In Großbritannien ist die British Sky Broadcasting Group (BSkyB), besser bekannt als Sky, schon seit einiger Zeit auf den Real-Time-Advertising-Zug aufgesprungen. Schon 40 Prozent des Display-Budgets wird bei Sky für den dynamischen Einkauf eingesetzt. Tendenz steigend. Damit macht der Bezahlsender es anderen großen Marken vor, wohin die Reise geht. Wie sprachen mit Joel Christie, Online Marketing Controller bei BSkyB über die Erfahrungen des Senders mit RTB-Kampagnen.
Adzine: Ihr Unternehmen gehört zu den Advertisern, die sich beim Display-Advertising sehr aufgeschlossen gegenüber Platform und Real-Time Buying zeigen. Was bieten Ihnen diese neuen Einkaufsmöglichkeiten im Vergleich zum klassischen Mediaeinkauf?
Joel Christie: Wir haben unsere erste RTB-Kampagne schon 2010 durchgeführt und ich glaube, damit gehörten wir zu den ersten großen Advertisern, die das in Europa gemacht haben. Ich kann mit Bestimmtheit sagen, dass sich die Art und Weise, wie wir Werbung planen und kaufen, durch diese Technologie komplett verändert hat. Der Unterschied lässt sich in drei Worten zusammenfassen: Transparenz, Kontrolle und Effizienz. Wir konnten auch Targeting und Segmentierung viel gezielter nutzen, was angesichts unserer zahlreichen KPIs äußerst angebracht ist. Wir können auf einfache Weise taktische, agile Kampagnen realisieren, um ganz bestimmte demografische Zielgruppen in beliebiger Größenordnung zu erreichen – das ist fantastisch und wäre ohne RTB viel arbeitsintensiver gewesen.
Adzine: Wie viel Prozent Ihres Online-Werbe-Budgets setzen Sie heute schon in dynamischen Plattformen ein und wie wird sich das weiter entwickeln?
Joel Christie: Vor drei Jahren waren es noch null Prozent, aber seitdem haben wir es rapide gesteigert. Zurzeit investieren wir rund 40 % unseres Online-Werbe-Etats in RTB und ich rechne mit einer Fortsetzung dieses Wachstums.
Adzine: Ergänzen sich bei Ihnen der klassische Mediaeinkauf und das Platform Buying oder handelt es sich dabei noch um strikt getrennte Kampagnen- und Werbeziele?
Joel Christie: Ich denke, der traditionelle und der automatisierte Mediaeinkauf können sich ergänzen. Es gibt eine Reihe von Platzierungen, die man nur direkt kaufen kann, und die können etwa im Direktmarketing gut funktionieren. Aber in den meisten Fällen ergänzt der klassische Mediaeinkauf die RTB-Kampagnen, indem er Aufmerksamkeit und Reichweite generiert. Und daraus gewinnt man dann durch den automatisierten Einkauf potenzielle Kunden. Die Maximierung dieser Vorteile erfordert eine veränderte Vorgehensweise, deshalb arbeiten wir sowohl mit unserer Media-Agentur MediaCom als auch mit Trading Desks wie Infectious Media eng zusammen, um sicherzustellen, dass das Ganze effektiv funktioniert.
Adzine: Mangelnde Vielfalt an Werbeformaten wird oft als limitierender Faktor beim Plattform-Einkauf angeführt, gerade für Branding-Ziele – sehen Sie das ähnlich?
Joel Christie: Es ist richtig, dass RTB für eine Markenkampagne bislang nur eine begrenzte Formatauswahl bietet, aber das ändert sich schnell. Das Wachstum bei Premium-, Mobil- und Video-Inventar und Möglichkeiten wie GRP-Messungen bei RTB-Video sorgen dafür, dass immer mehr Geld auch von Markenanbietern kommt. Auch wenn ich nicht erwarte, dass der automatisierte Einkauf jemals so etwas wie Sponsoring oder maßgeschneiderte Kampagnen abdecken wird, wird er mit Sicherheit ein zunehmend wichtiger Bestandteil von Markenkampagnen werden.
