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PROGRAMMATIC

Der Urknall digitaler Werbung

Frank Bachér, 31. August 2015

Eine Branche nach der anderen wird durch Automatisierung auf den Kopf gestellt. Mit Guaranteed Orders, also dem programmatischen Handel mit einer garantierten Menge an ausgelieferten Werbemittelkontakten über einen bestimmten Zeitraum, beginnt für die Werbebranche eine weitere Evolutionsstufe.

Von Flohmärkten bis zum Reisemarkt wurden bereits die unterschiedlichsten Branchen durch die Digitalisierung komplett verändert. eBay begann mit dem Verkauf von PEZ-Bonbonspendern und verkauft jetzt alle zwei Minuten ein Auto. Amadeus und Sabre entwickelten sich von Programmen für den Verkauf ungebuchter Sitze in Flugzeugen zu Buchungssystemen für alle Flugtickets, Mietwagen und Hotelzimmer. Banking ist ein weiterer Bereich, in dem manuelle Prozesse durch den Einsatz von Internettechnologie deutlich reduziert wurden. In der Werbebranche wird gerade die zweite Schubphase der Automatisierung gezündet.

Noch vor wenigen Jahren wurden für den Kauf und Verkauf digitaler Werbung dieselben Methoden benutzt wie bei Printwerbung. Fax, E-Mail und Excel waren die Werkzeuge in einem umständlichen, ineffizienten Prozess, der oft mehr als 40 Einzelschritte zählte. Diese Prozesse waren zeitintensiv, anfällig für Fehler und altmodisch. Die somit verursachten Verwaltungskosten bremsten zudem das Wachstum des digitalen Anzeigenmarktes, besonders im Vergleich zu den verhältnismäßig geringen administrativen Kosten für die Schaltung von Fernsehwerbung.

In nur kurzer Zeit hat Automatisierung – auch „Programmatic“ genannt – an Bedeutung gewonnen. Eine der größten Ängste, die Automatisierung würde viele Jobs durch virtuelle Roboter ersetzen, hat sich keinesfalls bestätigt. Ganz im Gegenteil: Die automatisierte Buchung und Auslieferung von Werbung führt dazu, dass die Menschen mehr Zeit und Energie darauf verwenden können, anspruchsvollere Aufgaben zu erfüllen, beispielsweise die Entwicklung kreativerer Kampagnen, besserer Kundenservice oder engmaschigere Kampagnenoptimierung.

Die nächste Evolutionsstufe

Vergleichbar mit den Finanzmärkten führte auch bei der Werbung die Automatisierung zu mehr Aktivität seitens der Einkäufer, da sie wesentlich leichter Zugang zu Werbeplätzen erhalten. Die Verkäufer von Werbeinventar können jetzt über einen globalen Marktplatz jeden Monat zehntausenden Werbungtreibenden Zugang gewähren, anstatt nur einigen hundert in dem traditionellen Verkaufsprozess. Eine höhere Verfügbarkeit von Werbeinventar bietet die Möglichkeit, höhere Einnahmen zu erzielen.

Allerdings war der automatisierte Zugang zu Anzeigenplätzen trotz des beeindruckenden Wachstums bislang auf den Kauf und Verkauf von Werbemittelkontakten in Echtzeit beschränkt. Ähnlich wie bei den Anfängen von Amadeus oder Sabre wurde diese Technologie hauptsächlich für Inventar eingesetzt, dass nicht schon durch den Direktvertrieb verkauft wurde. Dies lag zum einen an der fehlenden Erfahrung mit der neuen Technologie und zum anderen daran, dass Programmatic bislang nur diesen Bereich verlässlich abdecken konnte.

Triebfeder für die aktuelle Evolution in der Werbebranche ist ein neuer Fokus – weg vom unverkauften Inventar, das in Echtzeit angeboten wird, hin zu Transaktionen, die eine garantierte Auslieferung von Anzeigen über einen bestimmten Zeitraum betreffen. Bislang konnten die sogenannten direkten Deals nur mit Hilfe von persönlichen Vereinbarungen auf Papier und Fax vereinbart werden. Doch genau das ändert sich gerade. Automated Guaranteed oder Guaranteed Orders rückt 2015 deutlich in den Vordergrund.

