Zehn gut gemeinte Ratschläge für Publisher im Programmatic Advertising
Sascha Jansen, 24. Mai 2016Täglich setzen wir programmatische Kampagnen auf, pflegen und optimieren sie, um aus den neuen Möglichkeiten das Beste für unsere Kunden herauszuholen. Programmatic Advertising eröffnet uns und unseren Kunden so manche Option, die zuvor nicht existierte. Nichtsdestotrotz gibt es noch viel Verbesserungspotential in der Art und Weise wie Inventare von Publishern bereitgestellt werden. Das offenbart uns die tägliche Erfahrung aus der Praxis. Wir haben unsere Beobachtungen in einer zehn Punkte umfassenden „Wunschliste“ an Publisher (und Vermarkter) zusammengetragen.
1. Nutzerzentrisches Media braucht Nutzerdaten
Ohne User-, Device- und Location-Informationen sind AdImpressions für die Nachfrageseite quasi wertlos. Wieso? Weil sich sonst zentrale Funktionen wie Frequency Capping oder Regio-Targeting nicht umsetzen lassen. Das Unterdrücken wichtiger Parameter im Austausch zwischen Anbieter und Nachfrager führt das Prinzip des Audience Buying ad absurdum. Konsequenz: Der Bid seitens des Nachfragers unterbleibt.
2. No more unknowns
Viele Publisher deklarieren das Inventar nicht ausreichend. Above oder below the fold, Video Player Size etc… Wer bei diesen Kriterien meint, lieber keine Information preiszugeben, begeht einen Gedankenfehler. Im Zweifel gehen die Programmatic-Einkäufer dann vom 'Worst-Case' aus und ignorieren das Inventar oder bieten Preise, die dem denkbar schlechtesten Fall entsprechen.
3. More Quality
Das aktuelle Angebot an programmatisch verfügbaren AdImpressions reicht aus, um jeden deutschen Internetnutzer pro Monat rund 4.000 Mal anzusprechen. An Quantität mangelt es also beileibe nicht. Wenn es aber um großflächige Formate oder um InStream-Video geht, dann werden die Verfügbarkeitsgrenzen in der Praxis doch immer wieder zur Herausforderung. Das Angebot spiegelt hier leider nicht die Nachfrage wieder. Deshalb: Weniger Quantität, mehr Qualität!
4. Gebt Viewability eine Chance!
Kampagnen werden heute fast ausschließlich auf Viewability, d.h. auf ihre Sichtbarkeit überprüft – und auch daraufhin optimiert. Denn die besten Targetings können nichts ausrichten, wenn das Werbemittel nicht sichtbar wird und somit wirkungslos bleibt. Schlechte Viewability fällt konsequenterweise der Optimierung zum Opfer. Bid-Requests werden per Pre-Bid-Einstellung geblockt, wenn ein Ad-Slots historisch schlechte Visibilitätswerte hatte. So lässt sich von Anfang an eine akzeptable Sichtbarkeit sicherstellen.
Schlecht platzierte Ad-Slots mit schlechter Viewability können dazu führen, dass die Pre-Bidinformationen der gesamten PageImpression unterdurchschnittlich ausfallen. Es ist also Vorsicht geboten im Umgang mit Clutter und inflationären AdSlots für die programmatischen Systeme.
5. Viel hilft nicht viel
Ad Clutter ist – wie in Regel 4 erwähnt – nicht förderlich für die Werbewirkung jedes einzelnen Ads auf einer Seite. Es wird somit zum Optimierungskriterium für diejenigen, die DSPs bedienen. Wenn ein Kunde seine Werbemittel gleich mehrere Male auf einer Seite wiederfindet, so ist das besonders ärgerlich. Das ist zwar leider nicht komplett vermeidbar, allerdings gibt es zwei Kriterien, deren Berücksichtigung es ermöglicht, diese Gefahr zu minimieren:
- Wenige AdSlots pro PageImpression
- Der Einsatz einer einzigen SSP, statt gleich mehrere parallel zum Einsatz kommen zu lassen
6. „Sag mir mit wem Du gehst …“
„… und ich sage Dir wer Du bist.“, heißt es in Goethes Werk Wilhelm Meisters Wanderjahre. Ein treffender Satz, auch bei der Auswahl von SSPs. Fraudulente Aktivitäten bedeuten ein großes praktisches Risiko, das manchmal drastische Schritte nötig macht. Wenn sich Angebote per Domain Spoofing eine falsche Identität verschaffen, greift eine Blacklist schon einmal ins Leere. Dann hilft in letzter Konsequenz nur, die ganze SSP zu sperren, über welche sich die betrügerische Website der Nachfrageseite anbietet. Qualitätssicherung hört also nicht bei der eigenen Site auf, sondern erstreckt sich auch auf die Wahl der SSP und den entsprechenden Druck auf die SSPs, kontinuierlich Ad Fraud zu bekämpfen und zu vermeiden. Wer möchte schon unschuldig in Sippenhaft genommen werden?
