Im August 2015 hat die Deutsche-Telekom-Tochter emetriq damit begonnen, einen Datenpool aufzubauen, der Vermarktern, Agenturen und Werbetreibenden in Deutschland den Einstieg in das Data Driven Advertising erleichtern soll. Auf lange Sicht könnte emetriq im Bereich Data und Targeting ein deutsches Gegengewicht zu den US-Anbietern darstellen, wovon der gesamte heimische Online-Werbemarkt profitieren würde. Noch befindet sich emetriq in der Aufbauphase. Wir sprachen im Vorfeld der TRACKS mit dem CEO & Co-Founder über das Geschäftsmodell von emetriq. Daniel Neuhaus wird auch an einem TRACKS-Panel über Datensilos teilnehmen.
Adzine: Herr Neuhaus, was ist emetriq genau? Eine Data-Management-Plattform oder besser eine Data Exchange?
Daniel Neuhaus: Wir sind keine DMP oder eine Data Exchange. Wir sind auch kein reiner Technologieanbieter noch kaufen wir selbst Medialeistung ein. Wir verstehen uns vielmehr als ein Enabler. Wir bieten ein kollaboratives Modell, mit dem wir Zielgruppendaten von Vermarktern, Advertisern und Agenturen zusammenführen. Im Sinne einer Schwarmintelligenz entsteht so eine konkurrenzfähige Datenmenge und -qualität, die die Teilnehmer für eine vermarkterübergreifende Werbeansprache nutzen können.
Adzine: Wer kann nun alles auf diesen Datenpool zugreifen?
Daniel Neuhaus: Alle, die unserem System auch Daten zuführen, den Datenpool damit verbessern und die Daten nutzen wollen. Vermarkter können damit genauso ihre Reichweiten verlängern und ihre Monetarisierung verbessern wie Mediaagenturen und Advertiser. Nehmen wir zum Beispiel kleinere E-Commerce-Shops. Deren Datenpools sind viel zu klein, um damit reichweitenstark und dennoch zielgenau Display-Werbung zu schalten. Zudem verfügen sie nur über Daten von Usern, die bereits auf ihrem Shop waren – Retargeting-Daten also. Mit emetriq stehen den Teilnehmern auch Daten von Usern zur Verfügung, die noch nicht auf dem Shop waren – potenzielle Neukunden also.
Adzine: Was sind das für Daten, die im emetriq Datenpool zusammengeführt werden?
Daniel Neuhaus: Cookiegebundene Daten. Sie bestehen einerseits aus ‚User-declared Data‘, also solche Daten, bei denen die Nutzer klar über Log-ins, Formulare etc. Eigenschaften oder Interessen bekundet haben. Dazu kommen Bewegungsdaten von angebundenen Websites, die wir nutzen, um in Kombination mit User-declared Data Zielgruppen zu bilden. Daraus entstehen über 100 klassische Zielgruppensegmente der Intelligent Data Alliance (IDA) aus den Bereichen Soziodemografie, Lifestyle und Interessen. Wir versuchen möglichst heterogen zu sein, also aus einer Vielzahl unterschiedlicher Quellen die Daten zusammenzuführen. Wichtig ist dabei auch, dass die Daten nicht zu alt sind. Zudem werden noch 3rd-Party-Daten hinzugeführt, die wir in der ersten Phase noch einkaufen, später wollen wir aber hierfür Partner gewinnen.
Adzine: Gibt es auch individuelle Lösungen für die Partner?
Daniel Neuhaus: Zusätzlich zu den klassischen Segmenten der Intelligent Data Alliance (IDA) entwickelt emetriq auch individuelle Lösungen für Vermarkter und Advertiser, die „emetriq Customs“ und „emetriq Prospects“, die von der Zielgruppenansprache bis zur Neukundengewinnung reichen – also deutlich über bisher übliche Standards hinausgehen. Zudem sorgt emetriq für die Übergabe der aggregierten Daten an die Partner, auf Wunsch werden alle größeren Adserver, DSPs und SSPs systemunabhängig und nahtlos integriert. emetriq bildet dabei kein Konkurrenzangebot zu etablierten DMP-Lösungen und Targetingsystemen – Kunden und Partner können ihre bestehenden Lösungen einsetzen. So bleiben bestehende Prozesse unverändert, die Qualität und Reichweite der eingesetzten Daten wird jedoch stark verbessert.
Adzine: Und wie stellen Sie sicher, dass diese Zielgruppensegmente in einer Kampagne greifen?
Daniel Neuhaus: Wir lassen alle Segmente über das GfK-Panel permanent validieren. Bevor ein Partner diese Daten für eine Kampagne einsetzt, kann er sicher sein, wirklich valide Daten zu nutzen. Valide Daten sind der zentrale Erfolgsfaktor für eine präzise und erfolgreiche Umsetzung jeder aktuellen Marketingstrategie.
Adzine: Aber ein Advertiser gibt doch möglicherweise wertvolle Nutzerdaten an seinen Wettbewerb. Wie stellen Sie sicher, dass einzelne Advertiser, die nur wenige eigene Daten zuführen, überproportional davon profitieren und zudem nicht einfach Daten vom Wettbewerber abgreifen?
