Vente-privee, Brands4friends, limango oder buyVIP sind Shopping-Clubs, deren Newsletter, Display-Werbung oder Social Media Activities für markenbewusste Schnäppchenjäger zum täglichen Brot gehören. Haben sie als registrierte Mitglieder hier doch die Möglichkeit, günstig an Markenware zu kommen. Für die Konsumenten scheinen sich die Clubs zu rechnen, aber tun sie das auch für die Betreiber?
Vier Millionen Mitglieder tummeln sich in Deutschland mittlerweile in Communitys, deren Geschäftsmodell auf einem Clubmodell basiert, welches den stationären Fabrik- oder Outletverkauf als zusätzlichen Vertriebskanals als E-Commerce-Lösung ins Netz verlagert hat. Hersteller geben Shopping-Clubs wie Mytheresa oder Westwing attraktive Ware auf Kommissionsbasis zu erheblichen Discounts, und diese werben wiederum mit einem Rabatt von bis zu 70 Prozent. „Billig will ich“, könnte die Devise lauten, die über allen Shopping-Clubs steht und das Lockmittel ist.
„Die Communitys entsprechen der deutschen Schnäppchenmentalität“, sagt Moderedakteurin Susanne Gundlach, die seit letztem Jahr mit ihrem Shopping-Blog susieknows.eu Furore macht. Inhaltlich böten die Shops nur ähnliche Sachen an wie ein Markendiscounter TK MAXX. Die meisten Mode-Shopping-Communitys „sind nichts anderes als digitale Resterampen, die den Verbrauchern Exklusivität vorgaukeln. Wenn man genau hinschaut, findet man dort nur Kollektionsteile, die schon mehrere Saisons alt sind“, kritisiert die Stylistin die meisten Shopping-Club-Mode-Angebote.
Geschäftsmodell Exklusivität
Die Clubs vermarkten die zeitlich eng begrenzte und limitierte Markenware in einer eigenen Markeninszenierung an einen begrenzten Kundenkreis hinter einer Login-Barriere, damit die Preispolitik der Marken nicht gefährdet ist. Restriktiv geben sich die Shopping-Clubs auch in ihrer Kommunikationspolitik: „Je weniger wir in der Presse stehen, desto glücklicher sind wir“, sagt Marian Schikora, Geschäftsführer beim Luxusshopping-Club Best Secrets.
Best Secrets, der geheimnistvollste unter den deutschen Shopping-Clubs, ist bereits seit 2007 aktiv, ohne dass der für den Club verantwortliche Textilgroßhändler Schustermann & Borenstein groß die Werbetrommel rührt. Warum auch, sollen doch im Schnitt pro Monat 3.000 Mitgliedsanfragen von Marian Schikora abgelehnt werden. Damit verfolgt Best Secrets im Gegensatz zu anderen Shopping-Club-Betreibern eine rigorose Auslese.
Die Geschäftsphilosophie beinhaltet, dass nie mehr als 250.000 registrierte Kunden gleichzeitig Zutritt zum Shopping-Club haben – brands4friends.de hat beispielsweise 5 Millionen registrierte Mitglieder, der Technikverkäufer pauldirekt.de 1,3 Millionen. Sobald diese Zahl erreicht wird, gibt es einen Aufnahmestopp für neue Aspiranten. Zugang erhält nur, wer von bestehenden Mitgliedern empfohlen wird; die Mitgliedschaft ist zudem an Bedingungen geknüpft. Eine Bezahlung kann nur mit Kreditkarte erfolgen, und der Mindestumsatz liegt bei einem Warenwert von 150 Euro pro Jahr. Wer darunterbleibt, muss den erlauchten Kreis von Best Secrets verlassen.
Die Diskretion des Luxusclubs wird auch von den Mitgliedern hinsichtlich der Auskunft von Marken und Preisen verlangt und das hat seinen Grund: „Wir pflegen sehr gute Geschäftsbeziehungen zu Herstellen, dazu gehört ebenso Diskretion, sonst hätten wir nicht diese Angebote und den Zulauf“, sagt Schikora. Diskret ist das Unternehmen auch, wenn man nach Umsatzzahlen fragt, die aktuellsten stammen aus dem Jahr 2011, als die Company einen Umsatz von 168 Millionen Euro erwirtschaftete, nach 152 Millionen im Vorjahr – und profitabel arbeiten soll. Im September 2012 verkaufte das traditionsreiche Mutterhaus Schustermann & Borenstein die Mehrheit seines Unternehmens rund um Best Secret und zwei Münchner Modegeschäfte – Zutritt haben nur Clubmitglieder – an den französischen Investor AXA Private Equity für 200 Millionen Euro.
Von solchen Rahmenbedingungen können viele Shopping-Clubs nur träumen, denn der Hype, den es um das Geschäftsmodell nach dem Vorbild des Erfinders und Marktführers vente-privee.com aus Frankreich gab, ist merklich abgekühlt. Zwar ist das Modell heute immer noch verbreitet und teilweise mit vielen Millionen Euro Venture Capital gestützt, aber abgesehen von vente-privee.com und einigen Anbietern hat es sich nicht als stabiles Geschäft erwiesen.
So hat der Streatwear- und Outdoor-Anbieter 4Clever von Clubbing auf normales Online-Shopping umgestellt, zu eng seien die Margen gewesen, zu teuer die Kunden, heißt es lakonisch bei der Betreiberfirma Abey GmbH auf Nachfrage. Auch für den erfolgsverwöhnten Erfinder und Gründer dieses E-Commerce-Ansatzes, den 52-jährigen Jacques Antoine Granjon, läuft die erweiterte Markteroberung nicht ganz so rasant weiter, wie vielleicht gedacht. Mit 20 Millionen registrierten Kunden, davon 1,3 Millionen in Deutschland, macht vente privee zwar einen spektakulären Bruttoumsatz von 1,5 Milliarden Euro – 70 Prozent des Geschäfts wird davon in Frankreich gemacht –, damit zählt vente privee zu den erfolgreichsten Internetunternehmen der Französischen Republik. Aber: Deutschland wie auch UK und Österreich hinken hinterher, hier haben sich andere Platzhirsche bereits breitgemacht.
