Mit zunehmender mobiler Nutzung sinkt auch der Platz für Werbung. Grund: Besonders auf dem persönlichsten Gerät möchten viele Publisher – zurecht – nicht allzu stark in das Nutzererlebnis eingreifen und stellen weniger Werbeflächen zur Verfügung. Es stellt sich jedoch die Frage, wie weit Vermarkter diese Strategie verfolgen können, bis sie nach Kompensation für die geringere Inventargröße suchen müssen, und welche Konsequenzen sie letztendlich ziehen.
Mobile-Nutzung nimmt seit Jahren zu
Der Wandel von Desktop zu Mobile könnte Vermarkter und Advertiser vor eine Situation stellen, die nicht allen gefallen dürfte: Die Werbeplätze werden knapp. Gerade im beliebten, weil sicheren Premiumumfeld könnte schon bald Knappheit herrschen. Im Bereich Videowerbung tritt dieser Fall bereits ein. Es gibt einfach nicht genug Premiumumfeld, um die Nachfrage zu sättigen. Deswegen haben Unternehmen wie Teads bereits vor einiger Zeit die Konsequenz daraus gezogen und Outstream-Videoformate entwickelt, um der Knappheit entgegenzuwirken.
Durch die vermehrte mobile Nutzung könnte dieses Problem nun auch Displaywerbung erreichen. Aus den Angaben des GfK Crossmedia Link-Panels geht hervor, dass bereits 2015 die Nutzer von Desktop und mobilen Geräten mehr als zwei Drittel ihrer Zeit im mobilen Umfeld online verbrachten (68 Prozent). Doch mit schwindender Nutzungsdauer auf dem Desktop verringern sich auch die Plätze, auf denen Werbung ausgestrahlt werden kann.
Für Werbetreibende stellt dies zunächst kein größeres Problem dar. Mobile bietet ohnehin ein intimeres Umfeld für Werbung und die Möglichkeit, auch mit interaktiven Sonderformaten zu experimentieren. Was diese Entwicklung bedeutet, zeigt die Prognose des Mediaagenturnetzwerks Carat für 2017. Schon im nächsten Jahr sollen die Werbeausgaben für Werbung im Bereich Mobile die Ausgaben im Bereich Desktopdisplay überholen. Erst wenn Publisher das geringere Werbeinventar kompensieren müssen und die Preise anziehen, könnte auch für Werbetreibende der Moment gekommen sein, ihre Budgets neu zu überdenken.
Kommt die Inventarknappheit?
Mit wachenden Nutzerzahlen und mehr Werbeausgaben im Bereich Mobile ist zu erwarten, dass Werbetreibende ihren Fokus auf die mobilen Geräte ausrichten werden und es schon bald zu einem Engpass von Premiuminventar im Bereich Mobile kommen wird.
Alles halb so wild, meint Harald Winkelhofer, CEO und Gründer von IQ Mobile. Als Leiter einer Mediaagentur macht er andere Erfahrungen: „Es gibt derzeit viel mehr Mobile-Advertising-Inventar, als die Werber buchen, und das wird sich auch in Zukunft wahrscheinlich nicht ändern. Es wird zukünftig immer mehr mobile Werbeformen und -plätze geben, als die Werber Geld haben, zu buchen.“
Für Marken scheint momentan die beste Zeit zu sein, um günstig Mobile-Inventar einzukaufen. Winkelhofer sagt: „Mobile Werbung ist vergleichsweise günstig. Vor allem wenn man den Nutzen mit einbezieht.“ Er ergänzt: „Es gibt Publisher, die sich auch im Premiumbereich für den programmatischen Handel öffnen, da ihre Startseiten und Premiumplatzierungen häufig nicht ausgebucht sind.“
Aus Sicht vieler Medien ist diese Lage denkbar ungünstig. „Sie würden sich freuen, wenn ihre Apps und mobilen Websites häufiger gebucht wären und mehr Werber hätten. Momentan stehen sie häufig leer“, berichtet Winkelhofer.
Mobile-Inventar muss Mehrwert bieten
Auf Vermarkterseite sieht man eine wachsende Nachfrage nach mobilen Inventar. Von einer aufkommenden Knappheit des Premiuminventars wird hier nicht gesprochen. Publisher scheinen besonders mit Werbeformaten abseits des Standards bereits jetzt schon gute Preise zu erzielen, wie Stefan Schumacher, Executive Director Digital G+J e|MS, berichtet.
Besonders Programmatic sieht er nicht als Resteverwertung, sondern als weiteren Verkaufsmotor von Premiuminventar: „Generell sehen wir schon heute, dass für bestimmte Formate attraktive Preise zu erzielen sind. Dies liegt an der wachsenden Nachfrage nach immer komplexeren Native-Advertising-Lösungen und maßgeschneiderten Ad Specials, zum anderen an den Effekten von Programmatic Mobile. Denn allen immer noch bestehenden Vorurteilen zum Trotz ist der programmatische Einkauf nicht ‚Rudis Resterampe‘, sondern hier lassen sich für Premium-Mobile-Umfelder auch sehr gute Preise erzielen. Im Falle von besonderen Premiumformaten oder maßgeschneiderten Sonderinszenierungen kann sich auch die starke Nachfrage nach bestimmten exklusiven Platzierungen auf den Preis auswirken.“
Zudem bietet Mobile-Werbung einen Mehrwert, den Vermarkter ebenfalls in ihre Preispolitik einrechnen können, um die geringe Bannerdichte im sichtbaren Bereich auszugleichen und gleichzeitig Werbetreibenden neue Möglichkeiten zu eröffnen. Schumacher sagt dazu: „Gerade Targeting ist für das Eingehen auf die individuelle Nutzungssituation und -verfassung ein elementarer Aspekt bei mobilen Kommunikationslösungen, dessen Relevanz sich auch entsprechend im Preis niederschlägt. Und natürlich profitieren wir auch von der wachsenden Zahl crossdigitaler Kampagnen. Aufgrund der zunehmenden Verschmelzung stationärer und mobiler Nutzung ist eine Multiplattformstrategie für eine Marke inzwischen unabdingbar, um an allen relevanten digitalen Touchpoints präsent zu sein und einen adäquaten Zielgruppendialog passend zur jeweiligen Nutzungssituation aufzubauen.“
Von einer Knappheit des Premiuminventars auf mobilen Webseiten kann zumindest in absehbarer Zukunft noch nicht gesprochen werden. Marken scheinen nach wie vor noch nicht im vollen Umfang mobil zu werben und folgen nur langsam ihren Nutzern in das mobile Umfeld. Auf der anderen Seite können große Publisher zusätzlich zum simplen Angebot von Mobile-Inventar bereits jetzt Optionen bieten, die ihr Angebot durch Location-based Targeting oder Cross-Plattform-Deals für den Advertiser attraktiver gestalten.
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