Laut einer aktuellen Nielsen-Studie nutzen knapp ein Fünftel aller Smartphone-Besitzer Videoinhalte oder mobiles TV. Bis Jahresende könnte ein mobiles Werbevolumen von 100 Millionen Euro in Deutschland erreicht werden. Ideale Voraussetzungen eigentlich, damit Smartphones und Tablets nun auch dem Fernsehen die großen Werbebudgets streitig machen. Dennoch spielt Video im mobilen Werbemarkt bisher nur eine Nebenrolle.
„Im Moment passiert auf Mobile im Prinzip das gleiche wie vor fünf Jahren, als zuerst TV-Budgets auf Web umgelegt wurden“, sagt Johannes Wiesheu, Teamleader Support und Service DACH bei Smart Adserver, einem Adserving-Anbieter für Online-Vermarkter. Doch obwohl die mobile Nutzung derzeit so stark wächst wie kein anderer Kanal, konnte das Fernsehen laut Nielsen im 1. Halbjahr 2013 seine Position als führendes Werbemedium mit 5,5 Milliarden Euro Werbeumsatz behaupten und sogar ausbauen.
Video steht für Branding, Mobile (noch) für Performance-Marketing
„Im Mobile-Kanal geht es überwiegend nicht um Branding und daher auch nicht um Video-Advertising. Bei den Mobile Ad-Networks überwiegt das Performance-Advertising, welches zudem durch Google dominiert wird“, erklärt Oliver Vesper, Managing Director des Bewegtbildvermarkters smartclip. Budgets für Videowerbung gibt es auf Mobile als Einzelkanal so gut wie nicht. Dies wird bei den Mobile-Vermarktern auch nicht strukturell nachgefragt, beobachtet Vesper.
Das ist eigentlich bedauerlich, denn gerade Bewegtbildwerbung scheint auf Smartphones und Tablets weit besser zu funktionieren als im stationären Netz. Jedenfalls was die Klickrate bei Pre-Roll-Ads betrifft. Das belegt eine neue Untersuchung von TubeMogul. Die US Amerikaner haben von ihrer Einkaufs- und Targetingplattform alle ausgelieferten Video-Ads aus dem ersten Halbjahr 2013 ausgewertet und konnten bei den Pre-Roll-Ads, die auf mobile Endgeräte (Smartphone und Tablet) ausgespielt wurden, eine CTR-Rate von 4.9 Prozent feststellen. Zum Vergleich konnten die stationären Pre-Roll-Ads nur eine CTR-Rate von 0,6 Prozent erzielen. Video Ads machen den Smartphone- und Tablet-Nutzer also zumindest neugierig.
Doch die viele Vermarkter scheinen für Videowerbung auf mobilen Inventar nicht ausreichend vorbereitet. „Branding-Budgets sind begehrt, da qualitativ sehr hochwertig und hochpreisig, aber die klassischen performancegetriebenen Mobile Networks können sie in der Form nicht umsetzen“, sagt Vesper. Branding-Spezialist smartclip vermarktet daher für eine Vielzahl an Mobile-Publishern das Videoinventar, wohingegen ihr Mobile-Displaygeschäft noch bei den Mobile-Vermarktern liegt.
Cross-Plattform-Standards werden erwachsen
Mobile-Video-Werbung findet derzeit hauptsächlich als Teil des Multiscreen-Dreiklangs aus Web, Mobile und Smart-TVs statt – bei smartclip sind bereits 60 Prozent aller Kampagnen Multiscreen-Kampagnen. Bei diesen werden etwa 20 Prozent der Views auf den mobilen Kanälen ausgespielt. Tendenz steigend. Oliver Vesper: „Wir wissen von Überlegungen mehrerer, teilweise namhafter Vermarkter, auf mobile Display Ads (Banner) gänzlich zu verzichten und ihre mobile Nutzung über Video-Advertising zu monetarisieren. Der Trend geht definitiv in diese Richtung.“
Cross-Plattform-Standards werden erwachsen
Dass Mobile Video inzwischen stark wächst, hat auch technische Gründe. So kam im Web noch lange Flash zum Einsatz, das mobil nicht unterstützt wird, doch mittlerweile beginnt sich HTML5 auch in der Breite durchzusetzen. Für Video-Adserving gibt es schon länger den VAST-Standard (Video Ad Serving Template), der die Kommunikation zwischen dem Player und dem Adserver regelt. Mit Lösungen wie der von Smart AdServer ist VAST nun auch mobil verfügbar: „Wir unterstützen die neueste Version (VAST 3.0), die wertvolle Features wie ‚Werbung überspringen‘ oder Ad Pods (Sequenzen von Spots) unterstützt – und das auch in Apps. Das gleiche von der Agentur angelieferte Werbemittel wird also im Web und in mobilen Apps ausgespielt“, erklärt Johannes Wiesheu.
