Abo-Marketing: Verlagsvertrieb setzt zunehmend aufs Web
Jens von Rauchhaupt, 7. März 2013Verlage und Presseanbieter stehen vor einer doppelten Herausforderung. Durch sinkende Print-Werbeerlöse gewinnt der Abo-Markt für Zeitschriften und Zeitungen kontinuierlich an Bedeutung. Doch gleichzeitig sind klassische Methoden zur Abonnenten-Gewinnung oft nicht mehr ausreichend effizient. Der Vertrieb wandert ins Netz.
Die Tage der auf Abos spezialisierten Weiterverkäufer, die etwa in den Fußgängerzonen der Städte Zeitungs- und Zeitschriften-Abos im Namen der Verlage verticken, scheinen gezählt. Bereits im Jahr 2010 wurden laut einer VDZ-Untersuchung „Online Abo-Optimierung“ 30 Prozent der Verlags- und Presse-Abos im Internet abgeschlossen. „Es gibt zwar zurzeit keine aktuelleren Zahlen, aber bei einigen Verlagen wird der Anteil inzwischen deutlich höher sein“, glaubt André Koegler, Mitbegründer und Geschäftsführer der Düsseldorfer Performance-Marketing-Agentur ad-cons.
Ad-cons betreibt mit medialead inzwischen eine Spezialunit, die sich mithilfe des Affiliate Marketings auf das digitale Abo-Marketing für Verlage spezialisiert hat. „Der besondere Vorteil von Affiliate Marketing zur digitalen Abo-Generierung ist die Tatsache, dass ein großer Anteil der Zielgruppe gut und schnell im Internet erreicht werden kann, weil sich viele der Affiliate-Publisher auf diese Themen spezialisiert haben. Wenn ein Verlag in kurzer Zeit eine bestimmte Anzahl an Abonnementen braucht, dann wissen wir genau wo und wie wir den Verlag platzieren müssen“, sagt Koegler.
Die Düsseldorfer haben über 10 Jahre hinweg ein eigenes „Private Vertriebsnetzwerk“ aufgebaut. Dort werden die Verlagsangebote dann in Form von Produktdaten oder Abo-Aktionen direkt platziert. Zwar geht ad-cons mit medialead auch zunehmend dazu über, Performance-Display-Anzeigen einzusetzen, aber noch werden die meisten Angebote im eigenen Vertriebsnetzwerk fest beim Affiliate eingebunden. Zum medialead-Netzwerk zählen contentrelevante Partnerseiten wie Abovergleichsangebote oder Sparerseiten genauso wie Special-Interest-Partnerseiten mit speziellen Zielgruppen; aber auch echte Reichweitenpublisher wie Spieleanbieter auf Facebook.
„Die durchschnittliche Conversion liegt bei uns zwischen 8 und 10 Prozent der Webseitenbesucher. Das hängt aber immer stark vom Publisher und vom Abo-Angebot ab“, berichtet Koegler. Ein Publisher erhält etwa 15 und 20 Prozent Provision vom Umsatz, vergütet wird nach CPO, also bei der Abo-Bestellung. Zu den Kunden von medialead gehört der Leserservice der Deutschen Post, der allerdings als Zwischenhändler kein Verleger ist. Denn mit medialead will Koegler auch direkt mit den Verlagen Geschäfte machen. „Im Leserservice haben wir fast alle Topzeitschriften Deutschlands. Wir zielen aber auch auf den Direktvertrieb der Verlage ab. Zu unseren Kunden zählen u. a. bereits Family Media, der Olympia-Verlag und der Landwirtschaftsverlag und mit weiteren namhaften Verlagshäusern stehen wir in intensivem Kontakt.“
Viele der großen und etablierten Affiliate-Netzwerke tun sich immer schwerer damit, attraktive Angebote für die Verlage zu schnüren. Es gibt aber auch Ausnahmen. So hat für den Bereich der Abo-Gewinnung der Affiliate-Netzwerk-Betreiber Commission Junction mit CJ Campaign eigens eine Abteilung für das Abo-Marketing aufgebaut. „Sie zählt klar zu den Wachstumstreibern des Unternehmens. So konnten wir die Anzahl der Lead-Kampagnen in den vergangenen drei Jahren hier glatt vervierfachen“, berichtet Tobias Allgeyer, Country Manager Commission Junction. Neben überregionalen Tageszeitungen betreut Commission Junction Magazine aus den Bereichen Fashion, Lifestyle und IT. Zusätzlich zum Verlagsgeschäft sind bei CJ Campaign mit anderen Lead-Kampagnen wie Probefahrten und Finanzleads gebündelt. Commission Junction hat den Vorteil, über das Partner-Werbenetzwerk von ValueClick auch gleich entsprechende Performance-Display-Anzeigen zu schalten. „Beide Kanäle sind für die Generierung von Abos sehr gut geeignet. Kunden buchen in der Praxis häufig Kampagnen sowohl bei Commission Junction als auch über unser Ad Network ValueClick Media“, sagt Allgeyer.
