Der automatisierte Einkauf von Mediainventar in der Online- und neuerdings auch in der Mobilwerbung lässt vermuten, dass das Ende der Mediaagenturen in ihrer jetzigen Form kurz bevorsteht. Mediaagenturen würden, so hörte man in den letzten Monaten immer wieder, durch den automatisierten Handel ihren Job als strategische Berater und somit auch als Einkäufer verlieren.
Programmatic Buying bietet einen klaren Vorteil gegenüber dem klassischen Medieneinkauf: die Einkaufsprozesse für Mediainventar werden effizienter und vereinfacht, darüberhinaus bietet Programmatic Buying vielfältige Targeting- und Optimierungsmöglichkeiten. Ein weiterer Vorteil von Programmatic Buying liegt darin, dass Advertiser und Publisher direkt zusammenarbeiten können. Zum Nachteil der Mediaagenturen, die somit als Mittler im Einkaufsprozess von den Advertisern, aber auch von den Publishern ausgeschalten werden können.
Tatsächlich ist der Vorteil des direkten Kontakts zwischen Werbetreibenden und Medienhaus bzw. Websitebetreiber nicht von der Hand zu weisen. Denn für Programmatic Buying braucht es Daten, am besten aus erster Hand (1st Party Data). Und diese liegen nun mal beim Advertiser und nicht bei der Mediaagentur. Die Optimierung der Daten übernimmt natürlich eine Technologie, denn eine Technologie kann mit Millionen von strukturierten Datensätzen besser umgehen als ein menschliches Gehirn.
Der Mensch wird mit der technologischen Entwicklung nicht weniger relevant. Ganz im Gegenteil: Während Maschinen/Technologien vorhandene Daten optimieren können, sind es Menschen, die die Hypothesen aufstellen.
Und so überrascht es auch nicht, dass immer mehr Mediaagenturen glauben, dass sie vor allem ihre Mitarbeiter darin schulen müssen, wie eine bestimmte Technologie zu bedienen ist, wie eine Demand-Side-Plattform tickt, wie ein Data Management Tool oder wie ein Targeting-System auszusteuern ist. Das mag auf den ersten Blick auch richtig sein, aber die Mediaexperten müssen vor allem darin geschult werden, dass sie ihrer Rolle gerecht werden. Die Einkäufer/Agenturen spielen die zentrale Rolle zwischen dem Advertiser und der eingesetzten Technologie und Strategie. Die Mediaeinkäufer sollen also nicht zum Automatisierungsexperten mutieren und so selbst am eigenen Ast sägen, auf dem sie sitzen, sie sollen vor allem als Berater und Experten agieren, sie müssen mehr denn je strategisch denken können.
Das bedeutet:
* Ein Mensch wird immer die besseren Hypothesen aufstellen. Mediaagenturen müssen daher die Mitarbeiter im Umgang mit Hypothesen im Rahmen der strategischen Planung schulen. Die Erfahrung einer Mediaagentur, auch die ihrer Mitarbeiter, spielt hierbei eine ganz besondere Rolle, für jegliche strategische Planung.
* Die Idee, wie eine Kampagne die Zielgruppe erreichen soll, wird im automatisierten Handel wichtiger denn je. Mediaagenturen müssen daher ihre Mitarbeiter schulen, wie neue Ideen bezüglich der Kampagnenplanung zu entwickeln sind.
* Der Anteil von in Echtzeit gehandelten Kampagnen kann nur dann nennenswert wachsen, wenn auch Branding-Kampagnen über RTB eingebucht werden. Zum einen sind die Technologieanbieter gefordert, den Umgang mit weicheren branding-relevanteren KPIs zu verbessern. Zum anderen braucht es das Branding-Know-how der Mediaagenturen, das über viele Jahre hinweg gesammelt wurde.
Als The Trade Desk die Demand-Side-Plattform entwickelte, haben wir die Plattform nicht um den Einkäufer „herumgebaut“. Wir haben die Plattform vielmehr im Bewusstsein gebaut, dass der Einkäufer eine ausschlaggebende Rolle im gesamten Prozess spielen wird. Diese Rolle kann man eventuell auch als „Ideengeber für zukünftige Einkaufsprozesse“ bezeichnen. Einkäufer müssen die Möglichkeit haben, eigene Ideen einzubringen, diese zu testen und zu beeinflussen. Sie brauchen hierfür eine Technologie, die dies ermöglicht und ihnen hierfür den Freiraum oder Zugang bietet. Nur so können auch zukünftig effizientere und intelligentere Einkaufsprozesse gestaltet werden.
Die Maschine alleine kann nur ausführen, aber sie kann keine strategische Planung aufstellen oder selbstständig kreativ agieren. Und eine selbstständige kreative Herangehensweise im Online- und besonders im Mobilmarketing wird immer wichtiger. Warum ist das so? Das Mobilmarketing steckt zwar nicht mehr in den Kinderschuhen, aber die Rolle des Smartphones als zentrales Gerät für Information und Unterhaltung und auch als Hub für den sozialen Austausch via Social Networks fordert eine kreative Herangehensweise. Es braucht das Know-how, wie Menschen mit all diesen neuen Plattformen, Tools und Apps umgehen, wenn es um die Planung von Kampagnen geht. Eine Technologie alleine kann dies nicht leisten.
Auch wenn die Technologieschritte vereinfacht und optimiert werden, bedarf es weiterhin das Know-how, Geschick und Ideen/Strategien eines Menschen, der dies in den gesamten Prozess miteinbringt. Ein Mensch wird mit seinen Hypothesen einer Maschine immer voraus sein.
Als Nächstes müssen Mediaeinkäufer, aber auch die Technologieanbieter sowie die Mediaverkäufer den Austausch untereinander intensivieren, damit die Möglichkeiten im Programmatic Buying weiter wachsen können. Und der Anteil an in Echtzeit gehandelten Mediageldern wird wachsen, denn immer mehr Mediagelder wandern in Online- und mobile Kampagnenbuchungen. Der Mensch alleine wird diesen Anstieg nicht bewerkstelligen können.
Ein Weg, der sich hierfür anbietet, ist sicherlich der Weg der Weiterbildung. Technologieanbieter sollten Intensivtrainings für Mediaeinkäufer anbieten, damit sie ihre neue Rolle ausfüllen können. Best Practice und Weiterbildung müssen im Zentrum dieser Schulungen stehen. The Trade Desk arbeitet bereits an einem Programm, das die Expertise von Kunden und Partnern in der Branche stärken soll. Aber auch andere Player sind gefragt wie Ausbildungsstätten oder Mediaagenturen, die sich hierfür zusammenschließen könnten. Und auch das Bild des Mediaeinkäufers muss geradegerückt werden, nur so lassen sich auch in Zukunft junge Menschen für den Beruf begeistern. Die Investition in Mediaexperten wird sich auszahlen. In Mediaexperten, die als Mittler, Ideengeber und strategische Berater agieren – zwischen Advertiser und Publisher.
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