Der Mobile-Boom nimmt kein Ende. Immer mehr Menschen nutzen Smartphones und immer mehr Unternehmen werden ihr Marketingbudget verstärkt in Mobile investieren. Ob die Wachstumshoffnung es im achten Jahr endlich schafft, die in sie gesetzten Erwartungen zu erfüllen, wird sich zeigen. Die Branche zeigt sich gewohnt optimistisch. Ein Lagebericht mit Expertenstimmen.
Das letzte Jahr war das Jahr der mobilen Zugriffe im E-Commerce. Christian Sauer, CEO des Webanalyse Anbieters Webtrekk: „User sind sehr wohl bereit, über Smartphones oder Tablets Produkte zu kaufen. Zielgenauer personalisierter Content oder spezifische Aktionsangebote sind hier klare Erfolgsfaktoren.“ Unternehmen hätten es verstanden, dass auf sie auf mobilen Websites durch Werbeeinblendungen und Produktempfehlungen profitieren können. Was für Sauer eindeutig ist, nämlich die Rechnung Smartphone plus Tablet gleich Mobile, sehen nicht alle Experten so. Schon gar nicht alle Unternehmen.
Mobile: mit oder ohne Tablets?
Die Nummer 2 im E-Commerce, die Otto Group, vertritt beispielsweise die Ansicht, dass M-Commerce nur Mobiltelefone umfassen würde. Tablets gehörten da nicht rein; sie seien im Nutzerverhalten eher mit Notebooks zu vergleichen. „Was ist Mobile Commerce, wie sieht das aus?“, fragt deswegen folgerichtig Dr. Judith Gentz, Geschäftsführerin von Milabent. „Die Frage der Definition muss besprochen werden, aber auch die der Standards, um endlich eine Einigung zu erzielen“, ergänzt Gentz. Das Thema „Integration“, in der Online, Mobile und Print gleichermaßen beteiligt sind, ist der und Mitgründerin des Milabent Crossmedia-Managers ebenso wichtig. Gemeint ist hiermit die „optimale Abstimmung von crossmedialen Prozessen, die sich in der Regel nach wie vor über verschiedene Tools, Dienstleister und Ansprechpartner innerhalb der Unternehmen abspielen“. Auch im Zusammenhang der Messbarkeit des Erfolgs crossmedialer Abverkaufskanäle ist die Integration ein wichtiges Thema der nahen Zukunft. Und zwar wie man Prozesse über mehrere Dienstleister abbilden könne. Einen großen Trend in Sachen Mobile sieht die Hamburgerin im Thema Responsive Design auf die Branche zukommen.
Mobile Advertising
Positiv in die nahe Mobile-Zukunft schauen sowohl Florian Gmeinwieser von Serviceplan als auch Andreas Engenhardt von freeXmedia. Gmeinwieser, Head of Mobile Marketing der Plan.Net Gruppe, ist sich sicher, dass die Advertiser im kommenden Jahr Mobile für mehr Branding einsetzen werden. „Die Publisher“, sagt Gmeinwieser, „haben in den vergangenen Monaten ihre Rich-Media-Formate integriert. Die Kunden nehmen diese Angebote sehr gerne an.“ Zu den Kunden von Plan.net zählen im Bereich E-Commerce u.a. Media-Markt, Tom Tailor und Weight Watchers.
Online-Werbevermarkter freeXmedia, zum Jahresende von Ströer übernommen worden, sieht in seinem Vermarktungsgeschäft zwei Bereiche, die im Mobile Advertising besonders stark wachsen: Zum einen Mobile Video Advertising und zum andern den Einsatz von Mobile Rich Media Ads. „Durch die zunehmende Verbreitung von Smartphones und die immer schnelleren Netze werden User künftig mehr und mehr Videocontent über das Handy nutzen. Wie schon im stationären Internet ist das Thema für Werbekunden besonders interessant, dass sich emotionale Spots optimal für Branding-Kampagnen nutzen lassen“, sagt Geschäftsführer Andreas Engenhardt. Und prognostiziert, dass die Nachfrage nach mobilen Pre- und Postrolls „deshalb in die Höhe schnellen“ wird. Der zunehmende Einsatz von Mobile Rich Media Ads komme den Nutzungs- und Sehgewohnheiten der User entgegen. Engenhardt betont, dass der Nutzer auch auf seinem Smartphone attraktive und interaktive Werbemittel erwartet, „was zusätzlich die Akzeptanz von mobiler Werbung steigert“.
