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E-MAIL MARKETING

E-Mail-Marketing Dienstleister auf dem Zustellungs-Prüfstand

Jens von Rauchhaupt, 10. März 2014

Die Zustellung (Deliverability) bleibt eines der größten Herausforderungen im E-Mail-Marketing. Trotz vorliegendem Opt-in schafft es in Deutschland jede fünfte E-Mail nicht in die Inbox des Empfängers. Ursächlich dafür sind auch die serverseitigen Spamfilter der Internet Service Provider (ISP). Abhilfe schaffen soll hierzulande zum Beispiel die CSA, kurz Certified Senders Alliance, ein Whitelist-Projekt des Deutschen Dialogmarketing Verbands DDV und des eco-Verbands. Teilnehmer des CSA-Projekts sind neben den Internet Service Provider vor allem die E-Mail Marketing Service Provider (ESP), die sich von der CSA zertifizieren lassen müssen. Doch ein jüngst von der Dialogmarketingagentur Publicare durchgeführter Stichprobentest nährt die Vermutung, dass eine Versendung von E-Mails über CSA-zertifizierte E-Mail-Dienstleister noch keine Garantie für eine gesicherte Zustellung ist.

Eine Teilnahme an der Certified Senders Alliance bedeutet, dass serverseitige Spam-Filterungen ausgesetzt werden, die eine Zustellung von Mails listengeführter Massenversender verhindern, was ausschließlich durch individuelle Nutzereinstellungen erfolgen kann. Die Whitelist soll sowohl die Ressourcen der Internet Service Provider wie auch die der Massenversender schonen.

Zu den teilnehmenden Massenversendern zählen neben Direktkunden wie zum Beispiel XING oder Check24 vor allem auch ein Großteil der am deutschen Markt tätigen E-Mail Marketing Dienstleister (ESP). Diese Dienstleister beraten ihre Kunden hinsichtlich der Deliverability ihrer Marketing-E-Mails und sorgen dafür, dass die Versenderdomains auf die CSA-Whitelist aufgenommen werden. Doch nicht alle ESP scheinen gleichermaßen gut die Vorgaben der CSA umzusetzen. Wir sprachen dazu mit Robert Harnischmacher, Geschäftsführer der Agentur Publicare Marketing Communication, der dazu 20 der gängigsten E-Mail-Marketing-Dienstleister hinsichtlich der wichtigsten CSA-Zustellungskriterien getestet hat.

Adzine: Herr Harnischmacher, Sie haben mit Ihrer Agentur Publicare einen Vergleich unter 20 E-Mail-Service-Anbietern durchgeführt, der hinter den Kulissen für sehr viel Aufregung gesorgt hat. Was haben Sie dort geprüft? Worum ging es bei dieser Untersuchung?

Robert Harnischmacher: Um die praktische Umsetzung von Zustellbarkeitskriterien bei E-Mail-Massenversendungen; wir haben dazu jeweils drei Werbe-E-Mails von 20 E-Mail Service Providern (ESP), die CSA-zertifiziert sind, dahingehend überprüft, wie gut sie die CSA-Vorgaben zur Zustellbarkeit in der Praxis umgesetzt haben. Wir wollten auf Basis tatsächlicher Gegebenheiten wissen, wie gut die technischen Aufnahmekriterien der CSA bei jeweils drei unterschiedlichen Kunden erfüllt sind.

Adzine: Welche Kriterien haben Sie überprüft? Beschreiben Sie uns bitte das Test-Setup.

Robert Harnischmacher

Harnischmacher: Wir haben Ende letzten Jahres stichprobenartig drei E-Mails pro ESP-Anbieter herausgegriffen und diese Mails nach acht Kriterien zur Zustellbarkeit untersucht. Die acht Kriterien gehören zu den Vorgaben des Whitelisting-Projekts Certified Senders Alliance, bei dem die 20 E-Mail-ESPs mitmachen. Wir haben diese acht Prüfungskriterien dann nach unseren „Must-Haves, Good-to-Haves und Should-Haves“ gegliedert. Zu den wichtigen Must-Haves gehören die Implementierung von Reverse PTR, SPF (MFROM) und DKIM. Zu den Good-to-Haves zählen wir die Implementierung von Whois (Sender-IP) und List-Unsubscribe. Die Should-Haves sind Kriterien, die nur mittelbar auf die Zustellung Einfluss haben, SPF (HALO), List-iD und X-CSA-Complaints.

Adzine: Ohne jetzt zu technisch zu werden. Was hat die Überprüfung der E-Mails, die mit Unterstützung der ESP Anbieter versendet wurden, zutage gefördert?

Harnischmacher: Dabei ist herausgekommen, dass die CSA-Kriterien nicht bei allen untersuchten Kunden-E-Mails korrekt umgesetzt waren.

Adzine: Was hat Sie am Ergebnis am meisten überrascht?

Harnischmacher: Verwundert waren wir vor allem darüber, dass bei einigen E-Mails der E-Mail-Authentifizierungsmechanismus DKIM nicht lückenlos und die Abmeldefunktion „List-Unsubscribe“ nicht CSA-konform oder gar nicht implementiert war. Darauf sollten Kunden meiner Meinung bei der Beauftragung eines ESP besonders achten.

Adzine: Aber hat das de facto Auswirkungen auf die Zustellbarkeit? Reicht es nicht, wenn der ESP-Anbieter als Massenversender sich einfach auf der Whitelist der CSA befindet?

