Die Zukunft der Digitalagenturen: Auf dem Weg zum Technologiepartner
Marc Mundt, 26. Februar 2013Sind Digitalagenturen Kreativ- oder Technologieexperten? Die Antwort lautet: Beides. Bei vielen Unternehmen ist diese Erkenntnis noch nicht angekommen – und viele Agenturen spielen ihren Technologietrumpf noch nicht in voller Konsequenz aus. Doch für die Zukunft der Digitalagenturen ist dieses Know-how essenziell.
Schon jetzt entwickeln sich Projekte und die Zusammenarbeit mit Unternehmen häufig in Richtung digitales Produkt. Ein Beispiel aus der Praxis: Bei unserem ersten Meeting brieft uns die Marketingabteilung eines großen Handelsunternehmens, um eine Online-Kampagne für sie zu kreieren und zu programmieren. Sechs Monate später haben wir nicht nur die Kampagne, sondern auch eine neue, eigene Software entwickelt und in die kundeneigene Systemstruktur integriert. Der Kunde wünschte sich immer weitere Funktionen, die die Technologie-Unit der Agentur programmierte.
Produktmanager und IT-Leiter als Auftraggeber gewinnen
Aufträge für Digitalagenturen verwandeln sich nicht selten von Marketing- zu Technologieprojekten – oder sogar Softwareprodukten. Der Grund: Die Integration von eCommerce- und Marketing-IT-Strategien in die Applikationslandschaft wird für Unternehmen immer wichtiger. Themen wie Skalierbarkeit, Verfügbarkeit, Betriebsmanagement, Datensicherheit sowie Kompatibilität und Schnittstellentechnologie mit bestehenden Systemen treten in den Vordergrund. Zugleich haben Systeme und Plattformen einen immer stärkeren Marketingkern und treiben das Geschäft voran. So wachsen die ehemals getrennten Bereiche Marketing und System- und Applikationsentwicklung in Unternehmen immer mehr zusammen.
Umso verwunderlicher ist es, dass es noch immer vorrangig die Marketingverantwortlichen sind, die die Digitalagenturen engagieren. Man möchte meinen, dass sich dies längst geändert hat. Denn schließlich beherrschen gute Digitalagenturen eine breite Klaviatur an komplexen digitalen Lösungen in den Bereichen Business- und Consumer-Anwendungen. Und dies auf verschiedenen technologischen Plattformen. Aus diesem Grund werden nach und nach auch die Produktmanager und IT-Leiter von Unternehmen auf das Angebot von Digitalagenturen aufmerksam. Das lohnt sich für beide Seiten.
Der erste Schritt: Langfristiges Systemmanagement
Digitalagenturen, die verstärkt ihre technologische Expertise ins Feld führen, können sich als integrierter Technologiepartner und sogar als Technologieanbieter positionieren – und so neue Auftraggeber und neue Aufträge gewinnen. Dieser Schritt zum Technologiepartner gelingt, indem Digitalagenturen das Betriebsmanagement von Plattformen oder Online-Shops als neuen Geschäftsbereich für sich entdecken.
Viele digitale Plattformen lassen sich nicht als zeitlich begrenzte Projekte behandeln, sondern müssen langfristig betrieben werden – und zwar inhaltlich und technologisch. Hier kommen die Agenturen ins Spiel: Sie haben gelernt, sich schnell in technische Insellösungen von Unternehmen einzuarbeiten und haben entsprechendes Know-how aufgebaut. Agenturen, die diesen Weg gehen, haben weitere Vorteile: Sie entwickeln sich von projektbezogenen Dienstleistern zu langfristigen Partnern. Zudem können sie nicht nur aus dem Marketing in die Technik wachsen, sondern auch aus der Technik in das Marketing. Tatsächlich gestalten Techniker heute das Marketing stärker denn je!
Vorteile für Unternehmen
Wenn Unternehmen mit Digitalagenturen zusammenarbeiten, die Kreation und Technologie gleichermaßen beherrschen, können sie gemeinsam neue Lösungen entwickeln, um Businessprozesse intern und für Kunden zu managen. Außerdem gehen Agenturen und CIOs eine langfristige Beziehung auf Augenhöhe ein, die für das Unternehmen und für den Dienstleister von Vorteil ist.
Kreation, Marketing und Technologie verschmelzen
Das Zusammenwachsen der Disziplinen beginnt schon beim Briefing: Wenn eine Digitalagentur durch das Marketing beauftragt und zum Briefing eingeladen wird, sollte die IT-System-Abteilung des Kunden von Anfang an mit am Tisch sitzen. Grundsätzlich ist es wichtig, dass die Agenturen marketinggetriebene und technikgetriebene Projekte stets identisch behandeln und flexibel in beide Richtungen denken.
Darüber hinaus müssen die Agenturen neue Strukturen und Arbeitsprozesse aufsetzen: Sie wickeln nicht länger in sich abgeschlossene getrennte Kreativ- oder Technologieprojekte ab, sondern managen eine ganzheitliche Plattform oder ein Produkt – und zwar langfristig.
Die Neupositionierung bietet aber nicht nur Vorteile: Die Digitalagenturen müssen dem Risiko entgegenwirken, dass ihr Profil unscharf wird. Nur wenn der Markt weiß, wofür die Agentur steht und welche Leistungen sie bietet, kann sie sich im Wettbewerb behaupten.
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