Mobile Business Consultant Axel Höhnke pflichtet den beiden Experten in der Sache zwar bei, meint jedoch, dass sich das wirkliche Advertising-Geschäft weder über Mobile Rich Media noch über Mobile Video Ads stattfindet. „Beide haben kleine Volumina, die wirkliche Ambition ist Facebook, vor allem im Bereich Mobile“, sagt der Mitgründer von Mobile Monday Hamburg. Dennoch, die kritische Masse sei erreicht. Die Marktdurchdringung mit Smartphones werde über kurz oder lang ihre Früchte im M-Commerce tragen. Mit 1,1 Milliarden sind diese schon jetzt nahe an der Verbreitung der traditionellen Online-Hardware. „Dabei hat Mobile noch jede Menge Luft bis zu den 5 Milliarden tatsächlich im Gebrauch befindlichen Mobile Phones“, sagt Axel Höhnke und gibt zu bedenken, dass Deutschland im internationalen Kontext eine eher geringe Rolle spielt. Höhnke: „Die globalen Wachstumstreiber sind China, Indien und Indonesien …“
Die Verlinkung der Welt
Alina Hückelkamp, Head Strategy Razorfish, freut sich auf den „Hyperlink“, die Verlinkung der gesamten analogen Medienwelt. Im Jahr 2013 kommen die ersten innovativen und massentauglichen Objekterkennungs- und Dual-Screen-Ideen: TV – Mobile. TV – iPad. Print – Mobile. TV – Shazam – Digital. „Viele analoge Medien werden über die Objekterkennung von Mobile Devices interaktiv. Zur Freude der Verlage und hoffentlich zum Nutzen und zur Unterhaltung der Menschen. Die QR-Code-Reader“, prognostiziert Hückelkamp, „können wir dann auch bald vom Handy löschen.“
Trademob gehört definitiv derzeit zu den Gewinnern der Branche. Fast 12 Millionen Euro erhielt das Berliner Start-up im November zur weiteren Finanzierung. Geschäftsführer und Gründungsmitglied Ravi Kamran und Kollegen haben somit viel Grund, weiterhin optimistisch in die Zukunft zu schauen. Das Geschäftsmodell des Mobilwerbung-Aggregators scheint aufzugehen. Für Kamran „werden sich viele Trends aus 2012 ins neue Jahr weitertragen. Dazu gehört die Entwicklung im Kampagnentracking und die Nutzerstruktur.“ Ebenso werden technische Entwicklungen neue Trends anstoßen, wie es beim Mobile Retargeting und der Monetarisierung des mobilen Kanals 2013 sein wird. Ergänzend fügt Ravi Kamran hinzu, dass mit der wachsenden Nutzerzahl von mobilen Smartphones, Tables und neuen technischen Lösungen die „Grenzen wischen Mobile und Online immer weiter verwischen“.
App-Traum
Ein weiteres Thema, dass die Mobile-Advertising-Branche laut Kamran beschäftigen wird, ist die Monetarisierung von Apps. Kein Wunder. Nach Gartner/Morgan Stanley gibt es sechs Mal so viel Android Phones wie Apple. Und Android wird auch 2013 wesentlich schneller wachsen als Apple iOS. 2012 sieht Gartner das kombinierte Marktvolumen (Apps & Advertising) bei 19 Milliarden USD, davon entfallen ca. 12 Milliarden auf Apps. Der zu „erwartende große Entwicklungsschub bei den Mobile-Payment-Lösungen, der auch die In-App-Zahlungen deutlich vereinfachen wird, wird den M-Commerce weiter stark wachsen lassen“, sagt Ravi Kamran im Gespräch. „Gleichzeitig profitiert das Segment auch von der steigenden Zahl der Tablet-Nutzer. Studien zeigen, dass Tablet-Nutzer mehr Zeit in Apps verbringen und im Durschnitt mehr Geld für Käufe ausgeben. Wir sehen M-Commerce als eine der großen nächsten Mobile-Branchen“, so Kamran. Der Wahlberliner ist sich darüber hinaus sicher: „Die digitale Welt erfindet sich neu – das wird eine spannende Zeit.“
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