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MOBILE

Mobile Medium Rectangle oder Printwerbung Schwarz-Weiß

Gerhard Guenther, 13. April 2015

"Digitale Werbung, unendliche Formate, wir schreiben das Jahr 2015. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Mobile Marketing, das mit seiner über 2 Milliarden weltweiten Verbreitung an Endgeräten, jahrelang unterwegs ist, um neue Formate zu erforschen, neue Interaktionsmuster und neue Zielgruppen. Viele Lichtjahre von adäquaten Werbespendings entfernt, dringt die Mobile-Vermarktung in Formate vor, die schon lange kein Mensch mehr benötigt." So oder so ähnlich könnte man eine Episode des aktuellen Zustandes mobiler Werbung bzw. mobiler Werbeformate in Star-Trek-Manier beschreiben. Aber worin liegt das Dilemma mobiler Formate?

Fragmentierung hört man oft als Antwort. Mobile ist zu komplex, die Entwicklung zu schnell, um Schritt halten zu können. Screensizes. Smartphones haben mehrheitlich relativ kleine Screens. Tablets und neu Phablets schon etwas größere. Smartwatches zukünftig noch kleinere. Hinzukommt die unterschiedliche Nutzungsweise mobiler Endgeräte. Darüber hinaus bietet die Hardware mobiler Geräte deutlich mehr Möglichkeiten als der traditionelle Desktop. Zu alledem gesellen sich unterschiedliche Betriebssysteme, die großen zwei Felder Mobile Web und Mobile Apps und neue Technologien, wie HTML5 & Co.

Zusammengefasst, ein Universum an Komplexitäten, was viele kreative und planerische Köpfe scheuen wie der Teufel das Weihwasser. Nichts ist schlimmer, als bei Fragen zum Mediaplan vom Kunden, der Marketingleitung oder Geschäftsführung in Erklärungsnot zu geraten. Deswegen bedienen sich viele Mediapläne der klassischen Werbekanäle und lassen „AGOF & Co.“-Zahlen der mobilen Nutzung links liegen.

Stellvertretend für das mobile Formatdilemma möchte ich hier in meinem Gastbeitrag auf ein spezielles Format eingehen, das oben den genannten Zustand sehr treffend widerspiegelt. Und zwar hat sich seit Mitte letzten Jahres ein 'Heilsbringer', ja eine Errungenschaft an mobilem Werbeformat in den mobilen Mediaplanungen der großen Omnichannel-Agenturen etabliert: das Medium Rectangle für Mobile.

Grundsätzlich nichts Schlechtes, nicht komplett formatfüllend und somit weniger störend empfunden, mit dem Contentstream verknüpfbar und schön einbettbar in die Portalstrukturen. So weit, so gut. Klingt wirklich mal nach DER Lösung für mobile Werbeformatplatzierungen. Was macht nun die plötzliche Attraktivität dieses Formates aus? Online kennen wir dieses ja bereits seit Langem aus dem sogenannten UAP-Paket.

Die Attraktivität liegt bei Weitem nicht an der Effizienz, Grazie und schönen Einbettbarkeit. Die Attraktivität liegt ganz woanders: Beim Großteil der angelieferten Formate handelt es sich um unanimierte, sprich statische oder im Höchstgefühl marginal animierte GIFs. Man fragt sich natürlich sofort, woher rührt dieser zweite Frühling des klassischen GIF-Werbemittels?

Böse Zungen kreativer Köpfe meinen kurz und knackig dazu: Ganz einfach. Klassische Mediaagenturen, ob der Fragmentierung und Komplexität von HTML5 & Co. technisch oft unsicher und daher der mobilen Werbung immer noch massiv zaghaft entgegenstehend, haben einen neuen Weg gefunden, Fall-Backs, sprich GIFs bei Flash-Auslieferungen im Online-Bereich, aus ihren mittlerweile gelernten und gewohnten Online-UAP-Paketen nun für das mobile Umfeld einzusetzen.

Na immerhin, würde der Laie sagen, ein erster Schritt zu mehr mobilen Spendings. Mag sein, aber um Himmels willen, möchte ich ergänzen. Ich fühle mich zurückversetzt in die Urzeit der Online-Werbung. Auch da dominierten statische GIFs die digitalen Bildflächen. Aber wir sind mittlerweile durchaus ein großes Stück weiter in der Online-Welt. Und die mobile Welt setzt auf diesen Erfahrungswelten auf, gepaart mit den Möglichkeiten der Endgeräte sowie der Interaktivität, die uns HTML5 und Ähnliches bieten.

