Am Anfang wurde Social Media vom Marketing skeptisch beobachtet. Einer Werbung in sozialen Netzwerken wurden wenige Chancen eingeräumt – viel zu sensibel seien die Nutzer. Manche Plattformen befürchteten zudem, dass die Authentizität unter einer Werbevermarktung leiden könnte. Die Praxis hat uns eines Besseren belehrt. Vor allem Facebook-Werbung gilt als Erfolgsmodell. Andere Netzwerke wie Twitter, Pinterest und Instagram haben nachgezogen, weitere wie zum Beispiel Tumblr dürften bald folgen. Die Werbetreibenden wird es freuen. Laut einer aktuellen US-Studie ist Paid-Social Media für das Generieren von Sales heute sehr viel wirksamer als organisches Social Media.
Verglichen mit organischen Social-Media-Kontakten werden mit Social-Media-Advertising-Kontakten 25 Prozent mehr Sales generiert, so das Ergebnis einer Untersuchung von AOL-Platforms. Mithilfe einer sogenannten Multi-Touch-Attribution-Technologie der Konzerntochter Convertro hat das Unternehmen dafür im ersten Quartal 2014 rund 15 Millionen Conversions analysiert. Weiteres Ergebnis: Am häufigsten wird Social Media Advertising im mittleren Teil der Customer Journeys eingesetzt. So war es in diesem Bereich in 87 Prozent der Fälle Bestandteil der Kaufentscheidungsketten. Allerdings gibt es dabei durchaus Unterschiede zwischen den Netzwerken, ebenso ist die Position innerhalb einer Customer Journey stark produktabhängig.
In allen Phasen einsetzbar
Mit Social Media Advertising sind verschiedene Zielsetzungen erreichbar. Entsprechend vielfältig kann die Rolle in der Customer Journey ausfallen“, sagt Jan Altmeyer, Group Head Social bei der Agenturgruppe Havas. Verallgemeinerungen sind aus seiner Sicht kaum möglich. Geht es um Geschäftsanbahnungen, lässt sich Social Media in frühen Phasen der Kaufentscheidung sehr gut einsetzen, beim Thema Produktempfehlungen ist man wiederum sehr nahe am Kaufentscheidungsprozess dran. „Wichtig ist es, die Customer Journey zu verstehen. Und diese Kaufentscheidungsprozesse sind für jeden Werbekunden und jedes Produkt sehr individuell“, so der Experte.
Beim Social Media Advertising lassen sich grundsätzlich die gleichen Parameter messen wie im klassischen Display-Advertising. Geht es um die Analyse organischer Social Media Touchpoints, stehen nicht so viele Daten zur Verfügung, da keine Adserver hinterlegt sind. „Man kann Owned-, Erned- und Paid-Touchpoints in der Customer Journey trotzdem sehr gut zuordnen“, sagt Altmeyer. Zwar gebe es weniger messbare Daten, aber es würden genug Metriken zur Verfügung stehen. So lässt sich beispielsweise für einen Facebook-Post problemlos ermitteln, wie viele Likes dieser erhalten hat oder welche (Earned) Reichweite er erzielt. „Für jeden Post muss sein Ziel definiert werden. Daraus folgt automatisch die Metrik, die anschließend für die Bewertung zugrunde gelegt werden muss“, so Altmeyer.
Da der Social-Media-Platzhirsch Facebook kürzlich die organische Reichweite von Posts beschnitten hat, kommt es heute mehr denn je darauf an, zu analysieren, wie gut organisches Social Media ihre Ziele erreicht und wo sich Potenziale für Paid Social Media eröffnen. „Man sollte Paid-, Owned- und Earned Social Media nie losgelöst voneinander betrachten. Alle Social-Media-Typen bedingen sich gegenseitig“, sagt Altmeyer.
Vom bezahlten Posting zum Milliardenbusiness
Social Media Advertising ist kräftig im Aufschwung, das Potenzial bei Weitem nicht ausgeschöpft. Einer Prognose des US-Marktforschungsunternehmens Mintel zufolge werden die Ausgaben für Social Media Advertising in den USA im Jahr 2017 rund 11 Milliarden US-Dollar betragen, andere Quellen gehen von 14 Milliarden US-Dollar für 2018 aus. Für dieses Jahr werden allein in den USA von verschiedenen Marktforschern Social-Ad-Werbevolumina zwischen 6,1 und 7,1 Milliarden US-Dollar erwartet. Für Deutschland fehlen bisher Zahlen, aber man darf davon ausgehen, dass der Trend ähnlich verläuft. Laut Mintel geben in den USA bereits knapp 40 % der Mitglieder von Social Networkes an, dass Social Media sie beeinflusst, wenn sie nach Produkten und Services suchen.