Daniel Neuhaus: Der Advertiser „neutralisiert“ seine Daten bereits bei der Übergabe, sodass Wettbewerbskonflikte ausgeschlossen werden können. Weitere technische und organisatorische Maßnahmen stellen sicher, dass die Datenzulieferung unkritisch ist. Zudem haben wir eine 300-%-Regel für Advertiser. Werbetreibende können nur 300% mehr Daten aus dem Datenpool nutzen, als sie hineingegeben haben.
Adzine: Für welche Art von Kampagnen sind die Daten aus dem emetriq Datenpool besser geeignet, Performance- oder Branding-Kampagnen? Gibt es dort aufseiten von emetriq bereits die ersten Erfahrungen?
Daniel Neuhaus: Im ersten Schritt haben wir uns auf die Optimierung der Daten im Branding konzentriert. Gerade emetriq Prospects ist jedoch die ideale Basis für Performance-Kampagnen. Insbesondere in Verbindung mit unserer Neukunden-Recommendation. Dabei werden die Daten des Pools genutzt, um personalisierte Produktempfehlungen für User zu ermitteln, die vorher nicht auf dem Shop des Partners waren. Diese können in Neukundenkampagnen, auf Landingpages und auch onsite eingesetzt werden. Mit einem sehr großen E-Commerce-Anbieter haben wir in A/B-Tests einen Uplift in der CTR von 400% erreicht. Allein dies zeigt die Kraft des Poolings von Daten.
Adzine: Bereits acht der Top-AGOF-Vermarkter kooperieren mit emetriq. Was haben die AGOF-Vermarkter eigentlich davon, bei emetriq ihre Daten einzubringen, und wieso dieser Gesinnungswechsel? Schließlich haben sie sich jahrelang gewehrt, ihre Bewegungsdaten aus ihren Umfeldern zusammenzuführen?
Daniel Neuhaus: Gespräche über das Zusammenführen von Daten hat es zwischen den Vermarktern schon häufig gegeben. Der Druck, die Datenqualität und -quantität zu steigern, ist jedoch inzwischen sehr groß geworden. Es gibt daher kaum eine Alternative für Vermarkter, wenn sie konkurrenzfähig bleiben wollen. Durch emetriq erhalten sie die Chance, mit einem konkurrenzfähigen Datenpool zu arbeiten, ohne auf den Ausbau eigener USPs verzichten zu müssen.
Adzine: Verstehen Sie emetriq eigentlich als Gegengewicht zu US-Data-Providern?
Daniel Neuhaus: Wir wollen die Standardisierung der Datennutzung in der Online-Werbung vorantreiben. Transparente und hochwertige Daten sind im deutschen Markt bislang Mangelware. Advertiser und Vermarkter verfügen für sich alleine bei weitem nicht über qualitativ und quantitativ ausreichende Daten. Sie sind bislang auf die Daten einer Handvoll US-Anbieter angewiesen – mit dem erheblichen Risiko einer massiven Abhängigkeit. Das wollen wir mit emetriq ändern.
Adzine: emetriq ist eine Tochter der Deutschen Telekom, die wiederum Anteile an Ströer Digital hält. Inwieweit beeinflussen diese Entwicklung und die ganzen Ströer-Übernahmen der letzten Monate das Geschäftsmodell von emetriq. Haben Sie inzwischen Schwierigkeiten, andere AGOF-Publisher für emetriq zu begeistern?
Daniel Neuhaus: Im Gegenteil. Wir sind unter dem Dach der Deutschen Telekom völlig neutral positioniert. Dies ist ein enormer Vorteil.
Adzine: Inwieweit planen Sie, den emetriq Datenpool auch für Cross-Device-Kampagnen verfügbar zu machen? Mit Cookies kommt man da ja nicht weiter; was plant emetriq, um die Targeting-Herausforderung zwischen Mobile und stationärer Nutzung zu meistern?
Daniel Neuhaus: Wir arbeiten auch hier mit Partnern und der Deutschen Telekom an einer Lösung. Bis zur Marktreife wird es aber noch einige Zeit dauern.
Adzine: Wie verdient emetriq Geld? Welches Abrechnungsmodell liegt Ihrem Geschäftsmodell zugrunde?
Daniel Neuhaus: Alle klassischen Segmente stehen den Partnern in ihren eigenen Systemen im Prinzip kostenlos auf Basis einer geringen monatlichen Mindestgebühr zur Verfügung. Darüber hinaus fallen für individuelle Segmente Setup- und nutzungsabhängige Entgelte an.
Adzine: Herr Neuhaus, vielen Dank für das Gespräch!
Daniel Neuhaus, CEO & Co-Founder von emetriq wird auf dem TRACKS Cross Channel Advertising Summit am 11.11.2015 in Hamburg am Panel „Die besten Silos aller Zeiten! Sind die größten Werbeplattformen Daten-Einbahnstraßen für Advertiser?“ teilnehmen.
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