Die Anti-Adblocker-Initiative einiger Online-Medien legt den Finger in die Wunde einer ganzen Branche. Die Frage nach der Akzeptanz von Display-Werbung wird neu gestellt. Das eröffnet neue Chancen für eine Diskussion über alternative Berechnungsgrundlagen für den Preis von Online-Werbung.
Vor etwa einer Woche wendeten sich sechs Nachrichtenseiten an ihre Leser: "Gewähren Sie bitte eine Ausnahme für die durch Sie genutzten Nachrichtenseiten bei Ihrem Adblocker", hieß es in deren Statement. Die Betreiber der Nachrichtenportale appellieren in den kommenden Wochen mit Einblenden an die Fairness und bitten um die Solidarität der Leser, damit auch weiterhin Nachrichtenjournalismus im Netz angeboten werden kann.
Simon Köpp, Sales Director Deutschland beim Technologie-Anbieter Adform, sieht nicht den User, sondern die Verlage in der Pflicht und schlägt ein neues Preismodell vor.
Masse statt Klasse vertreibt Besucher
„Der Blick auf so manche Webseite vermittelt den Eindruck, dass Vermarkter hier nach dem Motto ‚Masse statt Klasse’ Inventar füllen. Da ist es kaum verwunderlich, dass viele Nutzer zum Werbeblocker greifen. Der Aufruf der Nachrichtenportale an ihre Leser, Adblocker zu deaktivieren, zeugt von Ignoranz. Denn die technische ‚Notwehr’ der Nutzer ist ein hausgemachtes Problem der Verlage. Sie haben versucht, die sinkenden TKPs mit mehr Platzierungen auszugleichen, statt an die Ursachen für Werbeverdruss zu gehen.“
Große Banner-Formate „beruhigen“ Seiten
„Gerade Anbieter von Premium-Inventar täten gut daran, die Anzahl der Banner auf ihrer Seite zu reduzieren. Im Sinne von Lesern und Werbetreibenden wären wenige großformatige Formate wie Billboards sinnvoller. Denn neben der reinen Sichtbarkeit einer Anzeige ist es ebenso wichtig, dass das Werbemittel eine Größe hat, die von Besuchern auch wahrgenommen wird. Die Reduktion der Bannerzahl würde die Seiten visuell ruhiger erscheinen lassen und den Betrachter nicht so erschlagen. Im Zweifel ist das gut für die Werbewirkung.“
„Brand Exposure Duration“ als neue Berechnungsgrundlage
„Ein Strategiewechsel auf größere Banner-Formate böte auch die Gelegenheit, neue Berechnungsgrundlagen für Werbepreise einzuführen. Eine Kenngröße könnte das Verhältnis von sichtbarer Fläche und Bildschirm sein. Setzen Inventaranbieter auf wenige großflächige, attraktive Werbeformate, bietet ihnen die durchschnittliche Anzeigedauer im sichtbaren Bereich multipliziert mit der prozentualen Fläche des sichtbaren Bildschirmbereichs eine neue Berechnungsgrundlage. Vereinfacht könnte man auch Fläche mal Zeit sagen. Ist ein Banner also 10 Sekunden sichtbar und nimmt 5 Prozent der Bildschirmfläche ein, ergibt sich daraus eine durchschnittliche ‚Brand Exposure Duration’ von 0,5 Sekunden. Diese Vorgehensweise orientiert sich am Nutzungsverhalten des Seitenbesuchers und kann letztlich zu einer höheren Akzeptanz der Online-Werbung führen. Schließlich muss hierzu nicht die größtmögliche Menge an Werbeinventar aufgeboten werden.“
Simon Köpp abschließend: „Verlage müssen über Alternativen nachdenken, statt die Leser für ihr hausgemachtes Problem verantwortlich zu machen.“