Geburtenstarker Jahrgang
Die Geburtsstunde der deutschen geschlossenen Shopping-Communitys war 2007, als BuyVIP, brands4friends, limango oder auch Best Secrets das Licht der Welt erblickten. Ein Jahr später stieg das Verlagshaus Gruner + Jahr mit BuyVIP in die geschlossene Shopping-Community ein; 2009 kaufte die Otto Group limango.de. 2010 wurde das spanischstämmige BuyVIP von Amazon gekauft. Anfang 2011 übernahm eBay für umgerechnet 150 Millionen Euro brands4friends. Auch Zalando blieb nicht untätig und launchte den Shopping-Club Zalando Lounge, der von den Kunden „sehr gut angenommen wird“, sagt Pressefrau Katharina Pläschke. Geplant sind auch ein paar Highlights. „So läuft aktuell zum Beispiel unser digitaler Showroom, der parallel zur Paris Fashion Week gestartet ist. Hier unterstützen wir Jungdesigner und stellen unseren Usern angesagte Trendmarken vor. Für die Eigenwerbung nutzen wir je nach Projekt eine relevante Auswahl gängiger Tools wie E-Mail Marketing, Display Marketing u. v. m.“, führt Pläschke weiter aus.
In diesem Jahr übernahm die Otto-Tochter myToys limango und dann ist da noch der Münchner Shootingstar Westwing Home & Living, der von Möbeln bis Decken und Papiertaschentücher alles unters registrierte Volk bringt, was möglich ist. Das Start-up agiert in zehn Ländern, 15.000 Pakete an Designerstücken werden laut eigenen Angaben pro Tag verschickt. Acht Millionen Nutzer sollen in der Möbel-Shopping-Community registriert sein und für einen Umsatz von 135 Millionen Euro gesorgt haben, heißt es bei Westwing. Weitere Angaben werden nicht gemacht, auch nicht zur Ertragsrechnung, die über die Profitabilität Auskunft geben könnte. Das Telefon der zuständigen Pressefrau ist auf den in Presseanfragen überforderten Kundenservice umgestellt, auf E-Mails wird nicht geantwortet.
Ein wenig auskunftsfreudiger als Westwing ist Rafael Bär, Geschäftsführer von Travelfruits, Deutschlands erstem Shopping-Club für Luxusreisen. Seit zwei Jahren ist dieser im Markt und zählt über 150.000 Mitglieder. Das Alter der Zielgruppe gibt Bär mit 25+ Jahren an, es werden vor allem Paare und Haushalte mit einem Kind angesprochen, die eine hohe Online-Affinität haben und vor allen in Städten wohnen. „Die Frauen sind zumeist die Entscheider der Reise, sie geben die Inspiration, und die Männer zahlen“, sagt Rafael Bär, der namhafte Marken wie Kempinski, Steigenberger oder Lux für ausgewählte Pakete im Vier- und Fünf-Sterne-Segment gewinnen konnte.
Über den Umsatz des Unternehmens mit Sitz in Offenburg macht der Unternehmer genauso wenig Angaben wie über die Anzahl verkaufter Reisen. Online-Werbung wird in Zusammenarbeit mit Portalen und Verlagen gemacht. „Alle zwei Wochen gibt es einen Newsletter, darüber hinaus werden unsere Angebote auf Facebook und Google+ integriert“, antwortet Bär auf die Frage nach seinen Marketingaktivitäten. Mit dem Luxusreisenanbieter „Secret Escapes“, der fünf Millionen Mitglieder europaweit haben soll, sich rasant via Facebook verbreitet und u.a. von TV-Sendern wie RTL unterstützt wird, steht ein neuer Konkurrent parat.
Ein Anbieter ganz anderer Couleur ist windelbar.de, im August 2012 gelaunched. Der auf Babymode, Kinderspielzeug und Kidswear spezialisierte Club soll sich nach eigenen Angaben bereits in die erste Liga der Elternherzen gespielt haben. „Mittlerweile haben sich über 250.000 NutzerInnen registriert“, sagt Laura Schulte, Head of windelbar. Da auch windelbar.de davon lebt, bekannt zu werden, nutzen die Münchner in ihrem „Marketingmix verschiedenste Kanäle des Online-Marketings wie E-Mail, Search, Affiliate oder auch Facebook", so Schulte.
Luft nach oben
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Shopping-Clubs weiter entwickeln werden und das hängt vor allem daran, wie lang der Atem, also der Kapitalfluss und das Interesse der Investoren an Clubs ist, die nur eine untergeordnete Rolle im interaktiven Handel spielen. Der Bundesverband des Deutschen Versandhandels (bvh) hat die Branchenzahlen für das Jahr 2013 veröffentlicht. Der Anteil des Online-Umsatzes am gesamten Versandhandel beträgt nunmehr 80 Prozent, in absoluten Zahlen 39,1 Milliarden Euro. Der Großteil des Umsatzes wurde über E-Commerce-Shops oder Online-Marktplätze wie Amazon erzielt. Kaum eine marktrelevante Bedeutung haben Shopping-Clubs, die gerade einmal 0,6 Prozent zum Branchenumsatz beitragen und ein ähnliches Nischendasein fristen wie TV-Shopping-Sender. Die kommen wenigstens auf 1,7 Prozent. Es kann demnach nur aufwärtsgehen.