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SEARCH MARKETING

Traffic-Quellen für den E-Commerce

Jens von Rauchhaupt, 26. August 2013

Beim Online-Marketing eines Online-Shops einzig auf SEA und Suchmaschinenoptimierung zu setzen, erscheint nicht mehr zeitgemäß. Zu stark ist der Wettbewerb um die vorderen Plätze im Google-Ranking. Preissuchmaschinen und Marktplätze bieten den Webshops vielversprechende Vertriebskanäle, die als Traffic- und Sales-Quellen zunehmend an Bedeutung gewinnen werden.

Wirklich aktuelle Zahlen gibt es zwar nicht, aber Branchenexperten wie Mirko Platz, Geschäftsführer des Hamburger Unternehmens Channelpilot, schätzt, dass es in Deutschland knapp 150.000 Online-Shops gibt, die ihre Waren im Internet anbieten. Die wenigsten davon sind aber Vollprofis, meint Platz: „Darunter befinden sich circa 120.000, die nur eBay, Amazon oder Low-End-Mietshops à la 1&1 als Kleingewerbetreibender im Nebenberuf mit bis zu 25.000 EUR Jahresumsatz setzen. Weitere 20.000 Online-Shops erwirtschaften bis zu 150.000 EUR Jahresumsatz und können davon ggf. auch ihren Lebensunterhalt bestreiten. Danach kommen circa 10.000 Online-Shops, die für Online-Marketing im Monat mehr als 1.000 EUR ausgeben, und davon wieder 1.500 Online-Shops, die den Markt bestimmen.“

Channelpilot ist wie sein Wettbewerber Channeladvisor eine cloud-basierte Plattform zur Multi-Channel-Online-Vermarktung mit deren Hilfe ein angeschlossener Shop seine Produkte über die wichtigsten Online-Vermarktungskanäle besser platzieren kann. Denn für die Online-Händler wird es immer schwieriger, die zahlreichen technischen Hürden zu nehmen, um bei allen relevanten Traffic- und Sales-Quellen wirklich mitmischen zu können. 

Marktplätze sind die digitalen Shoppingmalls

Bei diesen Vermarktungskanälen ist zwischen zwei grundlegenden Kanalarten zu unterscheiden: solche wie etwa die Preissuchmaschinen, die als zusätzliche Traffic-Quelle für den Shop dienen, und solche, bei denen auch der Sale außerhalb des eigenen Shops stattfindet. Zur letzteren Variante zählen Marktplätze wie Amazon, eBay oder auch Hitmeister und Rakuten. Die Bedeutung der Marktplätze als weiterer Vermarktungskanal wächst zusehends.

Diese „Digitalen Shopping Malls“ übernehmen im Grunde genommen das Suchmaschinenmarketing, da ein solcher Marktplatz bei den Produktsuchanfragen in den Suchmaschinenergebnissen oft höher rankt als der eigene Shop. Weniger als Traffic-, aber doch als Sales-Quelle sind sie daher von großer Bedeutung und jeder seriöse Online-Shop von einer gewissen Größe sollte hier vertreten sein, wobei der technische Aufwand deutlich höher ist als bei den Preissuchmaschinen, bei denen der Sale im eigenen Shop stattfindet. Für Mirko Platz von Channelpilot sollte für die Shopanbieter die Berücksichtigung der multiplen Touchpoints auf dem Weg zum Online-Kauf inzwischen Standard sein. „Online-Shops müssen erkennen, dass sie zum Käufer kommen müssen, und wenn sie dies außer Acht lassen, ein großes Potenzial nicht bearbeiten. Daher sollte ein Online-Shop gerade seine Präsenz auf Preisvergleichsseiten und Marktplätzen ausbauen."

Preissuchmaschinen noch und nöcher

Preissuchmaschinen und Marktplätze haben etwas gemeinsam. Ihre Besucher haben bereits ein Kauf- oder zumindest ein Produktinteresse, davon kann man bei einer Suchanfrage in einer Suchmaschine nicht immer zwingend ausgehen. Wer aber im E-Commerce erfolgreich sein möchte, muss das heutige Kaufverhalten der Onliner kennen. Diese wollen sich vor ihrem Kauf umfangreich informieren und vergleichen, bevor sie ihren Kauf tätigen. Preissuchmaschinen geben den Verbrauchern genau diese Möglichkeit und so verwundert es auch nicht, dass den Online-Shoppern inzwischen über 100 Preissuchmaschinen zur Verfügung stehen. Laut Platz bleibe Google zwar nach wie vor der signifikanteste Traffic-Quelle im E-Commerce, doch darauf folgen schon die Preisvergleichsseiten und die Marktplätze, noch vor dem Affiliate Marketing und der Direkteingabe der Shopadresse im Browser.

Mirko Platz

„Viele Preisvergleichsseiten sind heute so stark Google optimiert und haben hohe Stammnutzerzahlen, teilweise über eine Millionen, die über diese Seiten regelmäßig Ihrer Einkäufe starten, dass eine Außerachtlassung der Preisvergleicher schon grob fahrlässig ist. Ich würde sagen, dass gerade die Preissuchmaschinen ihre Vormachtstellung als Traffic-Quellen für den Bereich der vergleichbaren Produkte, aber auch im Bereich Mode und Möbel noch ausgebaut haben. Hier ist vor allem idealo zu nennen, die nochmal deutlich an Größe und auch an Traffic-Qualität zugelegt hat“, sagt Platz.

