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PROGRAMMATIC

Vorteile von Pre-Bid-Tags im Programmatic Advertising

Richard Hector, 16. Juli 2015

Um eine möglichst umsatzoptimale Allokation des Mediainventars zu erreichen, nutzen Vermarkter seit Jahren die Aussteuerungslogik von Adservern sowie ein sogenanntes Wasserfallsystem. Kampagnen werden zunächst nach Priorität und dann nach Preis ausgeliefert. Der programmatische Kanal wird oft in Prioritätsstufen nach garantierten Kampagnen und dann auf Basis eines Durchschnittspreises, welcher auf der SSP erzielt wird, priorisiert. Diese Logik kann durch die Nutzung von Pre-Bid-Tags optimiert werden, was dem gesamten Ökosystem zu mehr Effizienz verhilft.

Die Auslieferungslogik eines Adservers betrachtet eine Vielzahl an Prioritätsstufen, nach denen die Auslieferung erfolgt. Die Kampagne mit der höchsten Priorität wird zuerst ausgeliefert. Alle Partner und Kunden - seien es Direktkunden und Agenturen mit garantierten Kampagnenbuchungen, das Performancegeschäft, Ad Networks oder SSPs - werden dazu über die verschiedenen Prioritätsstufen verteilt. Während innerhalb einzelner Stufen eTKP oder Pacing von Kampagnen über die Auslieferung entscheiden, bestehen zwischen den einzelnen Stufen harte Grenzen. Der Adserver optimiert innerhalb der Prioritätsstufen, wohingegen Vermarkter manuell zwischen den Stufen optimieren.

Da die Auktion auf der SSP erst erfolgt, nachdem der Traffic vom Adserver an diese weitergeleitet wurde, ist die SSP mit dem durchschnittlich erzielten Preis (eTKP) in den Adserver eingebunden und priorisiert. Das programmatische Geschäft zeichnet sich allerdings durch eine hohe Nachfrage- und Preisdynamik aus. Diese Art der Traffic-Steuerung im Adserver hat so einige gravierende Nachteile für das programmatische Geschäft der Vermarkter:

  • Ein durchschnittlicher Preis (eTKP) gibt nicht die Spitzen der Zahlungsbereitschaft einiger Nachfrager für bestimmte User wieder. Diese können zum Teil deutlich über den üblichen Preisen im garantierten Geschäft liegen.
  • Es ist nur der Teil des Inventars programmatisch verfügbar, der nicht durch garantierte Kampagnen belegt ist.
  • Große Formate, welche das Blockieren von Platzierungen im Adserver notwendig machen, können programmatisch nicht oder nur mit Workarounds abgebildet werden.

Dieses Wasserfallmodell ist für den Vermarkter also alles andere als umsatzsteigernd. Speziell im programmatischen Kanal bleiben so erhebliche Potenziale ungenutzt. Diese Problematik ist auch den SSP-Technologieanbietern nicht entgangen und so macht seit einiger Zeit vermehrt eine neue Form der Integration von SSP und Adserver in der Branche die Runde: Pre-Bid-Tags. Diese Form ist auch unter den Begriffen „Header Bidding“, „Tagless“ oder „Pre-Call“ bekannt.

Kern dieser Integrationsform ist ein Aufruf der SSP vor den eigentlichen Adtags auf der Seite des Publishers - oft aber nicht notwendigerweise im Header der Seite. Pre-Bid-Tags erlauben es Vermarktern somit, Informationen zu der aktuellen RTA-Nachfrage, wie Preise auf bestimmten Formaten einer SSP, in den Adserver zu übergeben. Mit den zusätzlichen Informationen im Adserver kann dort eine deutlich bessere Traffic-Steuerung erfolgen.

In der Praxis erfolgt diese, indem an Stelle von einer Kampagne nun sehr viele Kampagnen im Adserver mit verschiedenen Preispunkten und in verschiedenen Prioritätsstufen gebucht werden (z. B. in 0,1-EUR-Schritten) können. Jede dieser Kampagnen targetet einen Wert, der über den Ad Tag an den Adserver übergeben wird und den aktuell zu erzielenden Preis (eTKP) beinhaltet. So lässt sich für das programmatische Geschäft der typische Wasserfall vermeiden. Dem Vermarkter ermöglicht diese Steuerung, Teile seines Inventars programmatisch verfügbar zu machen, die zuvor nur dem direkten Verkauf vorbehalten waren. Als Nebeneffekt werden auch „Passbacks“ vermieden, die dann entstehen, wenn, nachdem der Traffic zur SSP weitergeleitet worden ist, dort keine Nachfrage erreicht werden kann. Dabei werden Deals, Ad-Quality-Einstellungen, Floors sowie Bid Biases (Mindestpreise sowie Vorverkaufsrechte) weiterhin eingehalten.

