Data meets Creativity – Vermittlungsversuch zwischen zwei Welten
Daniel Rieber, 26. Oktober 2015Daten sind „das neue Öl“ – da sind sich Werbetreibende, Mediaagenturen und Plattformanbieter einig. Immer häufiger ersetzen sie die klassische Umfeldplanung und sollen dabei helfen, Zielgruppen noch präziser zu definieren und Kampagnen mit noch höherer Trefferquote auszusteuern. Doch die Nutzung von Daten kann weit über das Targeting hinausgehen. Ihr Einsatz kann von der Validierung über die Kampagnenoptimierung bis hin zur Personalisierung des Werbemittels reichen. Letzteres wird häufig unter dem Begriff „Programmatic Creativity“ aufgeführt und wird in der Branche als nächster Evolutionsschritt der digitalen Werbung gehandelt.
Als am 14. Oktober Kreative und Vertreter der digitalen Wirtschaft im ehrwürdigen Business Club in Hamburg aufeinandertrafen, lag eine gewisse Spannung in der Luft. Mit dem erklärten Ziel, die beiden Welten, die unterschiedlicher kaum sein könnten, zueinander zu führen, hatte der BVDW zum Themenabend „Data & Creativity“ eingeladen. Die Bandbreite der Teilnehmer reichte vom Werbetreibenden über die Kreativagentur bis hin zum Datenanbieter und spiegelte sich auch in den Diskussionsteilnehmern des Panels wieder. Vertreter von Facebook und Impossible Software saßen in einer Reihe mit Jung von Matt und Plan.Net.
Matthias Wahl, Präsident des BVDWs und Geschäftsführer des Online-Vermarkters OMS, eröffnete die Diskussionsrunde mit einem Lippenbekenntnis: Zwar ist Programmatic Advertising mittlerweile ein wichtiger Bestandteil seiner täglichen Arbeit, jedoch hat das Thema „so viele Facetten, dass man mit dem Lernen kaum hinterherkommt“. Ein Bekenntnis, das viele der Anwesenden teilen und das die Kernfrage des Themenabends aufwarf: Warum fehlen der deutschen Branche die Erfahrungswerte, wenn es um „Data & Creativity“ geht?
Laut Friedrich von Zitzewitz, Chief Creative Officer bei Plan.Net, liegt die größte Herausforderung darin, „die unterschiedlichen Systeme und die Menschen hinter den Systemen zusammenzuführen“. Er kritisierte den fehlenden Innovationswillen in Deutschland und warb für eine „Kultur des Ausprobierens“, wie sie auch in den USA gelebt wird.
Diese Einschätzung teilt auch Impossible Software, Anbieter von personalisierten Videoclips. Laut Gesellschafter Ole John ist man in den USA und in UK „wesentlich experimentierfreudiger als hier“. In Deutschland werden zunächst Referenzen und Erfahrungswerte angefragt, bevor es zu einer Beauftragung kommt. „Dadurch verpassen es viele Werbetreibende, wirklich innovativ zu sein.“ John präsentierte Kampagnenbeispiele aus den letzten Jahren und zeigte, dass die notwendigen Technologien schon lange zur Verfügung stehen, bisher aber zu wenig Aufmerksamkeit bekommen.
Für Stefan Mohr, Geschäftsführer der Jung von Matt/Next GmbH, beginnen die Herausforderungen schon bei den Werbetreibenden selbst, die endlich das „Silodenken“ überwinden müssten. Für Mohr sind Daten „schon lange nicht mehr nur noch Thema der Mediaagenturen.“ Das Potenzial von Daten, so Mohr, hört nicht bei der dynamischen Gestaltung des Werbemittels auf. Mit jeder Kampagne werden „neue Daten gewonnen, die für eine kontinuierliche Optimierung eingesetzt werden können.“
Die Personalisierung von Werbung und damit verbunden auch die enge Zusammenarbeit mit der Kreation ist auch für Facebook ein strategisches Thema. Marc Wirbeleit, Creativ Strategist bei Facebook und ADC-Vorstand, stellte einige Kampagnenbeispiele vor. Die dynamischen Werbemittel, die zum Teil über 10.000 Variationen ermöglichen, sind einfach über das hauseigene Self-Service Tool realisierbar. Aus Sicht von Facebook ist der Erfolg der Smartphones, die in der heutigen Mediennutzung den „First Screen“ der Nutzer darstellen, ein besonderer Treiber für das Thema Data & Creativity.
Als Hausaufgaben trug der BVDW allen Teilnehmern des Themenabends auf, ein Verständnis für das „Gewerk des jeweils anderen“ zu entwickeln. Hierzu soll auch eine Arbeitsgruppe gegründet werden, die aktiv den Dialog mit Kreativagenturen sucht und ein gemeinsames Verständnis etabliert und notwendige Schnittstellen entwickelt.
Das mögliche Potenzial von personalisierter Werbung zeigt sich bei einem Blick nach Cannes. Dort wurden im Juni dieses Jahres im Rahmen der Lions Innovation Awards unter dem Titel „Data x Tech x Ideas“ unter anderem Awards für die kreativsten datengetriebenen Kampagnen vergeben. An der berühmten Strandpromenade „Croisette“ zeigte sich dieses Jahr auch, wie wichtig Plattformanbietern wie Google, Facebook oder Microsoft der direkte Kontakt zu der kreativen Branche zu sein scheint. Für erfahrene „Cannesseurs“ eine Entwicklung, die den Charakter der Werbefilmfestspiele und somit auch der Branche nachhaltig verändern wird.
Wer ist nicht nach Hamburg geschafft hat, kann sich den Mitschnitt des Abends auf dem YouTube-Channel des BVDWs anschauen.
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