Harnischmacher: So einfach ist das nicht. Denn bei E-Mail-Hostern wie Google, deren Gmail-Dienst nicht am CSA-Projekt teilnimmt, greift das Whitelisting nicht. Hier ist es umso wichtiger, dass die anerkannt wichtigen Zustellbarkeitskriterien möglichst vollständig und sauber implementiert sind. Google hat zum Beispiel unlängst eine prominente Abbestellen-Funktion eingeführt, die technisch auf den „List Unsubscribe“-Eintrag im Mail-Header zugreift. Fehlt dieser in der versandten E-Mail, birgt dies indirekt Rechtsrisiken und kann zu höheren Spam-Beschwerderaten führen. Ein zweiter Punkt ist momentan eher hypothetischer Natur: Würde die CSA strikter auf die Einhaltung der Zustellbarkeitsvorgaben bestehen – was wir begrüßen würden, könnten Versender mit einer lückenhaften Implementierungspraxis ihren Whitelisting-Status verlieren. Unser Vergleich soll sowohl die Plattformanbieter als auch ihre Kunden für dieses Thema sensibilisieren. Wir wollten durch unseren Vergleich transparenter machen, wo es augenscheinlich Nachbesserungsbedarf bei der Umsetzung der CSA-Vorgaben und wichtiger Zustellbarkeitskriterien gibt.

Adzine: Sollten sich Versender von Massenmailings, obwohl es die CSA gibt, noch um individuelle Whitelistings bemühen?

Harnischmacher: Grundsätzlich ja, vor allem wenn Massenversendungen in Länder erfolgen, in denen die ISP-Abdeckung der CSA kaum greift. Allerdings wirken Whitelistings immer weniger als isoliertes Instrument. Gerade die großen internationalen Provider wie Google, Yahoo und Microsoft zeigen, wohin die Reise geht: Im Kampf um Marktanteile bei Consumer-Mailboxen ringen sie darum, wer die beste User Experience in der Inbox bietet. Im Idealfall wollen sie dem E-Mail-Empfänger jede eingehende E-Mails direkt in den Ordner liefern, in den er sie intuitiv auch einsortieren würde – wenn das nicht schon der Provider mit Maschinenintelligenz erledigt hätte. Hier greifen komplexe Algorithmen aus Faktoren wie Lesedauer, Klickrate, Abmeldungen und Spam-Beschwerden. Die versendenden Unternehmen müssen deshalb ihre E-Mail-Reputation immer breiter angehen: durch relevanten Content, die richtige Versandfrequenz, flexible E-Mail-Designs, ein sauberes Listenmanagement und nicht zuletzt einwandfreie technische Mail-Einstellungen.

Adzine: Woher stammt denn eigentlich Ihre Motivation, einen solchen Vergleich durchzuführen? Publicare ist ja selbst nicht Anbieter einer eigenen ESP-Plattform.

Harnischmacher: Richtig. Wir sind eine Spezialagentur für E-Mail-Marketing und bieten E-Mail-Marketing-Services an. Wir beraten Werbekunden, die E-Mail-Newsletter bzw. Promotion-Newsletter verschicken. Ein Teil dieser Beratung umfasst das Themengebiet Versender-Reputation und Zustellbarkeit, also ob die E-Mails der Werbekunden in das Postfach der Nutzer gelangen und wie sie dort angezeigt werden. Wir untersuchen daher auch regelmäßig, wie die Accounts der Werbetreibenden bei den einzelnen ESP-Anbietern konfiguriert sind.

Adzine: Wie sind nun die Reaktionen aufseiten der ESP-Anbieter zu Ihrem Test ausgefallen?

Harnischmacher: Völlig unterschiedlich. Wir haben von einigen Marktteilnehmern sehr viel Lob bekommen. Einige Provider haben das als positiven Ansporn genommen und schon begonnen, bei ihren Kunden noch vorhandene Lücken zu schließen. Es gab aber auch sehr erboste Reaktionen, die unsere Methodik infrage gestellt haben. Einige von ihnen haben dann auch rechtliche Schritte gegen uns eingeleitet.

Adzine: Was jetzt in einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts München gemündet ist, das konkrete Ergebnis des Vergleichs vom Netz zu nehmen. Hätten Sie damit nicht rechnen müssen?

Harnischmacher: Mit den teilweise von mir als sehr heftig empfundenen Reaktionen habe ich nicht gerechnet, da wir eigentlich nur einfach abzuprüfende Fakten miteinander verglichen haben, die sich nicht wegdiskutieren lassen. Ich verstehe auch nicht, warum wir diese Fakten nicht veröffentlichen dürfen. Nach den Abmahnungen gegen uns mussten wir aber damit rechnen, dass gerichtliche Schritte eingeleitet werden. Und die einstweilige Verfügung des Landgerichts München müssen wir natürlich auch akzeptieren. Ich hoffe allerdings, dass sich das Landgericht noch davon überzeugen lässt, dass die Veröffentlichung unserer Ergebnisse der Transparenz dient.

Adzine: Es wird Ihnen vorgeworfen, Sie seien nicht unabhängig, weil sie mit dem ESP-Anbieter emarsys zusammenarbeiten, der in ihrem Test dann am Ende auch am besten abgeschnitten hat. Das hat schon einen faden Beigeschmack. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?

Harnischmacher: Richtig ist, dass wir einen Reseller-Vertrag mit emarsys haben. Daraus resultiert der Argwohn einiger Anbieter. Allerdings beraten wir unsere Kunden plattformunabhängig. Bei der Überprüfung der CSA-Kriterien haben wir alle ESPs nach den gleichen Gesichtspunkten geprüft und wahllos drei E-Mails zur Überprüfung herausgepickt. Die Fakten sind bis auf jede einzelne geprüfte E-Mail herunter transparent und nachprüfbar, wir haben alles offengelegt. Außerdem haben wir detailliert begründet, warum wir die Ergebnisse auch bei nur drei ausgewählten E-Mails für aussagekräftig halten.

Adzine: Herr Harnischmacher, vielen Dank für das Gespräch.

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