Reden wir nicht lange drumherum. Brand Advertiser tun sich noch immer schwer damit, größere Budgets in den mobilen Kanal zu verlagern. Zu fragmentiert seien die Werbeformate und zu klein der Screen, um wirksam zu werben. Dazu kommen auch noch die planerischen Schwierigkeiten, über Apps und mobile Webseiten einheitlich die Werbung auszusteuern. Wir sprachen dazu mit Alisa Türck, Geschäftsführerin bei der Mediaagentur pilot. Sie wird auf dem kommenden Mobile Advertising Summit in ihrem Vortrag ‘Brand Opportunities Mobile’ die wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche Markenkommunikation auf dem Smartphone vorstellen.
Adzine: Spricht man von Mobile Advertising, meint man eigentlich die Werbeausspielung auf allen mobilen Endgeräten, also Smartphones, Tablets, Phablets, … Ist das auch Ihre Definition?
Alisa Türck: Die Definition stimmt zwar, aber die Mediennutzung geht klar in Richtung Smartphones. Tablets sehe ich nicht als einen wichtigen Hub für die mediale Kommunikation an, die Nutzungszahlen stagnieren. Smartphones hingegen begleiten uns durch den ganzen Tag. Jeder, der auf dem Mobile Advertising Summit sein wird, wird auch ein Smartphone dabeihaben. Ob jung oder alt, dieses Gerät nutzen wir alle von morgens bis abends in allen Lebenslagen und Nutzungssituationen. Das führt zu einem großen Problem für die gesamte Werbeindustrie.
Adzine: Das da wäre?
Türck: Aktuell hängen die Branding-Budgets im TV-Segment fest, hier liegt bei der Markenkommunikation der Schwerpunkt. Tatsächlich ist aber das Smartphone das einzige Massenmedium der Zukunft.
Adzine: Und doch gibt es für das Smartphone kaum sinnvolle Konzepte für die Brand Advertiser …
Türck: Das stimmt leider noch. Das liegt auch daran, dass nur solche Werbekonzepte auf dem Smartphone greifen, die den Nutzer in die Überlegungen miteinbeziehen. Es ist nun einmal das privateste Device – hier kann die Werbung den Nutzer besonders schnell nerven.
Adzine: Ist Mobile Brand Advertising für eine Agentur wie pilot eher eine mediaplanerische oder eine konzeptionelle Herausforderung?
Türck: Sowohl als auch. Wir haben weder optimale Targeting-Möglichkeiten, um die richtigen Menschen in der richtigen Nutzungssituation anzusprechen, noch haben wir passende, intelligente Werbeoptionen. Die meisten Brands denken immer noch in erster Linie in 30-sekündigen TV-Spots. Und die meisten Agenturen zuallererst an datenbasierte Mediaaussteuerung. Dass die Kreation aber ca. 70% des Werbeimpacts ausmacht, vergessen die meisten. Daher sollte Mobile Brand Advertising ein Thema für Media UND Kreation sein.
Adzine: Wie geht nun eine Mediaagentur wie pilot die Herausforderung Mobile Brand Advertising an?
Türck: Wir tun eine Menge. Zum Thema Mobile Advertising haben wir bei pilot eine komplette Task Force aufgebaut, wir betreiben mit unseren Kunden Workshops und führen außerdem Untersuchungen wie unsere Studie über die typischen Nutzertypologien auf dem Smartphone „The Future of Mobile Advertising“ durch. Darüber hinaus entwickeln wir neue Werbeformate für unsere Kunden.
Adzine: Aber ist das nicht gerade das Problem: Immer neue Werbeformate. Diese Fragmentierung erhöht doch die Komplexität für die Mediaplanung. Braucht nicht gerade ein Massenmedium nicht immer auch strikte Standards, die dann „in der Masse“, also reichweitenstark gebucht werden können?
Türck: Bisher gibt es kaum neue Werbeformate, die „mobile first“ gedacht sind. Die meisten Standardformate sind lediglich Adaptionen von Desktop- und damit von Print- oder TV-Werbeformaten. Ich bin sehr für Standards, denn: Nur dann sind Brands auch bereit sind, ihre Budgets entsprechend zu shiften.
Adzine: Fehlt es Brand Advertisern nicht auch ein wenig an Risikobereitschaft, wenn es um die Werbeinvestitionen im mobilen Kanal geht?
Türck: Ja. Aber das hat auch einen guten Grund: Bei Werbeinvestitionen für Mobile weiß der Werbekunde am Ende nicht, was wirklich für ihn herausspringt. Das ist bei der TV-Werbung ganz anders. Er kann dort inzwischen auf den Cent genau messen, wie sich ein Werbespot auf seinen ROI auswirkt. Das ist bei Mobile noch nicht möglich.
Adzine: Wie lässt sich dieser Knoten grundsätzlich lösen?
Türck: Zunächst einmal dürfen wir die Fehler aus der Desktopwelt nicht wiederholen. Nervige Pop-ups haben auf den Smartphone keine Zukunft. Stattdessen brauchen wir wirklich intelligente Werbeformen. Relevanz mithilfe eines zielgenauen Targetings ist der Schlüssel. Außerdem muss der Nutzer von der Werbung etwas haben: Mobile Werbung muss ihm immer auch einen Mehrwert bieten.
Theoretisch ist das Ganze sehr einfach: 1. Wir benötigen grundsätzlich mehr Wissen über Mobile – angefangen bei Studien bis hin zu einheitlichen und validen Messgrundlagen für die Planung und Werbewirkung – und 2. mehr Daten für ein besseres Targeting, da Werbung nur dann für jeden Einzelnen relevanter werden kann. Außerdem brauchen wir 3. standardisierte „Mobile first“-gedachte Werbemöglichkeiten, die auch die Nutzerperspektive einbeziehen.
Adzine: Bevor Sie nun zu viel über Ihren Vortrag auf den Mobile Advertising Summit verraten, eine abschließende Frage: Glauben Sie, dass wir auf einem Mobile Summit 2017 schon einen deutlichen Budget-Shift in Richtung Mobile Brand Advertising haben werden? Wird sich also in einem Jahr viel bei der Einstellung der Brand Advertiser zum Thema Mobile verändert haben?
Türck: Absolut! Wir sehen ja bereits in anderen Ländern wie z. B. den USA, dass Mobile schon heute einen bedeutenden Stellenwert eingenommen hat und mehr als 60% der digitalen Ad Spendings ausmacht. Und am Ende muss ja jeder Marketingentscheider nur seine eigene Mediennutzung oder die seiner Kinder reflektieren, um die richtige Entscheidung zum Marketingmix zu überdenken.
Adzine: Vielen Dank für das Gespräch, Frau Türck. Wir sehen uns in Berlin!
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