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PROGRAMMATIC

Programmatic Buying ist nicht immer RTB

Sandra Goetz, 16. März 2015

In vielen Köpfen steht Real-Time Bidding (RTB) als Synonym für den automatisieren Mediahandel und Programmatic Buying. Das ist falsch, da RTB eigentlich nur eine Einkaufsmethode im automatisierten Mediahandel beschreibt. Allerdings birgt RTB viele Vorteile für die Verkaufsseite. Wir sprachen dazu mit Kay Schneider, Director von Smartclips SmartX Video-Vermarktungsplattform.

Kay Schneider ist seit über einem Jahrzehnt in der Online-Werbevermarktung zu Hause. Der Diplom-Kaufmann war zuvor Mitgründer und Vorstandsvorsitzender der RevenueMax AG. Seine digitale Laufbahn begann Kay Schneider bei Lycos Europe im internationalen Großkundengeschäft. Er war anschließend maßgeblich am Aufbau der deutschen Dependance des niederländischen Internetdienstleisters DQ&A beteiligt, wo er das strategische Business Development sowie den Aufbau des Vertriebsnetzes in der DACH-Region leitete. Seit 2013 verantwortet der RTB-Experte die SmartX-Plattform. Diese bietet erweiterte Möglichkeiten der Monetarisierung von Videoinhalten innerhalb einer Private Exchange Umgebung.

Kay Schneider

Adzine: Herr Schneider, viele setzen RTB mit Programmatic Buying gleich. Warum ist Programmatic Buying nicht immer RTB?

Kay Schneider: Viele Agenturen und einige frühere Video Ad Networks, die sich mittlerweile als Video-DSPs positionieren, arbeiten im Premiumsegment noch immer mit sogenannten Passbacks, die auf klassischen Adserver-Lösungen basieren. Der Passback erlaubt dem Käufer, für jede angebotene Impression zu entscheiden, ob er diese annimmt oder nicht.

Dieses Vorgehen stellt Programmatic Buying ohne echtes Bidding dar, ein Festpreis wird vorab verhandelt. Das Real-Time Bidding erlaubt dem Käufer erst einmal genauso, eine Impression anzunehmen oder abzulehnen, allerdings kann die Preisbindung dynamisch oder vorverhandelt sein (Direct Deal). Der wichtige Unterschied ist aber, dass auch der Verkäufer in Echtzeit entscheiden kann, ob er einem Gebot den Zuschlag gibt oder nicht. Nur die RTB-Technologie erlaubt somit gleichzeitig Programmatic Buying und Programmatic Selling.

Adzine: Welche Vorteile hat denn RTB für den Verkäufer von Online-Inventar?

Schneider: Real-Time Advertising (RTA) oder Programmatic Selling ist für den Verkäufer nur auf Basis von RTB möglich.

Passback über klassisches Adserving ist statisch und zwingt den Publisher, eine Impression zu verkaufen, wenn eine Kampagne gebucht ist, so wird immer nur ein Käufer adressiert. Infolgedessen ist der Verkäufer gezwungen, sein Inventar für solche Geschäfte zu segmentieren oder nach Käufern zu priorisieren, also eine statische Rangfolge zu bilden.

RTB ermöglicht es dem Verkäufer dagegen, dynamisch über mehrere Demand-Partner zu optimieren und damit wirklich yield-optimierend vorzugehen. Um ein gutes Gesamtergebnis zu erreichen, betreibt der Publisher im Idealfall eine holistische Plattform, die ihn in die Lage versetzt, alle Formen von RTB-Auslieferung gegen seine klassisch im Adserver gebuchten Kampagnen auszusteuern.

Adzine: Hat RTB auch Vorteile für den Mediaeinkäufer im Programmatic Buying?

Schneider: Vordergründig hat der Käufer kein Interesse daran, die Yield Optimization des Publishers zu unterstützen. Wenn der Käufer allerdings die dynamische Holistik des Anbieters zulässt, bricht er den Zwang zur statischen Segmentierung oder Priorisierung auf der Supply Side auf. Nur so erhält der Käufer Zugriff auf das gesamte verfügbare Inventar des Anbieters und bekommt eine realistische Chance auf Skalierung – insbesondere im Bereich Video Advertising, bei dem hochwertiges Qualitätsinventar limitiert ist. Der Wettbewerb für den Käufer nimmt unter Umständen zu, aber er kann auf das Gesamtinventar des Verkäufers bieten und unter Anwendung einer guten DSP-Technologie seine Kampagnenziele erreichen und gleichzeitig seinen Einkaufspreis optimieren.

Adzine: Warum wird Programmatic Buying nicht ausschließlich über RTB umgesetzt?

Schneider: Insbesondere große Mediaagenturen versuchen sich dem Wettbewerb durch RTB zu entziehen, übersehen jedoch vor dem Hintergrund ihrer kurzfristigen Einkaufsstrategie die Verknappung des für sie verfügbaren Inventars. Darüber hinaus befinden sich nicht nur mit Blick auf den Bereich Video-Advertising die Agency Trading Desks in einem technischen und operativen Reifeprozess, der mancherorts noch in den Anfängen steckt, und deren Einkaufsverhalten nach wie vor auf einer auf einzelne Kampagnen ausgerichteten, statischen Mediaplanung basiert.

Die Trading Desks der Einkaufsseite befinden sich in einem Lernprozess, in Zuge dessen sie die vermeintliche Planungssicherheit gegen höhere Einkaufsflexibilität, dynamische Optimierung und höhere Effizienz einzutauschen lernen. Es ist interessant zu beobachten, dass dieser Lernprozess in allen europäischen Märkten und bei den meisten Trading Desks sehr ähnlich aussieht, obgleich die Entwicklungsgeschwindigkeit der einzelnen Märkte sehr unterschiedlich ist. Deutschland liegt innerhalb dieses Wandels im Mittelfeld, wobei gleichzeitig anzumerken ist, dass die Flexibilität bei den Trading Desks im deutschen Markt extrem heterogen ausgeprägt ist.

Adzine: Wie wird sich RTB nach Ihrer Ansicht weiterentwickeln?

Schneider: Für 2015 sind im Bereich RTB keine signifikanten technischen Innovationen zu erwarten. Käufer wie Verkäufer müssen sich über die Marktmechanismen im Klaren sein, ihre Strategie daraufhin ausrichten und sich für deren Umsetzung für die passende Technologie entscheiden. Das Angebot ist vielfältig. Dieses Jahr ist das Jahr der 3 As: Anwendung, Auswertung und Analyse. Wer bis Ende 2015 seine RTA-Strategie noch nicht gefunden und am Markt erfolgreich unter Beweis stellen konnte, wird spätestens 2016 deutlich im Wettbewerb zurückliegen.

Adzine: Herr Schneider, vielen Dank für das Gespräch!

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