Im Wettbewerb mit Google, Facebook und Amazon können deutsche Medienhäuser bei der Werbevermarktung kaum mehr mithalten. Um der Konkurrenz aus Übersee Paroli zu bieten, sollten die Verlage einen Zentralvermarkter aufbauen, meint Bernd Bube, Geschäftsführer von ADvendio. Hier sein Plädoyer:
Dass Automatisierung in der Werbewirtschaft nicht zwingender Weise immer gleich Programmatic heißt, ist klar. Bildet Programmatic doch nur einen Teilprozess einer langen Kette ab. So erfordert die Planung und Durchführung des Online-Inventarhandels gut und gerne einmal 40 manuelle Schritte – von der Buchungsbestätigung auf Papier über Fax bis hin zum Reporting der Kampagne nach der Auslieferung. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: 40 manuelle Schritte! Und auch eine Cross Media Kampagne muss in manchen Vermarkterstrukturen mehr als zwölf verschiedene Systemwechsel überstehen; kleinere Einzelprozessschritte sind hier noch nicht mal eingerechnet. Konsolidierung, Automatisierung oder durchgehende Prozessketten haben ihren großen Auftritt hierzulande zumeist nur im Wunschkonzert. Bis jetzt.
Denn als wäre der Zwang zur Automatisierung der internen Prozesskette nicht schon hoch genug, schließt sich gleichzeitig die Zange auf der anderen Seite mit neuen Technologien weiter. Wir bleiben beim Thema Programmatic: In Zukunft wird sicher nicht jedes Inventar programmatisch gebucht, wahrscheinlich ist eher eine gesunde Aufteilung von automatisiertem und beratendem Anzeigengeschäft. Nach beständigem Wachstum lag der Programmatic-Anteil in Deutschland zuletzt bei rund 20 Prozent der Online-Werbeausgaben. Tendenz steigend. Und selbst wenn die Vermarkter mit ineffizienten Prozessen leben könnten, so werden sie doch zwangsläufig von eben diesem Schlüsseltrend in die Zange genommen: dem Siegeszug der auf automatischen Gebotsverfahren basierenden Echtzeit-Werbung. Denn die namhafte Konkurrenz hat technologisch und finanziell die Nase vorn und dabei ihre Prozesse auf beiden Seiten längst optimiert und automatisiert.
Doch welche Handlungsoptionen haben die hiesigen Vermarkter, um dauerhaft konkurrenzfähig zu bleiben? Nach meiner Einschätzung stehen wir aktuell am Anfang einer Entwicklung, wie sie der Abonnement-Vertrieb im Verlagsgeschäft schon vor einigen Jahren erlebt hat.
” (Bernd Bube, Advendio)Namhafte Verlage und Vermarkter werden über ihre Schatten springen und sich bei der Anzeigenvermarktung zusammentun. Eine zentrale Vermarktungsgesellschaft, organisatorisch schlank aufgestellt und technisch auf dem neuesten Stand, würde gegenüber den Werbetreibenden und deren mächtigen Media-Agenturen, aber auch der präsenten US-amerikanischen Konkurrenz einen stabileren Stand verleihen.
Erste Anzeichen für eine solche Konsolidierung gibt es bereits – innerhalb eines Kanals, wie am Beispiel Ströer zu sehen, genauso auch kanalübergreifend, wie das von der Schweizer Wettbewerbskommission im Dezember bewilligte Vermarktungs-Joint Venture von Ringier, SRG und Swisscom zeigt. Und das ist meines Erachtens nach erst der Anfang, insbesondere kanalübergreifend. Dabei wären solche Allianzen noch vor wenigen Jahren kaum denkbar gewesen. Zu groß war die Skepsis, ob eine solche Auslagerung eines zugegeben sehr wichtigen Teils des Erlösmodells überhaupt sinnvoll und langfristig tragfähig sein würde. Inzwischen, so ist mein Eindruck aus vielen Gesprächen mit Vermarktern und Verlagsvertretern, sind die Vorbehalte deutlich geringer, der Innovations- und Konkurrenzdruck dafür aber umso stärker geworden.
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