Ein Potenzial von 41 Milliarden US-Dollar

Warum ist diese Entwicklung so wichtig? Kurz gesagt: Das Potenzial von Automated Guaranteed übertrifft alles, was wir bisher kannten. IDC prognostiziert ein Wachstum von rund 10 Milliarden US-Dollar im nächsten Jahr auf 41 Milliarden US-Dollar bis 2019. Automated Guaranteed ist die nächste große Evolutionswelle in der Werbebranche. Denn durch diese Technologie können jetzt im Grunde alle Kampagnentypen programmatisch abgewickelt werden. Einkäufer bekommen auf dem programmatischen Weg wesentlich leichter Zugriff auf alle gewünschten Inventare und Zielgruppen. Werbungtreibende erzielen eine bessere Wirkung ihrer Werbung, nicht zuletzt deshalb, weil ein viel größerer Anteil des Budgets tatsächlich in die Anzeigenplätze fließt und nicht in Verwaltungskosten des Anzeigenkaufs versickert.

Für Verkäufer bedeutet Automated Guaranteed eine ganz andere Veränderung: Weg von der manuellen Arbeit und den Frustrationen bezüglich Trafficking und Auslieferung, hin zu einem Fokus auf Kampagnenoptimierung und somit auf deutliche Wertsteigerung. Bislang ein frommer Wunsch vieler Publisher.

Der digitale Urknall

Technologie revolutioniert eine Branche nach der anderen. Von eBay über Amadeus bis zu jüngeren Beispielen wie Uber und Airbnb sehen wir, wie digitale Plattformen ihren Branchen Skalierbarkeit, Connectivity und neue Liquidität bringen. Dieser duale Effekt von Wachstum für die Branche und gleichzeitiger Verbesserung der User-Experience ist jetzt auch in der Werbebranche deutlich erkennbar. Was mit Real-Time Bidding begann, entwickelt sich mit Automated Guaranteed zum Urknall für die Werbebranche. Dabei ist die aktuelle Entwicklung wahrscheinlich die wichtigste, denn sie verspricht wesentlich größere Skalierbarkeit und Effizienz für Einkäufer und Verkäufer über alle Werbeplätze und Bildschirme.

Automated Guaranteed wird die gesamte Werbebranche endgültig umkrempeln.

Bild Foto: Frank Bachér Über den Autor/die Autorin:

Frank Bachér ist Chief Business Officer (CBO) bei Julep Media und verantwortet Vertrieb, das Partner Management und die Weiterentwicklung der Vermarktungsprodukte. Julep ist Deutschlands führender Technologie-Anbieter für Podcastwerbung. Julep hilft werbetreibenden Unternehmen, erfolgreiche Kampagnen in Podcasts zu realisieren und Podcastern, mit ihren Inhalten Geld zu verdienen. Frank Bachér war vor Julep Media bis Anfang 2021 als Geschäftsleiter Digitale Media beim Audiovermarkter RMS tätig. Davor war er bei Rubicon Project/Magnite, einem Anbieter einer Echtzeit-Handelsplattform für digitale Werbung, als Geschäftsführer Nordeuropa beschäftigt. Der gebürtige Münchner begann seine Laufbahn Mitte der 1990er Jahre bei Axel Springer. Anschließend war er etliche Jahre bei Tomorrow Focus/Burda tätig – zuletzt als Director Marketing. Weitere Stationen waren der Vorsitz der Geschäftsführung bei der eBay Advertising Group GmbH, die Geschäftsführung Marketing & Sales bei der damaligen Telekom-Tochter Interactive Media sowie die Rolle als Vice President Online and Central Europe bei Sabre Travel Network, einem Anbieter einer Reisebuchungsplattform. Seine langjährige Expertise im Bereich der Digitalvermarktung bringt er zudem in die Gremienarbeit ein, derzeit in der Fokusgruppe Audio im BVDW.

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