Sven Graehl, Geschäftsführer und Inhaber des Webanalyseanbieters Econda, dessen Lösungen in zahlreichen E-Commerce-Unternehmen im Einsatz sind, bestätigt zwar die inzwischen „gewichtige Rolle“ der Preisvergleicher und Produktsuchmaschinen als „wichtiges Marketinginstrument“ für die Webshop-Betreiber“. Allerdings differenziert auch Graehl bei deren Beurteilung als E-Commerce Traffic-Quelle: „Die Bedeutung dieser Portale ist stark abhängig vom Produktangebot. Im Fashionbereich spielen die Produktsuchmaschinen keine große Rolle – der Gesamt-Traffic-Anteil ist fast immer kleiner als 1,5 Prozent. Bei Händlern, die Produkte mit ‚strukturierten‘ Produktdaten verkaufen – wie Hardware, Möbel, Weißware, Werkzeuge, Sportgeräte, etc. –, ist die Bedeutung von Produktsuchmaschinen deutlich höher – oft zwischen 10 und 20 Prozent des Gesamtbesuchsvolumens“, so Graehl.

Google mischt überall mit

Gerade durch die Umstellung von Googles eigener Preissuchmaschine „Google Shopping“ auf ein kommerzielles Modell der Product Ads seit diesem Frühjahr ist bei den Preissuchmaschinen einiges an Bewegung hineingekommen. Und hier haben die Webshops noch Nachholbedarf, berichtet Platz. „Viele Shopbetreiber haben sich noch zu wenig mit dem Thema auseinandergesetzt. Die Verwaltung der Product Ads verlangt einen deutlich höheren Aufwand als eine Preissuchmaschine mit festen CPC. Das kategorie- und auch produktabhängige CPC-Bidding bedarf eines hohen Monitoringaufwandes. Wenn sich das CPC-Bidding jedoch erst einmal durchgesetzt hat, werden viele Preissuchmaschinen nachziehen. Dies wird meiner Meinung nach eine große Veränderung bei den Preissuchmaschinen mit sich bringen. Auch hier müssen sich Shopbetreiber frühzeitig mit Beschäftigen und Strategien entwickeln.“

Christian Sauer

Webtrekk, deren Webanalyselösungen unter anderem von zalando, Tchibo und notebooksbilliger.de eingesetzt werden, bestätigt die steigende Bedeutung von Google Shopping als Traffic-Quelle: „Bei den von uns betreuten Online-Shops zeigt sich derzeit, dass Google Shopping für viele Kunden eine neue Traffic-Quelle ist – für die allerdings Daten in einem speziellen Format vorgehalten werden müssen. Daran scheitert die Integration manchmal noch. Einige der kleineren von uns betreuten Shops beziehen jedoch bereits bis zu 30 Prozent ihres Traffics über Google Shopping", berichtet uns Christian Sauer, Geschäftsführer von Webtrekk.

So oder so – Google bleibt gesetzt

Eine Zahl, die Graehl bei seinen E-Commerce-Kunden, darunter auch große wie Deichmann, Heine, Mexx, nicht bestätigen kann. Graehl beobachtet derzeit eher einen Bedeutungsverlust bei der Produktsuche in Google Shopping. „Das Listing in Googles Produktsuche wurde zwischen März und Mai 2013 kostenpflichtig. Viele E-Commerce-Händler achten daher verstärkt auf die Conversion ihrer dort gelisteten Produkte. Es zeigt sich, dass Produkte mit schlechter Conversion sowie Produkte mit geringer Marge aus dem Listing entfernt werden. Aufgrund dessen beobachten wir von Q1 2013 zu Q2 2013 häufig einen Rückgang um circa 50 Prozent des Traffic-Anteils, der über die Google-Produktsuche kommt.“

Graehl ist vielmehr davon überzeugt, dass die Product Listing Ads (PLA) als eigene Traffic-Quelle deutlich an Bedeutung hinzugewinnen werden. Hier werden Produktangebote inklusive Bild aus dem Google Merchant Center nicht nur im Shoppingbereich, sondern auch bei den Keyword-Anzeigen in der Websuche eingeblendet. „Die Product Listing Ads werden sicher stark an Bedeutung gewinnen – ob dies zulasten der anderen SEA-Investitionen geht oder zulasten anderer Produktsuchmaschinen, bleibt abzuwarten.“

Sven Graehl

Graehl glaubt, dass im E-Commerce der größte Anteil der Kunden weiterhin über Google gewonnen wird. „SEA spielt hier die wichtigste Rolle, wobei wir feststellen, dass viele Kunden wieder verstärkt in SEO investieren – vermutlich aufgrund des Preisdrucks und steigender Klickpreise. Zudem verstärken die Händler nun ihre Projekte im Bereich Bestandskundenmarketing – Investitionen in Empfehlungssysteme und intelligente E-Mails mit individuellen Angeboten.“

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