Strategien und Techniken für Reaktivierungs-E-Mail-Kampagnen
Richard Volkmann, 24. April 2013Loyale, langjährige Kunden mit hoher Markenbindung sind ein wichtiges Kapital für jeden Anbieter. Daher lohnt es sich ganz besonders, das Engagement von Kunden zu fördern und zu stärken – so können aus Gelegenheitskunden ganz schnell echte Stammkunden werden. Doch diese Entwicklung verläuft keineswegs streng linear. Immer wieder geraten Kunden aus dem Blickfeld des Anbieters.
Spürbar wird das beim E-Mail-Marketing vor allem daran, dass sich solche Kunden plötzlich nicht mehr empfänglich für die Kommunikation zeigen: Newsletter werden nicht mehr geöffnet, der Adressat ist gewissermaßen „unbekannt verzogen“.
Kaum ein Unternehmen kann es sich leisten, inaktive Kunden links liegen zu lassen. „No one left behind“ muss auch hier die Parole lauten. Reaktivierung ist das passende Instrument, natürlich im Idealfall per E-Mail-Kampagne.
Ein Kunde ist immer auch eine Investition. Ein Unternehmen hat Mittel und Mühe aufgewendet, um seine Marke, sein Produkt oder seine Dienstleistung für den potenziellen Käufer attraktiv zu machen. Daher ist es wirtschaftlich in jeder Hinsicht sinnvoll, diese Investition im Fall eines inaktiven Kunden nicht verloren zu geben sondern dafür zu sorgen, dass sie sich auch weiterhin auszahlt. In jedem Fall ist es kostengünstiger, einen Kunden zu halten, als einen neuen zu gewinnen.
Früherkennung ist erfolgskritisch
Wie aber lassen sich inaktive Kunden mithilfe von E-Mail-Kampagnen zurückgewinnen? Zumal die Inaktivität oft gerade darin besteht, auf Marketing-E-Mails oder E-Newsletter nicht zu reagieren, sie nicht zu öffnen oder per Spam-Filter gar nicht erst in die Inbox gelangen zu lassen?
Der Absender muss, schon bevor er den Kunden direkt ansprechen kann, einiges beachten. Die entsprechenden Filter der E-MaiI-Providers kann er nicht umgehen. Also empfiehlt es sich, entsprechende Tendenzen zur Inaktivität bei noch aktiven Kunden so früh wie möglich zu erkennen und mit einem regelrechten Reaktivierungsplan gegenzusteuern.
Framework mit vier Basiskomponenten
Entscheidend für die Erfolgsaussichten eines Reaktivierungsprogramms ist die Existenz und Qualität eines entsprechenden Rahmens bzw. Frameworks. Dessen wesentlichen Elemente sind a) die Analyse der Kundendaten, b) das Erkennen des aktuellen und zurückliegenden Engagementlevels, c) die Entwicklung einer Strategie hinsichtlich der Reaktivierungsbotschaften durch geeignete Tests und d) die Integration der Testergebnisse in Strategien und Maßnahmen für die unterschiedlichen Kundentypen.
Zur Analyse der Kunden- bzw. – im Fall eines E-Newsletters – Abonnentendaten gehört zuvorderst der Erkenntnisgewinn darüber, wer von den Adressaten die E-Mails überhaupt anklickt und öffnet. So können dauerhaft inaktive E-Mail-Adressen frühzeitig ausgesondert werden. Die nächste Frage ist, in welchem Maß sich diejenigen engagieren, die Marketing-E-Mails anklicken. Hieraus lässt sich schließen, wer unter Umständen einer gezielten Ansprache bedarf. Auch die Kaufhistorie und die Dauer des bestehenden Abonnements spielen eine Rolle. Nicht zuletzt sollte die Herkunft der E-Mail-Adressen genau betrachtet und danach beurteilt werden, ob sich Aktivität oder Inaktivität je nach Adressenursprung zuordnen lassen. Schließlich sollte auch noch analysiert werden, wie der einzelne Kunde am besten zu erreichen ist. Hierzu können auch demografische und verhaltensbezogene Daten beitragen.
Bei der Identifikation des individuellen Abonnentenengagements hilft eine Segmentierung der Kundenliste in drei Kategorien: Aktive, Inaktive mit einem höheren Zustellbarkeitsrisiko und Inaktive mit einem geringeren Zustellbarkeitsrisiko. Insbesondere Letztere sind die vordringlichsten Kandidaten für Reaktivierungskampagnen. Aber auch Aktive können Zeichen nachlassenden Engagements zeigen – was schon damit beginnen kann, dass sie nicht auf Willkommen-E-Mails des Anbieters reagieren.