Das Geschäft mit den Abos läuft also nicht nur über das Affiliate Marketing. Auch Spezialanbieter aus dem Performance-Display-Bereich widmen sich schon lange dem Thema Abo-Marketing. So auch das Stuttgarter Unternehmen M,P, Newmedia. „Wir betreuen seit über 10 Jahren fast alle großen deutschen Verlage im Abo-Marketing via Display Advertising“, sagt Marco Mayer, Gründer und Geschäftsführer von M,P, Newmedia. Bei diesen Performance-Kampagnen wird das komplette Werbemittelspektrum, also Standardwerbemittel, Log-out-Ads, Maxi-Ads und Pop-under-Ads eingesetzt. „In jüngster Zeit nutzen wir sogar Wallpaper-Formate, wenn der Verlag eine Branding-Komponente einbringen will.“ Über die Lead-Kosten will sich Mayer nur ungern äußern, zu unterschiedlich performten die Abo-Angebote. Die Bandbreite für einen Lead liege aber grob zwischen 15 und 55 Euro. Nicht alles lässt sich eben gleich gut an die Frau oder den Mann bringen. „Tageszeitungen sind zum Beispiel schwere Titel. Das liegt daran, dass junge Leser dafür im Internet kaum zu gewinnen sind und meistens die Abo-Preise auch noch relativ sportlich sind“, meint Mayer.
Unerlässliche Werbegeschenke?
Wie auch Allgeyer von Commission Junction glaubt Mayer, dass im digitalen Abo-Marketing kein Weg an Werbegeschenke, den Incentives für die Abonnenten vorbeiführt „Für ein digitales Abo kommt man aufgrund der attraktiveren Preise vielleicht noch ohne Incentives aus, beim Print-Abo ist das aber unerlässlich“, sagt Mayer. Die Incentives sollten dabei im Verhältnis zum Wert des Abos stehen. „Ein Mini-Abo, das 30 Euro kostet, ist schon eine Preisschwelle, die ein User nicht einfach spontan über den Klick auf ein Banner ausführt. Da muss man schon ein überzeugendes Werbegeschenk beilegen, um eine gute Konversionsrate und einen attraktiven CPL zu realisieren“, sagt Mayer. Er sieht daher die Beratung der Verlage über die gesamten Angebots-Bundles, also den Preispunkt, die Rahmenbedingungen und die Incentives als Kern seiner Dienstleistung. Ist zum Beispiel eine automatische Vertragsverlängerungen gewollt, könnte ein hochwertiges Werbegeschenk eine Rolle für den Abo-Abschluss spielen. „Eine automatische Vertragsverlängerung ist schon stückweit ein Malus“, sagt Mayer.
Koegler glaubt hingegen, dass die Branche aus dieser „Incentive-Zwickmühle“ rauskommen sollte. „Die hohe Incentivierung macht der ganzen Branche sehr zu schaffen. Ursache ist die große Anzahl an Zwischenhändlern, die mit ihren Angeboten die Preisspirale in Gang halten. Die Verlage suchen gerade nach Alternativen. Ich glaube ja, guter Content hat diesen Prämienwahnsinn gar nicht nötig haben. Das sieht man am Landwirtschaftsverlag. Titel wie LandLust finden auch ohne hohe Prämien ihre Leserschaft, wenn der Wettbewerb keine anderen Angebote bietet.“
Affiliate Marketing bleibt ein Teil vom Ganzen
Am Beispiel des Abo-Marketings lässt sich gut beobachten wie sich auch das Affiliate Marketing verändert hat, Koegler sieht es nun als „ein Werkzeug im Werkzeugkasten des Marketers“. „Die verschiedenen Online-Disziplinen vermischen sich gerade. Das klassische Affiliate Marketing mit seinen Partnerprogrammen muss dabei auf jeden Fall einen festen Platz im Vertrieb der Verlage haben. Was wirklich funktioniert, ist vor allem noch immer abhängig vom einzelnen Verlag und seinen speziellen Angeboten. Die Idealkonstellation wäre, wenn der Verlag auf alle diese Maßnahmen setzt und dabei als Advertiser selbst am Hebelwerk steht und alles aussteuern kann. Das aber beherrschen höchsten die drei, vier Großen. Der Rest ist dazu nicht in der Lage, einfach weil sie es über Jahrzehnte nicht tun mussten.“