So unterstützt Smart AdServer seit Neuestem die Werbeformate des Bundesligaangebots von Axel Springer, beispielsweise Pre-und Post-Presenter-Clips, die im Umfeld der Bundesligahighlights laufen. Smart AdServer ist dabei für die Ausspielung der Werbeformate auf allen Plattformen und Geräten zuständig: von stationärem und mobilem Web über mobile Apps bis hin zu Smart-TV-Geräten. Dabei nutzt die Videolösung die Cross-Origin Resource Sharing (CORS) und VAST 3.0 Standards sowie umfangreiche Unterstützung von HTML5. Als Datenformat kommt vorrangig MP4 zum Einsatz – wodurch nur ein Video als Ausgangsdatei benötigt wird. Das heißt, es wird nur eine Spezifikation für alle Plattformen gebraucht.
Tablets auf dem Vormarsch
Der überwiegende mobile Video-Traffic, circa drei Viertel der Plays, findet laut smartclip aktuell innerhalb von Apps statt. Die Reichweite auf Smartphones im Vergleich zu Tablets ist dabei noch höher – ungefähr im Verhältnis 70 % zu 30 %. Die Marktpenetration von Tablets steigt jedoch gewaltig an, ein Trend der sich weiter fortsetzt. Von Seiten der Werbetreibenden gibt es verstärkt die Nachfrage, nach Devices zu trennen. Oliver Vesper: „Branding-Kampagnen wirken auf den großen Screens anders. Opel zum Beispiel bucht je nach Flight durchaus explizit Tablets, Chio Chips dagegen hingegen weiß, dass sie ihre Zielgruppen ‚on the go‘, also auch auf dem Smartphone morgens in der S-Bahn oder auf dem Weg zur Arbeit erreichen.“
Klassische Branding-Formate dominieren
Außer in der Größe der Screens unterscheiden sich die Videoformate noch nicht sehr stark von ihren Online-Verwandten. „Klassiker im Branding sind großflächige Interstitials beim Klick von einer Seite zur anderen oder einem Navigationspunkt in der App zum nächsten. Diese Interstitials können auch interaktiv sein, zum Beispiel als HTML5 Rich Media Ads, die auch Videos enthalten“, erklärt Johannes Wiesheu. Außerdem gibt es Banner und HTML5 Fullscreen-Layer mit Rich Media Ad, das sich nach dem Klick auf das Banner öffnet.
„Da es in der Werbung generell und daher auch im Multiscreen-Konzept um Effizienz und um bestmögliche Standardisierung geht, setzen wir auf Fullscreen-Videowerbung, die nutzerinitiiert ist“, sagt Oliver Vesper. Das können im klassischen Umfeld von Video-Content wie Laola1 TV, Zattoo oder Clipfish Pre-Rolls oder Unterbrecherwerbung sein, aber auch im Gaming-Bereich oder in Radio-Apps. „Um effizient die Zielgruppe zu erreichen, brauchen wir nicht 40 verschiedene Formate“, so der smartclip-Mann Vesper.
Auch die Länge der Spots unterscheidet sich nicht groß im Vergleich zum Web. Zwar sind bei Smartphones kürzere Spots gefragt, jedoch werden die Clips derzeit generell kürzer. Das Gros spielt sich bei 20 bis 25 Sekunden ab, nicht mehr im klassischen 30-Sekünder.
Multiscreen-Kampagnen für Multiscreen-Nutzer
Eine große Chance für Multiscreen-Kampagnen ist das veränderte Nutzungsverhalten der Medienkonsumenten. Laut der Studie „Catch me if you can“ von InteractiveMedia und United Internet Mediaverwenden 86 % der online Befragten bereits mehrere Geräte parallel. Dabei fand die Studie heraus, dass die Hierarchie zwischen ‚First Screen‘ und ‚Second Screen‘ sehr fließend ist. Das heißt, die Aufmerksamkeit wechselt ständig zwischen beiden Screens hin und her. Besonders in den TV-Werbepausen, in denen früher umgeschaltet oder aus dem Zimmer gegangen wurde, greift man inzwischen zum Smartphone oder Tablet. Und so bleibt der Zuschauer – anders als früher – für Videowerbung auf dem nächsten Screen erreichbar.
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