Es mag zwar sein, dass auch ein unanimiertes GIF einen gewissen Branding-Effekt erzielt – vielleicht mehr statisch als dynamisch –, aber ob diese mobile Präsenz auch das eigentliche Potenzial der Werbeplatzierung bzw. des Formats ausnützt, ist fraglich. Am besten könnte man es vergleichen, ab sofort im klassischen Printbereich in Tageszeitungen und Magazinen nur mehr Schwarz-Weiß-Werbung abzudrucken. Mag durchaus auch einen Effekt erzielen, aber auch hier lebt die Werbung meist von der Möglichkeit der Farbgestaltung des modernen Druckwesens.

Dem noch nicht genug, findet nun besagtes statisches 'GIF-Mobile Medium Rectangle' den Klimax aktuell in Form der Kombination mit einem Sticky-Banner aka Mobile Takeover. Nun ist der Homepage-Takeover flächendeckend eingesetzt auch im Online-Bereich nicht der große Sympathieträger. Mit der Beschränktheit mobiler Screengrößen kommt diese Kombination einem werblichen Supergau nahe. Tolle Click-Raten wundern hier niemanden, denn es bleibt ja dem User de facto kein Platz mehr, wo er alternativ noch hinklicken könnte …

Deshalb hier und jetzt mein Aufruf an alle Medium-Rectangle- oder Mobile-Takeover-Liebhaber, bitte plant und betrachtet Mobile nicht als Abstellgleis von Online, auch nicht als Ebenbild! Beschäftigt euch stattdessen intensiv mit der Frage, welche Fehler haben wir Online bereits gemacht, die es nun zu vermeiden gilt, und vor allem, was macht diesen mobilen Kanal im Gegensatz zu Online so speziell und welche Möglichkeiten bieten die mobilen Endgeräte in der gezielten Kundenansprache. Denn sie bieten sehr viele. Um nur einige wenige zu nennen:

  • Smartphones sind beispielsweise mit einer Fülle von Sensoren ausgestattet. Eine besondere Rolle nehmen hier vor allem Apps ein, da die mobile Nutzung mehrheitlich über Apps als über das mobile Web erfolgt und Apps einen wesentlich einfacheren Zugriff auf alle nativen Funktionen der Sensoren ermöglichen als mobile Browser.
  • Die Werbemittelgestaltung mittels HTML5 eröffnet fast unbegrenzte Möglichkeiten von interaktivem, ja teils spielerischem Involvement der User.
  • Mobile Rich Media muss nicht störend sein, sondern kann durchaus, in angemessener Form eingesetzt, um ein Vielfach höheres Engagement als auch Branding erzielen.
  • Aktuelle Highflyer, wie das Mobile Video, sind in vielerlei Weisen integrier- und einsetzbar.

Das Mobile Medium Rectangle ist mit Sicherheit ein Format, das Potenzial hat. Ebenso haben dies andere Formate, die hier nicht erwähnt wurden. Alle zusammen haben ihre Stärken, aber auch Schwächen. Mit unanimierten GIF-Fall-Backs gefüllte Werbepositionen sind aber ein Affront gegenüber den immensen technischen Möglichkeiten von Smartphones & Co. mit Touch- und Interaktionsmöglichkeiten wie kein anderes Werbemedium zuvor. Technologien in der Werbemittelgestaltung wie HTML5 erweitern dieses Erlebnis um eine nächste Ebene.

Deswegen: Lasst uns dies auch so nutzen. Einen Ferrari fährt man ja auch nicht nur im ersten Gang. Das Erlebnis beginnt danach. Ein UAP-Abfallprodukt in Gestalt eines GIF-Medium-Rectangles vielleicht auch noch gepaart mit einem Sticky-Banner im Deckmantel Mobile-Takeover ist sicher kein Erlebnis und meiner Meinung nach nicht die mobile Werbezukunft.

Bild Foto: Gerhard Guenther Über den Autor/die Autorin:

Gerhard Guenther studierte an der WU Wien sowie University of Illinois, USA, mit Schwerpunkt internationales Marketing. Er war nach seinem Abschluss u. a. bei bwin.com, UPC/chello und Hutchison 3G Austria in unterschiedlichen führenden Positionen tätig. 2007 gründete er die Digitalsunray Media GmbH als Full-Service Kreativ- und Mobile-Marketing-Agentur mit Schwerpunkt auf mobilen Portallösungen, Applikationsentwicklungen, Mobile Marketing & Advertising sowie digitaler Software- und Strategieentwicklung. Digitalsunray betreibt in Österreich die eigens entwickelte, sehr erfolgreiche mobile Rich-Media-Werbeplattform sowie gleichnamiges mobiles Vermarktungsnetzwerk ADvantage.

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