und Content sind heute feste Bestandteile jeder guten Marketingstrategie. Doch wie müssen Marketer vorgehen, um Data-Driven Content erfolgreich einzusetzen?
Von beidem können Unternehmen gar nicht zu viel haben, so scheint es. „Je mehr Kundendaten, desto besser der Content“ lautet die scheinbar einfache Formel, „Data-Driven Content“ das dazu gehörige Schlagwort. Unternehmen werden so in die Lage versetzt, Konsumenten auf deren individuelle Bedürfnisse zugeschnittene Inhalte anzubieten – zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort, idealerweise sogar personalisiert. Aus anonymer Massenkommunikation werden relevante Interaktionen.
Das hört sich theoretisch gut an. Allein – es hapert weiterhin in der Praxis.
King Content oder Data Oil?
Anfänglich schien es, als spalte sich das Marketingvolk in zwei konkurrierende Lager. Auf der einen Seite die Kreativen, die sich von der durch den Big Data-Hype ausgelösten Datenversessenheit bedroht und in ihrem Schaffen eingeschränkt fühlten. Auf der anderen Seite die Analysten, die Daten als „Öl der Digitalisierung“ bezeichneten und selbstbewusst verkündeten, dem kreativen Prozess die ihm innewohnende Unordnung und das Risiko zu entziehen. Doch die Lücke ist dabei, sich zu schließen. Denn die Beziehung zwischen Data und Content ist seit jeher symbiotischer Natur.
Schon immer dienen Daten über die Zielgruppe als Inspiration für die Entwicklung kreativer und zielgerichteter Inhalte. Sie sind ein effektives Mittel, um Muster im Verhalten von Konsumenten zu erkennen, und darüber hinaus sehr wertvoll als Feedbackinstrument. Doch sie ersetzen nicht eine gute Idee und den oft holprigen Prozess ihrer Entstehung.
Im besten Fall also ergänzen sich Data und Content. Und trotzdem: Selbst wenn beides zu Genüge vorhanden ist, ist das noch keine Garantie für wirksame, effiziente und vor allem relevante Kommunikation. Das hat kürzlich wieder der Fall Procter & Gamble und Facebook gezeigt. „Facebook gefällt nicht mehr“, titelte die FAZ, als Marc Pritchard, Chief Brand Officer von Procter & Gamble, verkündete, man habe das Targeting auf Basis von Nutzerdaten überstrapaziert und würde die Strategie auf Facebook zugunsten größerer Reichweite anpassen. Nun darf man jedoch nicht den Fehler machen, aufgrund dieses und ähnlich gelagerter Beispiele die ganze Methode in Frage zu stellen. Für viele Marken und Produkte macht es durchaus Sinn, bestimmte Segmente möglichst spitz und individuell anzusprechen. Für die Haushaltsmarken von Procter & Gamble eben weniger. Eigentlich nicht überraschend.
Denn letztlich gilt auch in Zeiten von data-driven Content: Konsumentenzentriertes Marketing ist mehr als Malen nach Zahlen.
Aus Daten müssen Insights werden
Die Digitalisierung ermöglicht Marketern den Zugang zu einem bisher nie dagewesenen Datenpool. An so gut wie jedem Kontaktpunkt mit einem Unternehmen hinterlässt der Nutzer ein Signal. Man kann allerdings noch so viele Daten sammeln, ohne Interpretation bleiben sie nutzlos.
Auch die Produktion von Inhalten ist heute technisch relativ einfach. Doch ohne Relevanz für den Konsumenten gehen diese im ohnehin relativ lauten Grundrauschen des Internets unter. Um Data und Content also optimal einzusetzen, bedarf es einer Verbindung zwischen beiden in Form eines starken Insights.
Denn während Daten in ihrer Aussagekraft begrenzt sind – weil sie meist vergangenes, teilweise aktuelles und in Zeiten von künstlicher Intelligenz vielleicht sogar zukünftiges Verhalten zwar beschreiben, nicht aber erklären – helfen Insights dabei, diese Informationen zu kontextualisieren. Solche Einsichten basieren auf Daten, gepaart mit dem empathischen Verständnis der Bedürfnisse und Motivationen von Menschen. Sie dienen als Inspiration, um ein ideales Zukunftsbild zu entwerfen, zum Beispiel in Form einer differenzierenden Markenpositionierung. Anhand dieses Zukunftsbildes kann definiert werden, welche Inhalte entwickelt und an welchen Kontaktpunkten diese ausgespielt werden müssen.
