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ECOMMERCE - Editorial

Instant Order im E-Commerce: Nach dem Dash Button kommt die Sprachassistentin

Jens von Rauchhaupt, 1. September 2016
Foto: Amazon Presse Amazon Dash Button

Amazon bringt also die Dash Buttons nach Deutschland. Für alle, die es noch nicht mitbekommen haben, weil sie gerade erst aus ihrem Urlaubsflieger gestolpert sind: Der Dash Button ist ein kleiner physischer Knopf, der mit dem WLAN verbunden ist. Auf diese Weise können Verbraucher per Knopfdruck ein Produkt schnell und unkompliziert im Webstore von Amazon ordern – ohne dabei irgendwie ins Internet gehen zu müssen.

Kein Klopapier mehr? Kein Problem. Rasiergel alle, völlig egal. Ein Druck auf den jeweiligen Button und schon lösen Sie eine Online-Bestellung für das Produkt aus, deren Lieferung am Folgetag für Amazon-Prime-Mitglieder – und die ist Voraussetzung für den ganzen Spaß – frei Haus ist. Die kleinen Knöpfe sind gebrandet und stehen immer für eine Marke, die der Nutzer über seine Amazon App nach Produktwahl und Kaufmenge einrichtet. Mithilfe eines Klebestreifens und eines Hakens können die Knöpfe problemlos an jeder x-beliebigen Stelle im Haus angebracht werden. Ob an einer Waschmaschine, am Badezimmerregal, im Werkzeugkeller, wenn mal wieder die Dübel alle sind, und, und, und … Der Einsatz ist überall dort sinnvoll, wo schnell verbrauchte Produkte – Fast Moving Consumer Goods (FMCG) – ebenso schnell ersetzt werden sollen.

Die FMCG-Hersteller sind die aktivsten Akteure am Werbemarkt. Allein in Deutschland gaben sie laut Statista im Jahr 2015 6,63 Mrd. Euro für Werbung aus. Für FCMG-Marken sind diese Dash Buttons womöglich Segen und Fluch zugleich. Ist der Button erst einmal über die Amazon App eingerichtet, bindet sich der Verbraucher damit an eine Marke und es ist eher unwahrscheinlich, dass er pro Produktkategorie dauernd die Marke des Bestellknopfs wechselt.

Falls sich also ein solches „Instant-Order-Kaufentscheidungsmodell“ beim Verbraucher durchsetzt, würden Procter & Gamble, L'Oréal, Unilever und Co. mehr umsetzen, aber auch weit mehr in Markenwerbung investieren müssen. Anders als vor einem Regal im Supermarkt, wo die Entscheidung des Konsumenten jedes Mal neu im Hirn ausgefochten wird, ist die Entscheidung für den Dash Button einer Marke „crucial“, wie der Amerikaner sagen würde. Denn danach ist die ganze Chose für den Verbraucher erst einmal gelaufen. Eine Marke wird weit mehr ins Branding investieren müssen, um den Verbraucher wieder auf seine Seite und seinen Bestellknopf zu ziehen.

Doch bevor diese Gedankenspiele Realität werden, müssen sich die kleinen Knöpfe von Amazon erst einmal wirklich durchsetzen. Und das ist noch völlig in der Schwebe. Seit 2015 bietet Amazon die Dash Buttons in den USA an. Sprach man am Anfang von einem Fiasko, hat Amazon Ende Juni per Pressemitteilung verlautbaren lassen, dass die Nutzung der Bestellknöpfe nunmehr in Fahrt gekommen sei, um 70% hätten die Bestellungen über die Dash Buttons in den letzten drei Monaten zugenommen.

Der schwache Beginn war wohlmöglich auch der geringen Beteiligung der Marken an dem Dash-Button-Programm geschuldet. Nach dem Start mit 29 Dash Buttons haben sich nunmehr 129 weitere FMCG-Anbieter hinzugesellt. Allerdings gibt es Studien, die besagen, dass gerade einmal 47% aller US-amerikanischen Dash-Button-Besitzer diese auch wirklich nutzen.

Und Deutschland? Es scheint, der Dash Button ist nichts für den deutschen Michel. Jedenfalls kommt man zu dem Schluss, wenn man die bisherige Presseresonanz verfolgt. Nur ein Beispiel unter vielen: „Praktisch ist das schon, und einfach sowieso. Ob es auch sinnvoll und schlau ist, auf diese Weise per Knopfdruck einzukaufen, ist eine andere Frage“, schreibt Spiegel-Reporter Matthias Kremp auf Spiegel Online.

Das Argument des „dummen Einkaufs“ ist nicht neu. Auch in den USA stehen die Buttons dafür ebenso in der Kritik. Sie würden den Verbraucher bevormunden, das Kauferlebnis obsolet machen und vor allem nicht immer der günstigste Weg zum Produkt sein, weil Preisveränderungen nun einmal nicht am Bestellknopf sichtbar seien und eine Überprüfung des Preises in der Amazon App die gesamte Erleichterung im Kaufentscheidungsprozess wieder hinfällig machen würde. Dazukommt das ewige Problem des Datenschutzes, besonders in Deutschland bekanntlich ein heikles Thema. Schließlich könnte Amazon über die Instant Orders auch die Markentreue und Kaufgewohnheiten der Verbraucher auslesen und es gibt einige Stimmen, die Amazon unterstellen, dass es ihnen bei den Dash Buttons vorrangig genau um diese Daten ginge.

Das Ganze könnte auch an der Realität, also dem täglichen Leben, scheitern. Würden Sie es wollen, dass jeden Tag der Paketdienst zu Ihnen nach Hause kommt, nur für eine Packung Batterien, und am nächsten Tag für eine Packung Rasiergel? Das erscheint schon reichlich unpraktisch.

Schöne, neue Einkaufswelt

Die Dash Buttons allein werden also kaum den Gang in den nächsten Supermarkt ersetzen. Doch diese Bestellknöpfe sind erst der Anfang für ein neues Kauferlebnis. Amazon hat in den USA bereits Amazon Echo, ein internetfähiges Lautsprechersystem für die eigenen vier Wände, auf den Markt gebracht. Googles Home System steht ebenfalls in den Startlöchern. Dann braucht der Verbraucher für den Einkauf gar keinen Knopf, es wird reichen, wenn er seine Kaufentscheidung per Sprachkommando artikuliert. Über die jeweiligen Sprachassistenten – bei Amazon ist es Alexa – wird der Einkauf dann abgeschlossen. Preisabgleich und ein Liefertermin für eine Sammelbestellung ließen sich dann ganz einfach per Befehl definieren. Schöne, neue Einkaufswelt.

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