OMR15 Recap: Die Highlights für die Online-Advertising-Branche
Lothar Krause, 6. März 2015Mobile, Multi-Channel, Daten, Social, SEO – das Programm der fünften Online Marketing Rockstars in Hamburg war vielfältiger denn je. Dies sind die Trends, die im Online Advertising besonders relevant sind. Erstmals fanden die Online Marketing Rockstars an zwei Tagen statt. Zurecht: Der Andrang auf die Expo und Masterclasses im Millerntorstadion des FC St. Pauli am ersten Tag und das bis zum Rand gefüllte König-der-Löwen-Theater am zweiten Tag machten dem Event-Motto „Rockstars goes Festival“ alle Ehre.
Neben viel Festival-Feeling – Deichkind, Das Bo, Stage Bar, ein rappender Speaker, after-show Parties – bot die Veranstaltung Online Marketing Know How vom Feinsten. Mit über 2.000 Teilnehmern sind die Online Marketing Rockstars zu einer festen Instanz in der Branche und einem Vorzeige-Event für die Medienstadt Hamburg geworden. Das weiß auch Bürgermeister Olaf Scholz zu schätzen, der die Konferenz eröffnete.
Die Themen der Veranstaltung reichten über die gesamte Bandbreite des Online Marketings. Dies sind die wichtigsten Trends für die Online-Advertising-Branche:
Fokus auf den Konsumenten
„Aufmerksamkeit ist das einzige Gut. Wenn wir den Konsumenten ignorieren, verlieren wir.“ So bringt Online-Visionär und Keynote Speaker Gary Vaynerchuk auf den Punkt, was jeder einzelne Speaker im Laufe des Programms wieder betont. „Unser aller Job ist es, Aufmerksamkeit zu gewinnen, unsere Story zu erzählen und zu verkaufen“, appelliert er und fordert mehr Respekt vor dem Konsumenten.
Der Grund dafür ist einfach: User wollen nicht unterbrochen werden. Deshalb seien die integrierten, Native-Advertising-Lösungen von Facebook so erfolgreich, erklärt Vaynerchuk. Ähnlich beschreibt es Pinterest-Gründer Evan Sharp. Pinterests Promoted Pins seien erfolgreich, weil sie nicht aufdringlich sind und dem selben Konzept und Format folgen, wie alle anderen Pins. Lediglich ein kleiner Hinweis auf den Advertiser klärt, dass es sich bei dem Pin um Werbung handelt.
Ein Ansatz, den Advertiser in ihrer Online-Advertising-Strategie berücksichtigen sollten. Anstatt Konsumenten mit einfachem Retargeting zu verfolgen – im schlimmsten Fall ohne user-individuelles Frequency Capping – sollten Advertiser dem User Relevanz und Mehrwert durch eine personalisierte Ansprache bieten. Markenbotschaft, Produktempfehlung, Timing, Endgerät – es gibt zahlreiche Stellschrauben, um Online-Werbung relevanter zu machen. Das nötige Werkzeug, um an diesen Stellschrauben zu drehen, haben Advertiser auch:
Daten – der Treibstoff des Online Marketings
Wer über Personalisierung und nutzerorientiertes Online Marketing spricht, muss auch über Daten sprechen. Und das taten die Sprecher der #OMR15: In fast jedem Vortrag spielte intelligente Datennutzung eine Rolle. Ob bei Facebook, der geo-basierten Dating App Lovoo, der Quiz Plattform PlayBuzz oder dem U.S. Filmportal moviepilot – sie alle nutzen Daten für gezielteres Online Marketing. Sogar die SEO-Experten Kris Jones, Mike King, Marcus Tandler und Andre Alpar kamen nicht umhin, bei der Eröffnung ihres Panels die Bedeutung von CRM-Daten hervorzuheben – natürlich nicht ohne den Wert von SEO als eine der besten Traffic-Quellen zu betonen.
Ebenso deutlich wie die Macht der Daten wurden die Herausforderungen der Datennutzung. Auf die Frage, was PlayBuzz mit sein Datenschätzen macht, hatte Gründer und CEO Shaul Olmert keine konkrete Antwort: „Wir sammeln und strukturieren Daten, aber wir wissen nicht, was wir damit machen sollen. Wer eine Idee hat, soll zu mir kommen.“ So geht es vielen Unternehmen. Daten zu generieren ist einfach. Die Herausforderung ist es, die richtigen Insights daraus zu gewinnen und intelligent einzusetzen.
Zum Beispiel für datengetriebene Personalisierung: „Vergesst die klassische Zielgruppe, jeder Mensch ist anders. Die One-Size-Fits-All-Lösung gibt es nicht mehr“, sagen Jung von Matt CEO Peter Figge und Facebook Kreativling Nico Westermann und fordern Advertiser auf, die richtige Story zu den richtigen Menschen zu bringen. Als Beispiel nennen sie bonprix: Stammkunden des Modehändlers kennen den Wert der Marke bereits. Bei neuen Kunden hingegen ist das Branding wichtiger. Ziel muss es sein, unterschiedliche Zielgruppen unterschiedlich anzusprechen – basierend auf ihren Bedürfnissen.
