Als Influencer gelten oft Blogger, die in der Regel auch über Social-Media-Kanäle gut vernetzt sind. Sowohl im Sport-, Fashion- als auch im Tech- und Food-Segment sind Blogger umworbene Multiplikatoren. Wie identifizieren Unternehmen Influencer, die für sie wertvoll sein können und wie kann Blogmarketing in Kampagnen eingebettet und der Erfolg gemessen werden?
Es ist nicht zu bestreiten: Einfluss und Macht der bloggenden Influencer nehmen kontinuierlich zu, und so eignet sich Blogmarketing laut Sonja Königsberg, Director Digital Consulting, Carat Deutschland, für jede Unternehmensgröße, „sofern es in der Branche auch relevante Blogs gibt, die von der Zielgruppe gelesen werden“. Vor allem im Tech- und Gadget-Bereich kann es nicht mehr überraschen, dass – als aktuelles Beispiel – fast sämtliche Informationen des neuen Samsung Tablet Galaxy Tab S vor der offiziellen Präsentation im Madison Square Garden, New York, bekannt waren. Den relevanten Bloggern wurden Fotos und Infos vorab zugespielt, und diese haben sie fröhlich verbreitet und die Zielgruppe heißgemacht.
Um Influencer zu identifizieren, muss ein Unternehmen zunächst für sich das Idealbild des Bloggers bestimmen. So gilt für die eine Marke z. B. eine Person als Influencer, die möglichst viel und regelmäßig über das eigene Thema oder die eigenen Marken postet und damit als „Topautor“ klassifiziert wird. Für ein anderes Unternehmen hingegen sind beispielsweise die Personen wichtig, die eine große Fangemeinde haben und viel Gehör finden – auch, wenn sie nur selten über das eigene Unternehmen oder Thema posten. Diese gelten dann als Topmeinungsführer. Darüber hinaus gibt es Marken, die eine sehr spezifische Zielgruppe haben und für die es wichtig ist, genau die Personen zu finden, die zu ihrem speziellen Fachgebiet schreiben.
Influencer Relations
Christina Elsmann, Jr. Manager Brand Style PR bei Adidas, nennt es „Influencer Relations“. Um genau dieses Segment ist die PR-Abteilung letztes Jahr erweitert worden. Elsmann, die Sportwissenschaften studiert hat, ist für diese "Relations" verantwortlich. „Blogger bloggen nicht nur, sie sind Influencer, die über multiple Kanäle vernetzt sind und ihre Botschaft weitertragen“, sagt Elsmann. Und: „Wir wollen durch die Brille der Blogger schauen und sehen, wie sie unsere Produkte inszenieren. Wichtig ist dabei, dass die Blogger nicht nur über Adidas-Produkte posten. Uns ist es wichtig, dass sie unsere neuen Produkte wirklich mögen und gerne tragen“, so Elsmann weiter. 200 Blogs sind im Verteiler von Adidas, 15 wurden für die engere Zusammenarbeit ausgewählt.
Clustern, scoren, analysieren
Um relevante Blogger für die eigene Branche zu finden, setzen Unternehmen nicht nur auf die eigene Kenntnis der Blogszene, sie setzen auch Social-Media-Monitoring ein, mit dem sich Influencer identifizieren lassen. Zur Identifikation der Blogger wird in einem Monitoringtool eine Suchanfrage zum eigenen Themengebiet, der eigenen Marke oder den Mitbewerbern aufgesetzt und die Daten gesammelt. Aus allen Erwähnungen werden anschließend die Autoren halbautomatisiert mit dem Tool geclustert und analysiert. In der Regel können Treffer nach Anzahl der Erwähnungen der einzelnen Personen, deren Influence-Score oder auch Re-Tweets etc. gefiltert werden.
Je nachdem, welchen Fokus eine Marke bei der Influencer-Analyse trifft, erhält sie so eine erste Auswahl an „Kandidaten“, die anschließend näher betrachtet werden können. Um wiederum Influencer bestimmen zu können, müssen Unternehmen die Treffer zu ihrer Marke und/oder ihren Wettbewerbern nach den Autorenparametern filtern können, die ihnen wichtig sind. Diese Filterung ist meist über mehrere Social-Media-Quellen wie Twitter, Facebook, Blogs, Foren, News Seiten etc. hinweg möglich. Viele Monitoringtools bieten Metadaten zu den Autorenprofilen an, so zum Beispiel die Anzahl der Follower auf Twitter oder der Klout- und Kred-Score, die aus externen Quellen integriert werden. Diese Influence Scores sind gute Indikatoren, wie einflussreich ein Blogger ist bzw. wie groß die Reichweite des jeweiligen Autoren ist.
