Freizeitbranche: Umkämpfter Markt mit schwierigen Rahmenbedingungen
Christina Rose, 17. Juni 2013Der Sommer ist da. Damit tritt das Marketing der Freizeitbranche , darunter der Freizeit- und Themenparks, wieder in die heiße Phase. Der Konkurrenzdruck ist enorm. Über Marketingstrategien – on- wie offline – sprechen Anbieter aus dem Freizeitsektor nicht gern. Aber auch aus genau diesem Grund ist der Handlungsbedarf hoch.
„Deutschland gehört bei den Themen- und Freizeitparks zu den führenden Nationen in Europa. Die Einrichtungen ziehen jährlich mehr als 50 Millionen Besucher an“, konstatiert das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Trendscope. Die zunächst imposant anmutende Zahl kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Freizeitpark- und -eventbereich so umkämpft ist wie kaum eine andere Branche. Denn in wirtschaftlich unsicheren Zeiten fallen als Erstes kostspielige Freizeitevents dem Sparzwang der Konsumenten zum Opfer. Zweiter Faktor: Das Wetter. Nach dem langen Winter mussten einige Freizeitparks ihre Saisoneröffnungen nach hinten verschieben.
Auch das zu kühle und verregnete Frühjahr bremste die Besucherlust. Zu allem Übel macht nun noch das neuerliche Jahrhunderthochwasser den Outdooreinrichtungen schwer zu schaffen. Besonders kleinere Parks, wie der im vogtländischen Plohn, leiden unter den Wetterkapriolen. Zu den Besucherausfällen kommen noch Kosten für Reinigung und Wiederinstandsetzung. „Die bisherige Saison war ein Fiasko“, zitiert das Branchenportal Parscout.de Parkgeschäftsführer Lutz Müller. Im Durchschnitt besucht laut Verbrauchs- und Medienanalyse VuMA hierzulande jeder Zehnte einmal pro Jahr einen Freizeitpark. Fast 54 Prozent machen es aber nie und knapp ein Drittel nur selten.
Effektivität von Social Media umstritten
Freizeitparks – und dabei vor allem die kleineren – leben von den Tagesbesuchern und sind in Sachen klassischer Print- und Radiowerbung entsprechend vor allem regional ausgerichtet. Die kostspieligen Fernsehspots leisten sich nur wenige große. Online-Werbung dagegen steht auf der Agenda aller Anbieter. Wie viel Unsicherheit und Konkurrenzdruck hier aber herrschen, zeigt auch, wie schmallippig die Anbieter werden, wenn es um das Thema Online-Marketing geht. Nur wenige berichten hier von ihren Erfahrungen und Strategien.
Für den Nischenanbieter „Mittelalterlich Phantasie Spectaculum“ (MPS) ist die Website Dreh- und Angelpunkt aller Werbemaßnahmen, erläutert Pressesprecher Edwin Ball: „Alle Offline-Maßnahmen weisen primär auf unsere Homepage und Facebook-Präsenz hin. Hier können dann alle relevanten Details, News etc. zu unseren Festivals ausführlich entnommen werden. Auch die Teilnehmer sowie die Sites der Regionen und Städte, in denen das Spectaculum gastiert, schalten Vorabankündigungen und verlinken zu uns.“ Klassische Online-Werbung spielt laut Ball dagegen kaum eine Rolle: „Das MPS ist als Festivalreihe in ganz Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden sehr bekannt und in den für die Szene wichtigen Foren immer gelistet.“ Sehr wichtiges Tool sei noch immer die Mund-zu-Mund-Propaganda als die „ehrlichste Form von solider und guter Werbung“.
Deren Online-Verlängerung ist Social Media, das nach eigenem Bekunden von Parkbetreibern aller Größe, einen erheblichen Stellenwert im Marketingmix hat. „Wir pflegen die Facebook-Fanpage und bauen sie mit neuen Funktionen aus, wie einer Buchungsfunktion, inszenieren Online-Spiele, damit der Aufmerksamkeitsfaktor hoch bleibt, posten über neue Attraktionen und stehen im engen Dialog mit den Nutzern. Darum kümmern sich zwei Mitarbeiter, die sich den ganzen Tag ausschließlich mit der Online-Kommunikation beschäftigen“, schildert Frank Otto, Geschäftsführer der Werbeagentur Shapefruit, die den holländischen Efteling-Park betreut.
Auch für das Heide Park Resort ist die Facebook-Page mit über 232.000 Fans die wichtigste Social-Media-Plattform. „Social Media, insbesondere Facebook, ist ein zentrales Medium, um mit unseren Fans und Gästen in engem Kontakt zu bleiben. Wir erhalten direktes Feedback auf Aktionen und Erlebnisse im Park, Hotel und Camp. Lob und Kritik sind an dieser Stelle für uns essenziell und wichtig“, argumentiert Volker Sur, E-Marketing-Koordinator des Heide Park Resorts.