Die Bedeutung in der Customer Journey
Wie effektiv data-driven Content im Marketing ist, hängt auch von der jeweiligen Phase der Customer Journey ab, in der sich der Kunde befindet. Grundsätzlich lässt sich festhalten: Je weiter ein Interessent im Kaufentscheidungsprozess fortgeschritten ist, desto spezifischer sein Interesse an bestimmten Inhalten, desto wichtiger werden Daten und der daraus abgeleitete passende Content. Möchte eine Marke anfänglich das Interesse möglichst vieler Menschen wecken, ist eine zu starke Fragmentierung der Ansprache wenig sinnvoll, wie das oben genannte Beispiel von Procter & Gamble zeigt. Es sollte jedoch sicher gestellt sein, dass das Onlineverhalten der Nutzer im Verlauf ihres Entscheidungsprozesses erfasst wird, um diese Personen in späteren Phasen mit den für sie wichtigsten Inhalten zu versorgen und so etwaige Brüche in der Customer Journey zu vermeiden.
Ein Beispiel illustriert das: Hat sich zum Beispiel ein Nutzer auf der Seite eines Automobilherstellers für ein bestimmtes Modell interessiert und dieses sogar schon konfiguriert, stellen Anzeigen mit Angeboten für diese Konfiguration relevante Informationen dar.
So klappt’s mit dem Dreiklang
Doch wie müssen Marketer vorgehen, um Data-Driven Content erfolgreich einzusetzen?
1. Daten erfassen
Marketing-Verantwortlichen stehen erstmalig die technologischen Mittel zu Verfügung, die Signale eines Nutzers entlang der Customer Journey zu sammeln und verwerten. Dabei gilt es, möglichst viele unterschiedliche Datenquellen rechtskonform und intelligent zu verknüpfen, damit der User sich individuell angesprochen fühlt, ohne dabei den Eindruck zu bekommen, von Werbung verfolgt zu werden.
2. Organisation aufstellen
Mit der Implementierung der hierfür notwendigen Infrastruktur sind finanzielle, technologische und vor allem auch organisatorische Aufwände verbunden. Denn häufig gilt es, interne Silos traditioneller Unternehmensstrukturen aufzubrechen, um gesammelte Informationen in der Breite verfügbar und für die Entwicklung mehrwertstiftender Angebote nutzbar zu machen.
3. Ziele definieren
Viele Organisationen fühlen sich überfordert von der Menge an Informationen und stehen wie paralysiert vor einem riesigen Datenberg, mit dem sie wenig anzufangen wissen. Natürlich gibt es immer mal wieder den Fall, dass man eine überraschende Entdeckung im Datenpool macht, die eine geniale Idee inspiriert. Aber tatsächlich ist das nicht die Regel.
Deshalb sollten sich Unternehmen nicht blind in die Datensammelei stürzen, sondern sich vorher Gedanken machen, was sie erreichen wollen. Die Konzentration auf einen konkreten Use Case inklusive einer klaren Zielsetzung ist hilfreich, um zu definieren, welche Daten benötigt werden und wie diese generiert, strukturiert, aufbereitet und integriert werden können. Möchte ein Dienstleister beispielsweise die Kundenbindung stärken, indem Beschwerden von Kunden schneller erkannt und individuell adressiert werden, bieten sich die sozialen Medien als wichtige Datenquelle an. Allerdings reicht es nicht, alle Erwähnungen des eigenen Unternehmens in den einzelnen Netzwerken zu erfassen – diese unstrukturierten, textuellen Informationen müssen zudem in Echtzeit semantisch analysiert und intelligent nach möglichen Servicefällen gruppiert werden, um sie nutzbar zu machen.
4. Insights herausarbeiten
Im Hinblick auf die definierte Zielsetzung und -gruppe lässt sich ein zentraler Insight herausarbeiten, der als Leitplanke für die spätere Umsetzung funktioniert. Hierzu bleibt es auch trotz der immensen Fortschritte im Bereich künstliche Intelligenz und Machine Learning weiterhin notwendig, das quantitative Feld der Daten zu verlassen und sich direkt mit den Konsumenten auseinanderzusetzen, zum Beispiel durch Kundeninterviews oder Consumer Diaries. Nur so lässt sich nicht bloß beantworten, was Menschen in den einzelnen Phasen der Entscheidungsfindung tun – sondern auch warum.
5. Content entwickeln
Es sind solche Insights, die die Basis für die Entwicklung nutzenstiftenden Contents darstellen. Diesen gilt es – gemäß der Anforderungen heutiger Konsumenten – wertig aufzubereiten und formal für die einzelnen Kontaktanlässe und -kanäle zu konfektionieren, um der jeweiligen Nutzungssituation Rechnung zu tragen. So ist die Bereitschaft, sich einen 30-Sekunden-Spot anzusehen, abends auf dem Sofa vor dem TV deutlich größer als morgens in der U-Bahn zwischen zwei Youtube-Clips.
Fest steht: Data und Content sind ein perfektes Paar – und brauchen dennoch einen Dritten: den Insight. Denn erst durch das Zusammenwirken dieser drei Kräfte entstehen wirklich relevante Interaktionen zwischen Menschen und Unternehmen.
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