Adzine: Brauchen Advertiser zunehmend eine Datenstrategie für den digitalen Kanal im Hinblick auf ein Audience Management für den Mediaeinkauf über Plattformen?
Joel Christie: Der automatisierte Einkauf bietet zwar eine hohe Effizienz bei Einkauf und Durchführung, aber ohne eine übergeordnete Daten- und Werbemittelstrategie, mit der das gesamte Kundenerlebnis von der Aufmerksamkeit bis zu Kauf und Kundenbindung abgedeckt wird, gewinnt man nur einen sehr begrenzten Vorteil. Wir haben sehr intensiv daran gearbeitet, diese Datenstrategie intern zu entwickeln und unsere Partner, einschließlich der Anzeigendesigner, in die Umsetzung einzubeziehen. Heute haben wir einen effektiven Datenplan, aber es gibt noch mehr zu tun, um das ganze Potenzial dieser Technologie auszuschöpfen.
Adzine: Funktionieren auch weiterhin klassische Targetingverfahren und Segmentierungen beim Plattformeinkauf, z. B. die Zielgruppenkategorisierungen der DSP?
Joel Christie: Der automatisierte Einkauf verändert die Online-Marketing-Kampagnen, aber er wird nie die Grundlagen des Marketings verändern. Es wird immer einen Advertiser mit einem Produkt geben und eine potenzielle Zielgruppe, die man über eine Anzahl von Kanälen erreichen kann. Die große Chance, die der automatisierte Einkauf bietet, besteht in der Menge der fein aufgeschlüsselten Kampagnen- und Zielgruppendaten, die man erfassen kann. Deren Nutzung für schnellere und fundierte Entscheidungen ist der Schlüssel zu mehr Effizienz.
Auch RTB-Kampagnen erfordern ein Grundverständnis der Zielgruppe, um die Kampagne sinnvoll zu starten, aber dann gewinnt man taktische Vorteile durch Testen und genaueres Kennenlernen der Zielgruppen, die tatsächlich auf die Werbebotschaften reagieren. Statt also einfach statische, vordefinierte Zielgruppen zu verwenden, werden hier harte Fakten genutzt, um die Zielgruppen und die Umgebungen, wo man sie effizient erreichen kann, dynamisch zu definieren. Für Advertiser ist es essenziell, für diese neue Informationsquelle offen zu sein und den Daten zu erlauben, Einfluss auf die Strategie und die Vorgehensweise zu nehmen.
Adzine: Wie messen Sie den Erfolg Ihrer Maßnahmen?
Joel Christie: Unser Geschäft konzentriert sich auf zwei Hauptziele: Neukundengewinnung und Bindung vorhandener Kunden. Deshalb arbeiten wir online mit einem vorab festgelegten Kostenziel pro Akquisition, das wir für verschiedene Kundentypen und Produkte geeignet anpassen.
Adzine: Welche anderen wesentlichen Veränderungen sehen Sie für Advertiser durch den Mediaeinkauf über Plattformen?
Joel Christie: Wir gehen davon aus, dass der automatisierte Einkauf weiter wachsen wird, indem immer mehr Kanäle über die Exchanges verfügbar werden, insbesondere mit dem Potenzial des automatisierten Einkaufs für IPTV und Außenwerbung, was eine sehr spannende Entwicklung ist. Aber ich glaube, dass die wesentliche Änderung für Advertiser darin besteht, wie sie ihren internen Planungsprozess anpassen müssen, um den vollen Nutzen aus den Informationen zu ziehen, die mithilfe des automatisierten Einkaufs aus Zielgruppendaten, Anzeigentests und Optimierungen gewonnen werden können.
Adzine: Herr Christie, vielen Dank für das Gespräch!
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