Doch wer heute über Social Media Advertising spricht, meint damit in der Regel Facebook Advertising. Zwar ist Werbung auch auf Twitter, Instagram oder Pinterest möglich, aber Facebook bietet hier nicht nur die vielfältigsten Werbemöglichkeiten, sondern mit seinen 1,23 Milliarden monatlichen Nutzern auch die mit Abstand größte Reichweite. Fast sieben Milliarden US-Dollar setzte das Netzwerk im vergangenen Jahr weltweit mit Werbung um.
Aus Sicht von Markus Schindler, Head of Sales & Marketing bei hurra.com, ist Facebook momentan das wichtigste Social Network für Social Media Advertising. Die Performance-Marketing-Agentur hurra.com ist Facebook-Partneragentur und hat bereits jahrelange Erfahrung mit Werbeschaltungen in diesem sozialen Netzwerk. „Facebook Advertising spielt eine große Rolle in vielen Kaufentscheidungsketten. Der Impact im Vergleich zu anderen Marketingkanälen kann dabei allerdings höchst unterschiedlich ausfallen“, sagt Schindler. So entscheide bereits die Investitionshöhe mit darüber, welcher Kanal wie stark in den verschiedenen Customer Journeys auftaucht. Wurden in einem Kanal deutlich mehr Cookies gesetzt als in einem anderen, ist schon rein statistisch die Wahrscheinlichkeit höher, dass dieser Kanal auch in den Customer Journeys stärker präsentiert ist.
Kanalvorteile kombinieren
Für Schindler liegt die Stärke von Social Media Advertising vor allem darin, es mit anderen Kanälen zu kombinieren. So ist Facebook aus Sicht des Experten in erster Linie eine sehr gute Profilierungsengine. „Auf Facebook kann man – im Gegensatz zu Search – Zielgruppen sehr genau eingrenzen und filigran umwerben“, so Schindler. Insbesondere bei höherpreisigen Produkten wie Reisen oder Autos dient Facebook dem Imagebuilding und bereitet somit spätere Käufe vor. Anders bei Search: Hier ist zwar die Zielgruppe nicht genau definiert, aber es ist bekannt, dass sich der Nutzer akut für ein bestimmtes Produkt interessiert und dass er eine Kaufabsicht hat. „Wenn Profilinformationen und Kaufabsichten gematcht werden, ist die Abschlusswahrscheinlichkeit enorm hoch“, erläutert Schindler. Sowohl die Kombination Facebook-Search als auch Search-Facebook können demzufolge sinnvoll sein. Wer weiß, dass seine Zielgruppe bestimmte Interessen hat, kann die Gebote für eine entsprechende Search-Anzeige entsprechend höher ansetzen. Andererseits können Leute einer interessanten Zielgruppe, die zum Beispiel am Vortag auf Google nach einem bestimmten Produkt gesucht haben, erneut mit einem passenden Angebot angesprochen werden, sobald sie auf Facebook surfen.
Komplexes Zusammenspiel
Auch nach den Erfahrungen des Online-Marketing-Technologieanbieters IgnitionOne gewinnt Social Media Advertising in der Customer Journey immer stärker an Bedeutung. „Wir sehen, dass Social Paid Media eine wichtige Rolle in der Customer Journey spielt, allerdings nicht als eigenständiger Conversion-Treiber, sondern hauptsächlich als unterstützender Teil der Customer Journey“, sagt Wolfgang Kirschner, Managing Director bei IgnitionOne Deutschland.
Social Media habe in der Regel einen Einfluss auf Paid Search Brand und Display-Retargeting-Kanäle inklusive Facebook Exchange Retargeting (am Ende des Funnels). „Dies kann ein sehr effektiver Conversion Booster sein, wenn diese Kanäle auf die Paid-Social-Prospecting-Kampagnen abgestimmt sind“, sagt Kirschner. Vom Anbieter umgesetzte Studien würden zudem belegen, dass Paid-Social-Prospecting-Kampagnen ihrerseits sehr durch Display-Branding- oder Paid-Search-Generic-Kampagnen unterstützt werden. Um die Performance zu messen, empfiehlt IgnitionOne seitenzentrierte Engagement-KPIs zu nutzen. In einer Studie, die das Unternehmen zusammen mit Danone durchgeführt hat, zeigte sich, dass Paid-Social-Media-Prospecting-Kampagnen den größten Beitrag zum User-Engagement geleistet haben. „29 Prozent über dem Durchschnitt, verglichen mit Display und Search“, so Kirschner.