Im Unterschied zu den Freizeitparks hält manch Freizeit- und Eventanbieter nicht viel von Facebook & Co. Hier rentiere sich Social Media kaum, da sich in diesem Umfeld kaum Umsätze generieren ließen und in keinem Verhältnis zu den Umsätzen stünden, die beispielsweise über Suchmaschinen oder aus Newslettern kämen. Entsprechend investieren solche Anbieter meist den größten Teil des Werbebudgets in die bezahlte Suche.
Ein ähnlich hoher Anteil entfällt auf Fernsehwerbung, schon mit einigem Abstand gefolgt von Affiliate-Marketing, Newsletter-Marketing und klassischen Mailings. Ziel der Werbemaßnahmen ist meist der eigene Webseite, um die Nutzer weitergehend zu informieren. Klassische Display-Werbung dagegen hat entsprechend nur einen geringen Teil am Werbemix. Hauptsächlich geht es dabei dann um Retargeting Maßnahmen. Die Frage nach Branding- oder Performance-Maßnahmen stellt sich für manch einen nicht, getreu dem Motto: „Werbung, die nicht verkauft, erzielt auch kein Branding.“ Und wenn eine Anzeige gewisse Branding-Effekte erzielt, dann möglicherweise bei den falschen Leuten zum falschen Zeitpunkt. Deshalb lautet die Konsequenz bei jeder Werbemaßnahme: Ohne Umsatz kein Budget.
Die Messung der Effekte per Cookies ist nicht für jeden der Königsweg. Den Grund liefern Google-Zahlen, denen zufolge 34 Prozent der Deutschen ihre Cookies innerhalb von 30 Tagen löschen. Zudem hegen einige Eventanbieter die Befürchtung, den Nutzer zu verlieren, sobald er ein anderes Gerät nutzt. Für diesen Fall gibt es Lösungen, wie den digitalen Fingerprint, der verschiedene Uservariablen wie Teile der IP-Adresse, Betriebssystem, Bildschirmauflösung, Sprache, Plug-ins etc. nutzt, um die Lücken in der Customer Journey zu füllen, wenn der Nutzer von Desktop-PC zu Smartphone, Tablet oder Laptop wechselt. Allerdings sind solche Lösungen noch in der Testphase. In den USA gibt es allerdings schon Anbieter von Fingerprint-Tracking, die auch geräteübergreifend tracken. Dazu muss nur einmal eine Verbindung zwischen beiden Geräten hergestellt worden sein, indem sich der Kunde auf beiden Devices in sein Kundenkonto eingeloggt hat. Danach bleibt die Verbindung zwischen den Geräten bestehen, der Nutzer muss sich zur Identifizierung nicht noch mal einloggen. Doch solche Techniken sind hierzulande noch keine Praxis. Die aktuelle Alternative: Die Herkunft seiner Nutzer per Abfrage und on- wie offline über Rabattcodes ermitteln, die sich auf ein bestimmtes Werbemedium zurückführen lassen.
Mehr auf Dialogkommunikation statt auf direkten Abverkauf setzen die Freizeitparks. Schließlich ist die Entscheidungsfindung, einen Freizeitpark zu besuchen, auch eine etwas andere, als beispielsweise einen Eventgutschein online zu kaufen. „Unsere Strategie ist es, Interessenten möglichst oft auf den Freizeitpark hinzuweisen, da wir kein Produkt des täglichen Bedarfs anbieten, und sie möglichst da abholen, wo sie daran denken, einen Freizeitpark zu besuchen“, erklärt Efteling-Berater Frank Otto. So schalte man auf Facebook Werbung, mache Google-Adwords- und Bannerkampagnen, flankierend zu Radio- und TV-Flights, wobei die Banner vor allem dem Branding dienen, wie offline die Plakatwerbung. Denn die Conversion Rate aus Bannern sei für den Freizeitpark kaum der Rede wert, winkt Otto ab.
Sehr gut dagegen funktioniere das Newsletter-Marketing. „Als wir mit unserer crossmedialen Kampagne im vergangenen Jahr gestartet sind, hatten wir knapp 3500 Newsletter-Abonnenten. Nach eineinhalb Jahren haben wir diese Zahl gemeinsam mit unserem Partner promio.net auf 170.000 gesteigert“, freut sich Otto. Ein Drittel mehr Besucher habe man in den Park locken können dank regionaler Auslieferung und Rabatt-Coupons im E-Mailing.
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