Strategischer Ansatz und inhaltliche Relevanz
Die Erkenntnisse aus Analyse und Identifikation bilden die Basis der Entwicklung einer Strategie für die gezielte Zusendung relevanter Rückgewinnung-E-Mails. Hierbei kommt es auf deren Relevanz an. E-Mails für die Aktiven – die eine präventive Funktion haben – können beispielsweise Test-Incentives oder Präferenzabfragen enthalten. Die Frequenz der versendeten E-Mails spielt ebenfalls eine Rolle. Inaktive mit höherem Zustellbarkeitsrisiko bergen Gefahrenpotenzial: Kommt es vermehrt zu vergeblichen Zustellungsversuchen, kann die Reputation des Absenders bei den Internetprovidern Schaden nehmen. Inaktive mit geringerem Unzustellbarkeitsrisiko bieten die besten Chancen für ein Reaktivierungsprogramm. Gerade hier kommt es aber auf die richtige Strategie für relevante Botschaften in geeigneten Intervallen an. Ein allgemein empfohlener Rhythmus für entsprechende E-Mails ist etwa einmal im Quartal, es hängt im Einzelfall aber auch von Branche, Geschäftszyklus und Saison ab.
Um die Adressaten zum Öffnen der Reaktivierungsmails zu animieren, können Marketingverantwortliche mehrere Taktiken – basierend auf entsprechenden Analysen und Segmentierungsschritten – anwenden: So sollten ehemalige Kunden individueller angesprochen werden als solche Adressaten, die noch nichts gekauft haben. Erstere können zum Beispiel mit Produktangeboten gelockt werden, die sich schon in der Vergangenheit als sehr erfolgreich erwiesen haben und überwiegend einen intensiven E-Mail-Verkehr generieren. Auch eine sorgsam abgestimmte E-Mail-Serie, in deren Rahmen verschiedene Taktiken zum Einsatz kommen, kann zum Erfolg führen.
Direkte Ansprache und aktive Einbeziehung des Adressaten
Wer überzeugen will, braucht Argumente. Und die sollten sich möglichst frühzeitig und gut sichtbar zeigen – am besten schon in der Betreffzeile einer Reaktivierungsmail. Ob Rabattangebot, direkte Ansprache wie „Wir wollen Sie als Kunden zurück!“ oder Angebote mit zeitlicher Begrenzung: Die Möglichkeiten, die Neugier und das Engagement der Adressaten zu wecken, sind zahlreich. Gerade zeitlich eingeschränkte Aktionen können hier sehr wirksam sein, denn sie üben einen gewissen Handlungsdruck auf den Angeschriebenen aus, ohne ihn damit zu verärgern.
Ein weiteres probates Mittel zur Animierung (oder Reanimierung) potenzieller Kunden sind Umfragen. Mit ihrer Hilfe können Anbieter wichtige Informationen über Produktvorlieben, Kaufgewohnheiten oder Interessen gewinnen. Daraus lassen sich dann noch individueller zugeschnittene Offerten ableiten.
Für eine zielgenauere Adressierung des Einzelnen empfehlen sich zudem eine Analyse des vormaligen Kaufverhaltens oder eine RFM-Analyse (Recency, Frequency, Monetary), die weitere Spezifizierungen von Anschreiben ermöglichen.
Neben externen Instrumenten zur Informationsgewinnung bietet nicht zuletzt die Vielfalt der heute verfügbaren Kommunikationskanäle zusätzliche Gelegenheit, Reaktivierungsmails wirksamer, zielgenauer – und damit effizienter zu machen. Das Spektrum reicht von physischen Orten wie etwa einem Store bis zum Cyberspace mit seinen sozialen Netzwerken. Bei Kanälen wie dem mobilen Internet kommt es jedoch ganz besonders auf eine adäquate Darstellung der Inhalte auf den jeweiligen Displays der Endgeräte an.
Reaktivierungskunden unter verschärfter Beobachtung
In jedem Fall ist es für Marketingverantwortliche sinnvoll, zeitweise inaktive Kunden genauestens zu beobachten, nachdem sie in den Marketing-E-Mail-Zyklus integriert worden sind. Diese Beobachtungen lassen wertvolle Erkenntnisse über die Wirksamkeit von Strategien und Kampagnen zu – und geben Hinweise auf eventuelle Optimierungs- und Feinjustierungspotenziale.
Reaktivierungsstrategien sollten fester Bestandteil eines jeden E-Mail-Marketingprogramms sein. Sie dienen nicht nur der Reaktivierung „schlafender“ Kunden, sondern sorgen auch dafür, dass z. B. aus E-Mail-Newsletter-Abonnenten Käufer werden. Die Kosten der Rückgewinnungsinitiativen sind dabei vergleichsweise günstig – und in jedem Fall deutlich niedriger als jene, die für die Gewinnung neuer Kunden aufzubringen wären.