7. One but not the same
Programmatic Adverising ist keine Umfeldplanung. Dennoch ist das Umfeld nach wie vor ein wichtiges Kriterium. Monothematische Websites lassen sich gut in Sitelists einsortieren, Portale mit Rubriken wie Wissenschaft, Sport und Wirtschaft aber nicht. Es macht also sehr viel Sinn und kann einige Zusatzerlöse bringen, wenn Inventare auf Rubrikenebene deklariert werden.
8. Keine Programmatic-Diskriminierung
Quasi täglich wächst die Zahl der Publisher, die die Zeichen der Zeit erkannt haben und eine Programmatic-First-Philosophie installiert haben. Man müsste meinen, dass der folgende Appell heutzutage also nicht mehr nötig ist:
"Programmatic ist nicht exklusiv für Performance-Kampagnen da!"
Immer mehr Kunden wünschen eine programmatische Umsetzung von Media, die Vertriebs- und Markenziele holistisch vereint. Schließlich geht es um eine nutzerzentrische Realisierung von Media und der Nutzer unterscheidet nun einmal in seiner Wahrnehmung von Werbung nicht zwischen Marke und Sales. Wer Programmatic als Zweitverwertung in der Wertschöpfungskette versteht, denkt kurzsichtig. Möglicherweise gut für den Umsatz im aktuellen Quartal, mittelfristig aber eine Bedrohung der eigenen Geschäftsentwicklung.
9. Der „Wasserfall“ ist Vergangenheit
Zumindest sollte der Wasserfall (kaskadierende Priorisierung bei der Vermarktung von Ad Slots nach vermeintlicher Attraktivität) bald der Vergangenheit angehören. Denn die wesentlich smarteren Pre-Bid-Lösungen, die es Publishern erlauben, derjenigen Vermarktungsoption mit vermeintlich bester Monetarisierung Vorfahrt zu geben, sind längst verfügbar.
Warum wir als Einkäufer daran ein Interesse haben? Es ist nicht unsere Aufgabe, die Umsätze der Publisher zu maximieren. Aber es ist unsere Aufgabe, die richtigen Nutzer für unsere Kunden ausfindig zu machen und ihnen die passende werbliche Botschaft zu übermitteln. Das kann natürlich
an unterschiedlichen Preisvorstellungen zwischen Anbieter und Nachfrager für den entsprechenden Kontakt scheitern. Es sollte aber nicht daran scheitern, dass die Priorisierung stumpfer Bulk-Buys im Wasserfall den programmatischen Abgleich verhindert.
10. Konsistente und konsequente Preispolitik
Wer öfters fliegt, weiß wie dynamisch die Preispolitik der Airlines sein kann. Preisunterschiede für verschiedene Leistungen (Business versus Economy) sind ebenso nachvollziehbar wie Preisunterschiede im Zeitverlauf (Frühbucher versus Normalbucher versus Last-Minute-Bucher). Nicht nachvollziehbar wäre eine Preispolitik nach Einschätzung der Kaufkraft, beispielsweise auf Basis der Kleidung der Kunden (siehe auch Punkt 8).
Die Preispolitik in der Online-Werbung ist nicht weniger dynamisch als die der Airlines. Im Großen und Ganzen ähneln sich die Preisfindungsregeln zwischen beiden Industrien. Die Regeln 8 und 9 wären hier aber nicht aufgeführt, wenn kein Bedarf dafür bestehen würde. Eine nachhaltige Preispolitik über alle Vermarktungsoptionen hinweg ist logisch aufgebaut, jederzeit erklärbar und selbstverständlich wettbewerbsrechtlich sauber. „Nachhaltig“ ist in diesem Kontext insofern ein wichtiges Adjektiv. Denn: Medienkonsum wird immer digitaler und alles Digitale wird zukünftig programmatisch umgesetzt werden.
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