Was sind die Vorteile des „Pre-Bid-Tags“ für Einkäufer?

Einige Einkäufer oder Ad Networks nutzen Pre-Bid-Techniken für eine Art "First Look" auf das Inventar eines Vermarkters. Je nach Priorisierung der Kampagnen im Adserver des Vermarkters kann hier programmatischen Einkäufern bevorzugter Zugriff gewährt werden. Dabei wird die Preisberechnung in Echtzeit einbezogen und nicht, wie schon seit längerem gängig und von einigen SSPs praktiziert, wo lediglich bestimmte Cookies weitergegeben werden. Zudem erhalten die Einkäufer Zugriff auf einen deutlich größeren Teil des Inventars sowie auf höherwertige Impressions. Darüber hinaus wird eine Möglichkeit geschaffen, programmatisch komplexere „Rich Media Display“-Formate, wie beispielsweise das Wallpaper, Fireplace oder die Dynamic Sitebar, verfügbar zu machen. Hierbei kann deren Nachfrage teilweise in einer Anfrage an die SSP überprüft und der höchste Preis und das entsprechende Werbemittel zurückgeliefert werden - insbesondere dann, wenn Adserver und SSP zwei unterschiedliche Technologien sind. Die Abfrage (Auktion) mehrerer IAB-Standardgrößen, wie z. B. 120 x 600 oder 160 x 600, führt nach aktuellen Analysen von AppNexus zu Umsatzsteigerungen von 8 bis 15 Prozent. Bei Premiumformaten kommt es zu deutlich höheren Umsatzsteigerungen und Fillrates.

Was sollten Vermarkter und Publisher beachten?

Für Vermarkter gilt es, bei der Umsetzung von „Pre-Bid“-Integrationen besonders auf zwei Aspekte zu achten. Einerseits sollte die technische Umsetzung asynchron (nicht blockierend) erfolgen. Nur so kann sichergestellt werden, dass das Laden der Seite nicht beeinflusst wird. Es ist ebenfalls zu bedenken, dass durch den Einsatz von Pre-Bid-Tags möglicherweise mehr Cookies eines Vermarkters dem programmatischen Ökosystem zum potenziellen Einkauf bereitgestellt werden.

Das ist zwar bei vielen Vermarktern heute schon der Fall, sollte jedoch nicht außer Acht gelassen werden. Andererseits sollte man bei den am Markt zu findenden technischen Lösungen verschiedener SSP-Anbieter darauf achten, dass der Anbieter eine vollständige Auktion durchführt und nicht nur Nachfrage approximiert oder nur bestimmte Inventare mit Cookies an einzelne Nachfrager weiterreicht. Eine vollständige Auktion ist technisch schwieriger mit kurzen Latenzen abzubilden, aber nur sie ermöglicht es, die maximale Zahlungsbereitschaft, also den höchsten Preis nach dem Prinzip der Zweitpreisauktion, an den Adserver zu übergeben.

Idealerweise hat der Vermarkter die Möglichkeit, die maximale Wartezeit (Timeouts) zu konfigurieren. Im Vergleich zu einer vollständigen Integration von Adserver und SSP in einer Plattform (sog. Full Stack) ist neben den Latenzen ebenfalls die Wartungsintensität von „Pre-Bid“-Setups ein Nachteil. Zudem kann durch die Preisinformation im Adserver zwar eine deutlich bessere Traffic-Steuerung erreicht werden, diese erfolgt allerdings nach wie vor nur auf Basis von Prioritäten und Preis. Weitere Informationen wie zum Beispiel die erwartete Entwicklung von Inventar und Nachfrage - sei es direkt oder programmatisch - werden nicht genutzt. Hier kann eine Full-Stack-Lösung, die intelligente Algorithmen zum Umsatz und zur Auslastung eines Vermarkters auf Basis von Inventar- und Nachfrage-Forecasting verwendet, besser optimieren, als es der Adserver mit einer Pre-Bid-Lösung kann. Auf dem Weg zu einer vollständigen technischen Integration des direkten und programmatischen Geschäfts allerdings markiert "Pre-Bid" einen deutlichen Fortschritt gegenüber herkömmlichen Setups.

Bild Foto: Richard Hector Über den Autor/die Autorin:

Richard Hector ist bei AppNexus Head of Sales and New Business, DACH und für die Weiterentwicklung der strategischen Ausrichtung innerhalb der lokalen Märkte, die Analyse sowie Identifikation neuer Geschäftsfelder und die Akquise von Neukunden verantwortlich. Er ist seit September 2013 bei AppNexus, wo er zuvor als Implementation Consultant für die Entwicklung von Vermarktern in verschiedenen europäischen Märkten verantwortlich war.

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