Jeder fünfte Werbedollar oder knapp 20 Prozent aller Werbeausgaben weltweit werden inzwischen für digitales Advertising (mobiles und stationäres Internet) ausgegeben. Insgesamt sollen es 2012 stattliche 102 Milliarden US-Dollar gewesen sein, ein Anstieg von 17,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das meldete am Mittwoch das US-Branchen-Magazin eMarketer. Im Vergleich dazu mögen die Werbeausgaben, die insgesamt über automatisierte Trading-Plattformen generiert werden, noch recht überschaubar sein. Doch das könnte sich bereits in diesem Jahr ändern, auch in Deutschland.
Bereits 2011 nahmen weltweit die Ausgaben mithilfe des automatisierten Mediaeinkaufs, nennen wir es Realtime Bidding Advertising, im Vergleich zu 2010 um 237 Prozent zu. Dabei zeigte sich, dass der US-amerikanische Markt mit 2,2 Mrd. US-Dollar der größte ist. Das belegen die jährlichen Wachstumsraten von 53 Prozent von 1,1 Mrd. im Jahr 2011, die bis 2016 auf 8,9 Mrd. steigen könnten. Zu dieser Prognose kommt das US-amerikanische Marktforschungsunternehmen IDC in einer von der Verkaufsplattform Pubmatic beauftragten Studie. 2016 soll weltweit ein Gesamtvolumen von 13,9 Milliarden US-Dollar über automatisierte Ad-Trading-Plattformen gehandelt werden. Der weltweite Marktanteil der RTB-Spendings am gesamten Display Advertising wird von 10 Prozent im Jahr 2011 auf 27 Prozent im Jahr 2016 steigen, so jedenfalls die langfristige Prognose.
Und Westeuropa? Im Jahr 2012 stieg der Anteil der Realtime-Bidding-Ausgaben an den gesamten Display-Werbeausgaben in allen drei europäischen Kernmärkten, das heißt in Deutschland, Großbritannien und in Frankreich, deutlich an. In Deutschland sollen im vorangegangenen Jahr schon acht Prozent der Display-Werbespendings über RTB und automatisierte Trading-Plattformen abgewickelt worden sein. Eine Steigerung um 171 Prozent gegenüber 2011. In Frankreich sind es ebenfalls acht Prozent und in Großbritannien, dem fortgeschrittensten RTB-Markt in Europa, verzeichnete man noch einen Zuwachs von sechs Prozent. Eine nette Zusammenstellung über das europäische Wachstum im RTB-Advertising bietet dazu der Trading-Desk-Anbieter Infectious Media.
Nach Erhebungen der Supply-Side-Plattform (SSP) The Rubicon Project war es der Schuh- und Modeshop Zalando, der 2012 sowohl in Deutschland als auch in Frankreich das höchste Budget für Realtime Advertising freischaufelte. Im deutschen Markt liegen die Otto Group und die Pokerplattform PKR auf Platz zwei und drei. In Großbritannien nimmt der Privatsender Sky die Spitzenposition im Hinblick auf die RTB-Ausgaben ein, gefolgt vom Handelsunternehmen Tesco und der Telekommunikationsgesellschaft TalkTalk.
Das Beispiel von Sky in Großbritannien zeigt, wohin die Reise auch in Deutschland hingehen wird, wenn im Laufe des Jahres immer mehr Brands auf den automatisierten Mediaeinkauf setzen. „Sky gibt 35 Prozent seines Display-Budgets über RTB aus und ich sehe keinen Grund, warum dies nicht 50 Prozent bis 2013 sein sollten“, so Matthew Turner, Director Online Sales & Marketing. Der Brite gilt allerdings auch als risikofreudiger Vertreter seiner Zunft, der davon überzeugt ist, dass das Werbegeschäft abermals vor einem rapiden Wandel stehe. Auf der Engage-Konferenz des IAB sagte Turner unter Nennung von Procter & Gamble und American Express: „Auf der höchsten Entscheidungsebene dieser erfolgreicher Unternehmen gehört Risikobereitschaft zum eigenen Portfolio … solche Unternehmen, die gewillt sind, Risiko zu übernehmen, werden insgesamt erfolgreicher sein.“
Dabei steht für den Advertiser beim Realtime Advertising eigentlich auch nicht mehr auf dem Spiel als bei der klassischen Online-Mediaplanung. Qualität des Umfeldes, die Reichweite, die Kontaktmenge und die Sichtbarkeit der Werbung müssen auch hier stimmen. Und über die Effektivität des Realtime Advertisings dürfte insgesamt kaum gezweifelt werden. Turner berichtete auf besagter IAB Konferenz, dass Sky dank RTB-Advertising unnötige Umfeldbuchungen verhindern und mehr Effektivität in den Kampagnen erzielen konnte, da mit dem automatisierten Mediahandel eine genauere Ansprache und bessere Segmentierung der Kontakte in der eigenen Zielgruppe möglich sei. Bei solchen Erfolgsmeldungen ist es kaum verwunderlich, dass sich die CPMs und die CTRs im Jahr 2012 länderübergreifend positiv entwickelt haben. In Deutschland stieg die CTR über das Jahr hinweg um fast 100 Prozent an.
An Risikobereitschaft scheint es hingegen auf der Verkaufsseite in Deutschland noch etwas zu mangeln. In Hinblick auf die Anzahl der in den europäischen Märkten aktiven Vermarkter, die sich bereits an dem dynamischen Mediahandel beteiligen, ist Deutschland mit 26 Prozent Wachstum noch Schlusslicht. Dennoch konnten alle drei Länder Zuwächse verzeichnen. In Frankreich waren bereits Ende des dritten Quartals 68 Prozent mehr Sell Sides am Markt und in Großbritannien wuchs das RTB-Angebot auf Verkaufsseite um 37 Prozent.
Country Manager Stefan Beckmann, der 2012 vom Vermarkter Spil Games zum Trading-Desk-Anbieter Infectious Media wechselte, relativiert daher: „Erstens geschieht der prozentuale Anstieg auf dem französischen Markt auf einer geringeren Basis im Vergleich zu den anderen beiden Ländern. Dazu kommt das starke Wachstum der Private Marketplaces in Frankreich im Premium-Publisher-Segment. In Deutschland sind die Publisher bislang vorsichtiger gewesen. Mit einer höheren deutschen Basis Anfang 2012 ist die Anzahl der französischen und deutschen Vermarkter heute in etwa gleich hoch. Für 2013 erkennen wir positive Tendenzen hinsichtlich eines größeren Angebots von Private Marketplaces in Deutschland.“
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