Social Media wird oft noch als eigenständiger Kanal gesehen, der neben traditionellen Above-the-Line- und Below-the-Line-Aktivitäten zum Teil mühevoll bespielt wird. Aus Nutzersicht gibt es diese Trennung jedoch schon lange nicht mehr: Die Konsumenten unterscheiden nicht, ob sie im Store, auf der Website, in einer App oder auf Facebook mit einer Marke in Berührung kommen – für sie sind es schlichtweg Markenerlebnisse, die sich aus den persönlichen Bedürfnissen und Umständen des Einzelnen ergeben.
Daher dürfen Marken die Touchpoints auch nicht separat betrachten, sondern müssen verstehen, welchen Mehrwert sie an welcher Stelle der Customer Journey erbringen können, stets auf Basis einer konsistenten Markenkommunikation.
Die Zeit, in der die Wahrnehmung von Marken alleine durch die Marken selbst bestimmt wurde, ist glücklicherweise lange vorbei. Getrieben vom rasanten Wachstum von Facebook in den vergangenen Jahren hat es sich für viele Konsumenten etabliert, auch über soziale Netzwerke mit Marken in Kontakt zu treten. Häufig, um Unmut zu äußern und dafür eine Anhängerschaft, also quasi „15 Likes of Fame" zu finden.
Aber auch um positive Erlebnisse mit Produkten und Services mit Freunden zu teilen. Beides können sich Marken zunutze machen. Dabei ist in beiden Fällen ein souveräner Umgang mit den Rückmeldungen der Konsumenten besonders wichtig. So ist nachvollziehbares negatives Feedback als Chance zu verstehen, sich noch besser auf die Bedürfnisse der Zielgruppe einzustellen, Produkte und Services zu optimieren oder auf Basis des Kundenfeedbacks ggf. neu zu kreieren. Erfolgreiche Unternehmen profitieren so vom Involvement ihrer Kunden, nehmen diese ernst und nutzen insbesondere soziale Netzwerke, um einen ehrlichen Dialog zu führen. Dadurch untermauern sie die Authentizität ihrer Marke und belegen, dass Kundenzentriertheit nicht nur als Schlagwort den Geschäftsbericht schmückt.
Die Demokratisierung von Marken ist daher in der Tat problematisch – für die Unternehmen, die noch nicht erkannt haben, welches Potenzial für sie darin schlummert, und die verzweifelt an den gelernten, aber veralteten Paradigmen des Kundenumgangs festhalten.
Ausgangspunkt muss für Unternehmen ein aktives Social-Media-Monitoring sein, d. h. das gezielte Hineinhören ins Social Web, um festzustellen, wie über das Unternehmen, die Produkte und Services, aber auch über Wettbewerber gesprochen wird. Hier ergeben sich oft spannende Erkenntnisse, bis hin zu Frühwarnsystemen, noch bevor bei Problemen das eigene Callcenter torpediert wird. Essenziell ist zudem ein ausgearbeiteter Kommunikationsplan, der Freigabeprozesse, Lead Times oder Kommunikations-Guidelines definiert und vorgibt. So bleibt die Kommunikation auch über verschiedene Touchpoints hinweg (und mit vielen verschiedenen Akteuren) konsistent und kann in der Geschwindigkeit realisiert werden, die Konsumenten heute im Web erwarten.
Der Umgang mit negativem Feedback muss natürlich besonderer Sorgfalt unterliegen. Dabei ist es ein Irrglaube, dass Marken und Unternehmen auf jeden Kundenbeitrag reagieren müssen. Stattdessen ist eine Kategorisierung wichtig, die deutlich macht, wie der jeweilige Kommunikationsprozess angepasst werden muss. Viele Beispiele belegen, dass der souveräne Umgang mit Kritik sich potenziell positiv auf die Markenwahrnehmung auswirken kann und damit erfolgreicher Teil der Markenkommunikation wird. So reagierte der britische Damenbinden-Hersteller Bodyform auf einen kritischen Facebook-Post eines Mannes mit einem augenzwinkernden Video, das sich lawinenartig im Web verbreitete und für einen beachtlichen Imagezuwachs sorgte.
Der Dialog im Web von Konsumenten untereinander, zu positiven wie negativen Markenerlebnissen, findet statt. Mit oder ohne Beteiligung von Marken. Welche Option zu befürworten ist, ist heute keine Frage mehr.
Über den Autor
Peter Krause ist Geschäftsführer der Fullservice-Agentur Triplesense Reply in Frankfurt, wo er gemeinsam mit Julia Saswito das operative Geschäft und Strategieberatung verantwortet. Der 39-Jährige kommt von Syzygy, Frankfurt, wo er von 2009 bis Februar 2013 als Business Unit Director Kunden wie Jägermeister, Daimler, Ferrero und Krombacher betreute. Davor verantwortete er als Group Account Director bei Razorfish, Frankfurt, die Arbeit für Nintendo of Europe und Melitta.
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