Selbstverständnis eines Influencers
Stefanie Bamberg betreibt mit schoen-und-fein.de einen Blog, bei dem sich fast alles um Food, vor allem Süßes, dreht. Als Influencer müsse man per se erst mal jeden sehen, sagt die Leipzigerin. „Durch das Blog und mein großes Netzwerk, das ich mir in den letzten Jahren aufgebaut habe, erreiche ich natürlich einen gewissen Kreis von Leuten. Dennoch würde ich mich eher als Multiplikator, denn als Meinungsbildner sehen.“ Für ernst gemeinte Anfragen in Sachen Blogger und Influencer Relations ist Stefanie Bamberg aufgeschlossen, macht allerdings bereits auf ihrem Blog klar, dass sie Gastartikel, die nichts anderes sind als versteckte Werbung, ebenso ablehnt wie Anfragen, die zum großen Teil SEO-Hintergründe haben. „Damit einher geht auch die oft geforderte Nichtkennzeichnung und der Do Follow Link“, sagt Bamberg, die dieses Gebaren ablehnt und auf rechtliche Kennzeichnungspflicht hinweist. Natürlich gäbe es neben unseriösen Unternehmen und Agenturen auch genügend, „die die Sache mit den Bloggern bzw. Influencer Relations verstanden haben und gute Arbeit machen“, sagt Bamberg, die Unternehmen schätzt, die „ein etwas höheres Ziel verfolgen und wirklich Markenaufbau betreiben wollen“. Sich einfach nur vor den Karren spannen zu lassen will sie nicht. Mitgestalten ist, wenn es um eine ernst gemeinte Zusammenarbeit geht, eine der Forderungen, die Blogger haben.
Auch wenn Blogs keine Massenkommunikationsmittel sind und das Konzept der Influencer nicht neu ist, ist die Anzahl der sichtbaren Influencer durch Social Media im Web deutlich angestiegen, und damit auch das Influencer Marketing. Was wenige wissen: Es beruht auf einer Theorie, die aus der Studie „The people’s Choice“ des Soziologien Paul F. Lazarsfeld hervorging. Lazarsfeld untersuchte die Reaktion von 600 Wählern auf die Botschaften und Schlüsselfiguren des Wahlkampfes um das amerikanische Präsidentenamt im Jahr 1940. Es zeigte, dass die Mehrheit der Wähler stark von Meinungsführern beeinflusst wurde, die Nachrichten und Ansichten als Multiplikatoren weitergaben. Die Studie gilt heute als Standardwerk der empirischen Soziologie, sie wurde später zum Modell des Zweistufenflusses der Kommunikation ausgebaut. Die technischen Plattformen, mit denen heute gearbeitet wird, sind neu, nicht aber das menschliche Zusammenspiel.
Obwohl Social-Monitoring für Unternehmen ebenso wenig neu ist wie Influencer Marketing, hat sich auch hier die Komplexität verändert. Einfach nur in Google einen Suchbegriff eingeben – darum geht es schon lange nicht mehr. Wer beispielsweise, „Galaxy“ als Suchbegriff eingibt, will keine 275.000.000 Treffer, sondern diejenigen, die für die Anfrage relevant sind. Neben Marketing und PR, die Social-Media-Monitoring auch als strategisches Steuerungstool nutzen, haben ebenso Produktmanagement, Vertrieb oder Marktforschung verstärkt Interesse an aufbereiteten Daten aus der Social-Media-Kommunikation. Die Aufbereitung der Daten erfolgt auch hier halbautomatisch. „In Brandwatch gibt es sehr viele Filtermöglichkeiten, mit denen lediglich die Kommentare der einflussreichsten Personen herausgefiltert werden können. Diese umfassen unter anderem Anzahl der Follower, Influence Score, Reach Score, Impressions oder den Hinweis, ob es sich um einen verifizierbaren Twitter-Account handelt oder nicht“, sagt Susanne Ullrich, Head of Marketing DACH vom Toolanbieter Brandwatch.
Wie und wann Blogmarketing in der Kommunikation eingebettet wird, hängt ganz von der Zielsetzung der Kampagne und Art der Integration ab. Geht es rein um die Erreichung der Leserschaft mit Display Display-Werbemitteln, werden Blogs wie andere Werbeträger auch eingebunden. „Geschichten werden natürlich auch für Blogger meistens interessanter, wenn sie nicht mit exklusiven Launch- oder Seedingphasen gleichgesetzt werden. Auch während oder nach klassischen Kampagnen sollte über Blogger-Relations nachgedacht werden“, sagt Sonja Köngsberg.
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