Dieses Konzept hat auch das Filmportal moviepilot erfolgreich gemacht, erzählt Gründer und Geschäftsführer Tobias Bauckhage. Während ein Facebook Post über die Twilight-Filme Millionen Fans in Verzückung versetzt, provoziert er gleichzeitig Proteste von ebenso vielen Millionen Gegnern. Deshalb setzt moviepilot auf vertikalisierte Facebook-Seiten: Vampirromantik für die einen, Action für die anderen.
„Wir müssen nicht mehr den kleinsten gemeinsamen Nenner finden, sondern können segmentieren und jedes Segment gezielt ansprechen“, erklären Figge und Westermann. Karsten Müller, Managing Director DACH bei Sociomantic Labs, nennt diesen Trend in einem der Masterclass Workshops Hyper-Segmentierung: „In einer perfekten Welt segmentieren Advertiser ihre User in Neukunden und mehrere CRM-Gruppen – und das über alle Kanäle und Devices hinweg, wie Desktop, Facebook und Mobile.“
Der nächste Schritt im datengetriebenen Online Advertising ist die Segmentierung auf Basis des Customer Lifetime Values (CLV). „Advertiser müssen den langfristigen Wert eines Kunden kennen, nicht nur den Wert seiner einzelnen Transaktion“, erklärt Müller und wird von Vaynerchuk bestätigt: „Wir müssen in Lifetime Value und langfristigen emotionalen Beziehungen denken, es geht nicht mehr nur um Impressions.“
Multi-Device Marketing
Die Agenda bot keinen Vortrag, der sich explizit um das Thema Mobile drehte. Und trotzdem war es – ähnlich wie Datennutzung – ein Dauerthema während der zwei Tage. „Wir sind kaum eine Armlänge von unseren Smartphones entfernt, nicht einmal nachts“, sagt Vaynerchuk. „Wer heute nicht mobile-first denkt, wer heute keine mobile-kompatible Website hat, der lebt nicht im Jahre 2015, der ist nicht in unserer Zeit“, so sein Urteil. Auch Olmert von PlayBuzz pflichtet dem bei. 66% des Traffics kämen für das Quizportal bereits von mobilen Endgeräten. Ähnlich sieht es bei Pinterest aus: Wenn er das Unternehmen heute noch einmal gründen würde, sagt Sharp, wäre es wahrscheinlich ein mobile-first Projekt.
Keiner auf den Online Marketing Rockstars redete mehr über Mobile, als sei es der kleine Bruder von Desktop oder eine „Nice-To-Have-Lösung“. Multi-Device ist zu einem festen Bestandteil einer jeden Diskussion und zu einer allgegenwärtigen Herausforderung geworden. Das zeigt, dass die Branche weniger in Endgeräten denkt und stattdessen den User in den Vordergrund stellt. Das Ziel ist nicht mehr Mobile Marketing, sondern eine umfassende Multi-Device- und Multi-Channel-Strategie.
Dieses neue Grundverständnis sollte Advertiser überzeugen, Mobile endlich ernst zu nehmen. Denn die Investitionen in den Kanal spiegeln nicht annähernd das starke Wachstum in der Nutzung wieder. Dabei ist der Schritt von Desktop zu Mobile nicht so groß, wie viele denken. Dank geräteunabhängiger HTML5-Technologie erreicht Display-Werbung nahezu alle Gerätetypen, Browser und Betriebssysteme, inklusive Apps und Apples iOS. Somit können dieselben, erprobten Desktop-Strategien auf mobiles Inventar ausgeweitet werden.
Mehr Pioniergeist
Dennoch ist Mobile eine relativ neue Umgebung für Advertiser. „Online Marketing ist mit viel Unsicherheit verbunden und extrem komplex“, räumt auch Olmert ein. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass Advertiser die Chancen der neuen Entwicklungen verpassen. Dieses Thema bringt Vaynerchuk in Fahrt: „Die ersten Momente sind die wertvollsten, dann wird die kritische Masse erreicht, dann kommt der Wettbewerb, dann ist es ein Thema von gestern.“
Dabei spricht er aus Erfahrung: Nächtelang erarbeitete er sich Möglichkeiten und Chancen der damals neuen Socialcam von Facebook – nur um dann zu sehen, wie das Thema kurze Zeit später einschlief. Doch dann kam Vine auf den Markt und Vaynerchuk war allen einen Schritt voraus. „Die Gewinner haben keine Angst vor dem Risiko“, schlussfolgert er und fordert mehr Pioniergeist und Experimentierfreude: „Jeder in diesem Raum unterschätzt die Macht des Internets. Es hat gerade erst angefangen, Facebook und Twitter haben nicht gewonnen.“
An Vaynerchuks First-Mover-Moral können sich Advertiser besonders im Bereich Mobile ein Beispiel nehmen. Noch ist das Inventar günstig und die Konkurrenz gering, doch die Investitionen halten sich in Grenzen – viel verpasstes Potenzial auf einem vielversprechenden Kanal.
Fazit
User-zentriertes Online Marketing, Daten, Multi-Channel, Multi-Device – das waren die großen Themen der Online Marketing Rockstars, die Advertiser 2015 angehen müssen. Die gute Nachricht: Die Gespräche drehen sich nicht mehr um einzelne Kanäle oder Plattformen, sondern vor allem um den Konsumenten und seine Bedürfnisse. Die Branche hat verstanden, dass der User im Mittelpunkt des Online Marketings stehen muss, nicht der Kanal oder das Endgerät. „Der Online Marketing Rockstar von morgen behandelt jeden Kunden wie seinen größten Fan“, so Müller.
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