Die Hälfte aller Marketer, die ihre Budgets für Programmatic Advertising ausgeben, haben keine Ahnung davon – das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des IAB. In der Praxis könnte man sich die Problematik wie folgt vorstellen: Für einen Freund möchte man in einem Fachgeschäft ein richtig gutes Kameraobjektiv kaufen – allerdings ohne sich mit Brennweiten, Lichtstärken und Ähnlichem auszukennen. Eigentlich sollte man diese Herausforderung dank eines gut geschulten und engagierten Verkaufspersonals meistern. Doch was, wenn der Verkäufer schlicht nur das Geld für das Objekt entgegennimmt, ohne zu beraten? Entweder man hat Glück und das Objektiv passt oder man hat Pech und viel Geld sinnlos in den Sand gesetzt. So oder so ähnlich verhält es sich auch mit Programmatic Advertising – und das, obwohl die Nachfrage nach diesem komplexen Transaktionsprozess für standardisierte Werbeformate zunimmt.
Chance: Mobile-Programmatic-Advertising-Markt wächst
Der Markt für mobile Endgeräte wächst kontinuierlich. Viele neue technische Möglichkeiten – wie der programmatische Mediahandel – binden immer mehr Werbebudgets. Programmatic Buying ist eine hocheffiziente und wirkungsvolle Art, mobile Werbeplätze mit Inventar zu bestücken. Wahrscheinlich handelt es sich um eine der größten Entwicklungen im Bereich der Werbung überhaupt. Durch den vollautomatischen und individualisierten, programmatischen Mediahandel, werden die Nutzer durch Mobile-Werbung für Advertiser immer effizienter adressierbar. Damit entwickelt sich dieser Markt für Publisher zu einem sehr wichtigen Vertriebskanal und Einkäufer investieren gerne. Angesichts der IAB-Studie stellt sich hier jedoch die Frage, ob die Marketer auch verstehen, was sie dort tun, und ob sie die sich ihnen bietenden Möglichkeiten auch optimal ausnutzen. Bei Mobile Programmatic sollte es nicht darum gehen, „mit dabei zu sein“. Es geht um die differenzierte Zielgruppenausrichtung auf mobilen Endgeräten. Der Vorteil ist, dass Konsumenten in Echtzeit – individuell ihrer Bedürfnisse entsprechend – angesprochen werden können.
Herausforderungen: Fragmentierung des Marktes
Für den Marketer hält die Werbewelt bisher viele Lösungen für entsprechende Endgeräte bereit – neben Zielgruppenorientierung gibt es Displaywerbung und SEO. Bei Programmatic Advertising handelt es sich um einen sehr komplexen Prozess. Hinzu kommt, dass der Mobile-Werbemarkt bereits fragmentiert ist und es schwierig ist, sich zurechtzufinden. Nun kommt noch Programmatic Advertising hinzu, was für Werbetreibende bedeutet, mit mehreren Publishern, Ad Networks beziehungsweise Exchanges, unterschiedlichen Tools etc. zusammenzuarbeiten. Die Liste ließe sich beliebig fortführen. Zudem müssen sie das Zielgruppen-Targeting und Retargeting sowie das Content-Targeting berücksichtigen. Und schon wird es ziemlich kompliziert. Aber das ist nicht das Einzige: Jahrelang gut funktionierende und bestens vertraute Abläufe des Werbealltags müssen neu überdacht werden. Es kommen Fragen auf wie: Was ist wichtig? Was ist erforderlich? Und worauf muss fortan der Fokus gesetzt werden? Um diese Probleme zu lösen und Marketer dazu zu bringen, bewusster einzukaufen, bedarf es Aufklärung, Weiterbildung und Transparenz.
Hausaufgaben für alle Marktteilnehmer
Der bisherige Entscheidungsfindungsprozess dazu, wo geworben werden soll, basierte auf der Grundlage des Verständnisses des Mediums in Kombination mit der Zielgruppe. Diese Vorgehensweise wurde durch quantitative Technologien ersetzt, die sich damit beschäftigen, wie Nutzer auf Kampagnenziele reagieren, um somit zu definieren, wo Werbung zu sehen sein soll. Mit Programmatic Advertising wurde die übliche Struktur des Kaufs und Verkaufs von Werbeplätzen erweitert, was Mediaplaner vor zusätzliche Aufgaben stellt. Einige fragen sich, warum sie sich nun z. B. in Plattformen einloggen und Daten auswerten sollen, anstatt sich mit dem Aufbau einer individuellen Marke zu beschäftigen. Hinzu kommt, dass sie sich mit neuen Techniken und Tools vertraut machen müssen – ganz zu schweigen von den Veränderungen der Geschäftsprozesse. Derartige Umstellungen erfordern entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen, damit jeder Einzelne seine „neue“ Rolle versteht und weiß, welche Funktion er im System erfüllt. Für Technologieplattformen wäre es zusätzlich überlegenswert, konzeptuelle Schulungen und Preisanreize für den Wechsel zu neuen Systemen zu bieten. Diese können es dem Werbeplaner erleichtern, sich von alten Techniken zu trennen. Nicht zuletzt bedarf es der Transparenz beim Handel von Werbeplätzen. Hierbei gilt es, dem Werbetreibenden die Bedenken zu nehmen und ihm aufzuzeigen, welche Gebühren bei seinen Programmatic-Advertising-Kampagnen berechnet werden. So bestehen in der Zeit zwischen einem Echtzeitgebot und der fertigen Ad Impression verschiedene Möglichkeiten, Gebühren, Agenturprovisionen etc. transparent abzurechnen.
Ausblick
Es wird einige Zeit dauern, bis sich Programmatic Advertising seinen Marktanteil gesichert haben – und dabei auch in seiner Komplexität verstanden und geschätzt sein wird. Hierzu sind ein besseres Hintergrundwissen und ein tieferes Verständnis für die Voraussetzungen einer erfolgreichen Zusammenarbeit aller Markteilnehmer notwendig – im Interesse gemeinsamer und erfolgreicher Werbekampagnen. Programmatic Advertising bietet nicht nur mehr Möglichkeiten für effizientes Targeting, sondern führt auch zu einer Verbesserung des Verhältnisses zwischen Umsatz und Kosten. Mittels neuer Techniken und Tools sind einerseits eine bessere Werbeplanung sowie Erfolgsmessung für den Marketer möglich und andererseits ist die Schaltung von Werbung effektiver, schneller und leichter. Und beim nächsten Kauf im Fachgeschäft weiß man auch, worauf man achten muss: die richtigen Fragen und die richtige Beratung – dann klappt es auch mit dem Kameraobjektiv.
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